Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsfähigkeit der Kosten eines innerprozessualen Privatgutachtens zur Begründung der Berufung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Kosten eines innerprozessualen Privatgutachtens zur Vorbereitung einer Berufungsbegründung sind erstattungsfähig, wenn die Prozesspartei mangels eigener Sachkunde auf das Gutachten zwingend angewiesen ist, um einem für sie ungünstigen Gerichtsgutachten entgegenzutreten.
2. Hat die Partei dem Privatgutachter einen über die entscheidungserhebliche Beweisfrage hinausgehenden Auftrag erteilt, muss der Prozessgegner die dadurch verursachten Mehrkosten nicht erstatten.
Normenkette
ZPO § 91
Verfahrensgang
LG Mainz (Aktenzeichen 7 O 192/94) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Mainz vom 12.12.2001 dahin abgeändert, dass der von dem Beklagten an den Kläger zu erstattende und seit dem 6.11.2001 mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes vom 9.6.1998 zu verzinsende Kostenbetrag um den Gegenwert von 2.000 DM erhöht und damit auf insgesamt 6.254,38 EUR (= 12.232,50 DM) festgesetzt wird.
Im Übrigen wird das Rechtsmittel zurückgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger. Von den außergerichtlichen Kosten fallen dem Kläger 5/7 und dem Beklagten 2/7 zur Last.
Der Beschwerdewert wird mit 3.579,45 EUR (= 7.000,80 DM) bemessen. In Höhe von 2.556,87 EUR (= 5.000,80 DM) ist das Rechtsmittel erfolglos.
Gründe
Die fristgemäß eingelegte sofortige Beschwerde hat einen Teilerfolg. Die streitigen Kosten des vom Kläger beauftragten Privatsachverständigen H. sind i.H.v. 1.022,58 EUR (= 2.000 DM) erstattungsfähig. Im Übrigen können sie allerdings nicht gegenüber dem Beklagten geltend gemacht werden, so dass das Rechtsmittel insoweit scheitert.
Nach der st. Rspr. des Senats hängt die Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen für eine im Verlauf des Prozesses eingeholte privatgutachterliche Stellungnahme von den Umständen des Einzelfalls ab. Vom Grundsatz her ist sie freilich nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Denn das Gebot sparsamer Prozessführung verlangt, den Sachverhalt in erster Linie im Wege des gerichtlichen Beweisverfahrens klären zu lassen. Im Hinblick darauf kann Ersatz für die Kosten eines Privatgutachters im allgemeinen nur verlangt werden, wenn die Partei ohne dessen Zuziehung ihrer Darlegungslast nicht hätte nachkommen können oder außerstande gewesen wäre, einem für sie ungünstigen gerichtlichen Gutachten wirksam entgegenzutreten.
Diese besonderen Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall insofern erfüllt, als der Kläger vor der Notwendigkeit stand, das vom LG eingeholte Gutachten des Sachverständigen W. zu erschüttern. Denn darin war die Unvollständigkeit der Logbücher als gravierender Mangel eingestuft worden, und deshalb hatte das LG die Klage abgewiesen. Die Einwände, die der Kläger seinerseits gegen die Erwägungen des Sachverständigen W. vorgebracht hatte, waren nicht für durchgreifend erachtet worden.
Von daher handelte der Kläger sachangemessen, als er den Privatgutachter H. heranzog, um seine Berufung zu stützen. Dessen Ausführungen veranlassten dann auch das OLG letztlich dazu, ergänzend den Sachverständigen He. einzuschalten. Dieser widersprach ebenso wie der Privatgutachter H. der Auffassung des Sachverständigen W., so dass am Ende ein klagezusprechendes Urteil erging.
Damit sind jedoch nicht alle Kosten des Privatgutachters H. erstattungsfähig. Dessen Tätigkeit war nur insofern angezeigt, als es um die Antwort auf die Frage ging, in welchem Maß die Unvollständigkeit der Logbücher den Wert der Vertragsleistung des Klägers minderte. Allein auf diesen Gesichtspunkt hebt auch der Kläger in seiner Beschwerdeschrift ab. Dass der Kläger im Übrigen auf die Ausführungen des Privatgutachters H. angewiesen gewesen wäre, ist weder behauptet noch sonst ersichtlich. Infolge dessen kann er dieserhalb keinen Ausgleich verlangen.
Das bedeutet, dass der Beklagte lediglich für einen Teil der streitigen Kosten aufkommen muss. Anknüpfend an die Arbeit, die der Gutachter H. im Rahmen seiner Gesamttätigkeit aus der Sicht des Senats verhältnismäßig hatte, um die Unvollständigkeit der Logbücher zu bewerten, ist dieser Anteil mit etwa 2/7 zu bemessen (§ 287 ZPO). Daraus resultiert für den Kläger ein (zusätzlicher) Erstattungsanspruch von 1022,58 EUR (= 2.000 DM).
Der Kostenausspruch beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Kaltenbach Dr. Menzel Weller
Fundstellen
Haufe-Index 1107723 |
JurBüro 2002, 446 |
AGS 2002, 190 |
NJOZ 2002, 1512 |