Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorschussklage gegen Architekt als Schadensersatzverlangen
Leitsatz (amtlich)
1. Von planerischen Detailvorgaben darf der Architekt absehen, soweit er darauf vertrauen kann, dass die Handwerker ohne weiteres in der Lage sind, ihre Leistungen entsprechend den Fachregeln und den allgemeinen baulichen Notwendigkeiten auszuführen.
2. Der für die Planung verantwortliche Architekt schuldet keinen Kostenvorschuss zur Beseitigung von Baumängeln, weil ihm nicht die konkrete bauliche Gestaltung obliegt.
3. Leitet der Bauherr aus einem bestimmt umschriebenen Sachverhalt lediglich einen nicht bestehenden Vorschussanspruch zur Mangelbeseitigung ab, ist der tatsächlich bestehende Schadensersatzanspruch wegen Schlechterfüllung des Architektenvertrages damit ohne weiteres Streitgegenstand des Verfahrens.
Normenkette
BGB §§ 276, 280-281, 631, 634, 637; ZPO §§ 253, 256, 322
Verfahrensgang
LG Trier (Urteil vom 15.06.2010; Aktenzeichen 11 O 281/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird - in Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels - das Urteil der 11. Zivilkammer des LG Trier vom 15.6.2010 dahin
geändert, dass die Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen als Gesamtschuldner verurteilt werden, an die Klägerin 16.784,17 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.10.2009 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des ihm zuzuordnenen selbständigen Beweisverfahrens fallen der Klägerin 1/9 und den Beklagten als Gesamtschuldnern 8/9 zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die klagende Ortsgemeinde betraute die drei Beklagten, die als Architekten in einer GbR verbunden sind, am 16.10.2001 mit Objektplanungsleistungen nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 bis 8 HOAI, damit ein Dorfgemeinschaftshaus umgebaut und zu erweitert werden konnte. Der Auftrag wurde am 20.2.2003 auf Leistungen gem. § 15 Abs. 2 Nr. 9 HOAI erstreckt.
Die Handwerksarbeiten am Haus wurden teilweise mangelhaft ausgeführt. Es gibt namentlich Fehler in den Sockelbereichen der zahlreichen Fassaden des verwinkelt angelegten Gebäudes. Dort ist der - auf Wärmedämmelementen aufgetragene - Putz zu dem vorgelagerten Pflaster verschiedentlich nicht abgedichtet und hat an manchen Stellen nicht die erforderlichen Bewegungsfugen. Das sind die Erkenntnisse eines Beweissicherungsverfahrens, das die Klägerin am 4.6.2008 gegenüber den Beklagten, dem Putzer und dem Pflasterer einleitete. Der seinerzeit befragte Sachverständige bezifferte den zur Beseitigung der Mängel notwendigen Aufwand mit
11.095,10 EUR. Darüber hinaus stellte er einen trotz der Nachbesserungen verbleibenden Minderwert von 6.770 EUR fest. Begleitend zu den handwerklichen Fehlern sah der Sachverständige Versäumnisse der Beklagten:
Es habe keine hinlängliche Detailplanung gegeben, um den Mängeln vorzubeugen. Außerdem sei den Beklagten anzulasten, die Arbeitsausführung vor Ort nicht ausreichend kontrolliert zu haben.
Im Hinblick darauf hat die Klägerin die Beklagten auf Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe des ermittelten Mängelbeseitigungsaufwands von 11.095,10 EUR und eines Wertausgleichs von 5.689,07 EUR (= 6.780 EUR unter Herausrechnung der Mehrwertsteuer) in Anspruch genommen. Außerdem hat sie eine Feststellung dahin beantragt, dass die Beklagten auch über den Vorschuss hinaus ersatzpflichtig sind.
Das LG hat das Verlangen insgesamt abgewiesen: Der Vorwurf einer ungenügenden Planung trage keine Haftung der Beklagten, weil die Schadensursächlichkeit zweifelhaft sei. Kontrollpflichten seien nicht verletzt worden; die Beklagten hätten die Klägerin in die Lage versetzt, ihre Ansprüche gegen den Putzer und den Pflasterer zu verfolgen.
Dagegen wendet sich die Klägerin in Erneuerung ihres Begehrens mit der Berufung. Aus ihrer Sicht hätte das LG die Schadenskausalität des Planungsversäumnisses der Beklagten nicht verneinen dürfen. In jedem Fall ergebe sich deren Haftung aus Überwachungsfehlern. Die Mängel, auf die die Klage abhebe, seien nicht aufgedeckt worden. Dem treten die Beklagten entgegen.
II. Die Berufung hat weithin Erfolg. Sie führt zum Zuspruch des Zahlungsverlangens der Klägerin (Klageanträge zu 1. und 3.). Allein die Abweisung des Feststellungsbegehrens (Klageantrag zu 2.) ist aufrecht zu erhalten.
Die Beklagten schulden der Klägerin die Zahlung von insgesamt 16.784,17 EUR und daran anknüpfende Rechtshängigkeitszinsen (§ 291, 288 Abs. 1 BGB). Rechtlicher Bezugspunkt dieser Haftung ist allerdings entgegen der Annahme der Klägerin nicht eine Kostenvorschusspflicht gem. § 637 Abs. 3 BGB, sondern eine Schadensverantwortlichkeit nach §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB. Denn es war und ist nicht die Aufgabe der Beklagten, den Umbau und die Erweiterung des Dorfgemeinschaftshauses handwerklich korrekt zu vollziehen und in der Konsequenz dafür zu sorgen, die von der Klägerin beanstandeten baulichen Mängel durch eine Nacherfüllung zu beheben. Ihre Verbindlichkeit beschränkte sich von vornherein...