Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbefugte Aufhebung der Kartensperre eines Mobiltelefons
Leitsatz (amtlich)
1. Der Entsperr-Code ("Unlock-Code") zur Aufhebung der Kartensperre eines Mobiltelefons ("SIM-Lock") stellt ein Betriebsgeheimnis im Sinne des § 17 Abs. 2 UWG dar.
2. Der Entsperr-Code wird nicht dadurch offenkundig, dass er im Internet - gesondert für jedes einzelne Mobiltelefon - unter erheblichen Schwierigkeiten unbefugt in Erfahrung zu bringen ist.
3. Die dauerhafte Sperrung des Entsperr-Codes nach dreimaliger Fehleingabe und die Kosten der Beschaffung eines Entsperr-Codes sind allgemeinkundige Tatsachen.
Normenkette
UWG § 17 Abs. 2; StPO § 244 Abs. 3, § 337
Verfahrensgang
LG Heidelberg (Entscheidung vom 09.03.2015; Aktenzeichen 4 Ns 310 Js 15103/08) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 9. März 2015 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Heidelberg sprach den Angeklagten am 10.10.2013 wegen gewerbsmäßigen Verrats von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gem. § 17 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 UWG in 137 Fällen schuldig. Die Verhängung einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 80.- EUR blieb vorbehalten. Das Landgericht Heidelberg verwarf die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft am 09.03.2015 und stellte fest, dass das Verfahren rechtsstaatswidrig verzögert wurde. Aus diesem Grund gelte die Gesamtgeldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen als vollstreckt. Die Bewährungszeit wurde auf ein Jahr festgesetzt; ferner wurde dem Angeklagten eine Geldauflage in Höhe von 3.000 EUR erteilt.
Die Revision, mit der der Angeklagte das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt, ist aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 10.06.2015 offensichtlich unbegründet.
II.
A. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
1. Der Angeklagte hat das Entsperren von durch einen "SIM-Lock" (Kartensperre) an einen bestimmten Netzbetreiber gebundene Mobiltelefonen ermöglicht, indem er ohne Einwilligung des Netzbetreibers den jeweiligen Entsperr-Code ("Unlock-Code") weitergab.
a) Technische Grundlagen:
Bei einem SIM-Lock handelt es sich um eine Einrichtung in Mobiltelefonen, die dafür sorgt, dass das nämliche Mobiltelefon lediglich mit SIM-Karten eines bestimmten einzelnen Netzbetreibers benutzt werden kann. Die Möglichkeit eines SIM-Locks wird durch den Hersteller dem Mobiltelefon implementiert; der Netzbetreiber kann diese Möglichkeit nutzen und die vom Hersteller vorgesehene Sperre aktivieren. In seltenen Fällen aktiviert bereits der Hersteller die Sperre und teilt dann dem Netzbetreiber den Code zum Entsperren mit. Der Grund für die Anbringung dieser Sperre besteht darin, dass diese Mobiltelefone durch den jeweiligen Netzbetreiber subventioniert werden und meist mit einer entsprechenden SIM-Karte dieses Betreibers im Einzelhandel angeboten werden Die jeweilige SIM-Karte wird dabei benötigt, um überhaupt von dem Mobiltelefon ab- bzw. ausgehende Gespräche führen zu können. In der Regel kommen solche Mobiltelefone zusammen mit einer SIM-Karte als sogenanntes "Prepaid-Bundle" in den Einzelhandel und werden zu einem Preis angeboten, der deutlich unter dem konventionellen Einzelhandelspreis des jeweiligen Mobiltelefons liegt. Bei den eingelegten SIM-Karten handelt es sich meist um solche auf Guthabenbasis, für die kein monatlicher Basispreis zu zahlen ist. Trotzdem erhofft sich der Netzbetreiber, dass der Kunde nicht nur das beim Kauf auf der SIM-Karte üblicherweise vorhandene Startguthaben verbraucht, sondern die Karte durch den Kunden erneut aufgeladen wird, um es durch die Inanspruchnahme von Telekommunikationsdienstleistungen zu verbrauchen. Durch die Subventionierung tritt der Netzbetreiber in Vorleistung und hofft auf eine Amortisation seiner Investition durch die späteren Einnahmen, denn durch den verbilligten Kauf eines entsprechenden "Prepaid-Bundles" ist der Käufer an eine bestimmte SIM-Karte bzw. an SIM-Karten eines bestimmten Providers und damit an die Dienstleistungen dieses Providers gebunden.
Der SIM-Lock kann allerdings durch die Eingabe eines sogenannten "Unlock-Codes" (Entsperr-Code) dauerhaft deaktiviert werden, womit eine Nutzung auch mit anderen SIM-Karten möglich wird. Dieser gerätespezifische, aus der IMEI-Nummer des Mobiltelefons generierte Entsperr-Code kann vom jeweiligen Netzbetreiber gegen Entgelt - in der Regel zwischen 50 EUR und 100 EUR - bezogen werden. Kostenlos ist er erst nach einem Zeitablauf von zwei Jahren seit Aktivierung der SIM-Karte zu erhalten. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die Subventionierung von Mobiltelefonen ohne gleichzeitigen Abschluss eines Laufzeitvertrages mit erheblichen Grundgebühren für den Netzbetreiber wirtschaftlich rechnet. Allerdings hat der Benutzer eines Mobiltelefons nur drei Versuche zur Eing...