Leitsatz (amtlich)
1. Der die Bauaufsicht (Objektüberwachung) führende Architekt hat dafür zu sorgen, dass der Bau plangerecht und frei von Mängeln errichtet wird. Der Architekt ist dabei nicht verpflichtet, sich ständig auf der Baustelle aufzuhalten. Er muss allerdings die Arbeiten in angemessener und zumutbarer Weise überwachen und sich durch häufige Kontrollen vergewissern, dass seine Anweisungen sachgerecht erledigt werden (in Anknüpfung an BGH, Urt. v. 15.6.1978 - VII ZR 15/78 - BauR 1978, 498; Urt. v. 10.2.1994 - VII ZR 20/93, BGHZ 125, 111 ff. = BauR 1994, 392 ff. = NJW 1994, 1276 ff. = IBR 1995, 192; Juris Rz. 11).
2. Bei wichtigen oder bei kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko aufweisen, ist der Architekt zu erhöhter Aufmerksamkeit und zu einer intensiveren Wahrnehmung der Bauaufsicht verpflichtet (in Anknüpfung an BGH, Urt. v. 26.9.1985 - VII ZR 50/84 - BauR 1986, 112, 113; v. 11.3.1971 - VII ZR 132/69 - BauR 1971, 131, 132). Besondere Aufmerksamkeit hat der Architekt auch solchen Baumaßnahmen zu widmen, bei denen sich im Verlauf der Bauausführung Anhaltspunkte für Mängel ergeben.
3. Zu den Grundleistungen der Leistungsphase 8 gehören u.a. die Koordinierung der an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten, das Aufstellen und Überwachen eines Zeitenplans, das Führen eines Bautagebuchs, die Abnahme der Bauleistungen unter Mitwirkung anderer an der Planung und Objektüberwachung fachlich Beteiligter unter Feststellung von Mängeln und das Überwachen der bei der Abnahme der Bauleistungen festgestellten Mängel. Im Rahmen seiner Überwachungspflicht muss der Architekt vor allem sein Augenmerk auf schwierige und gefahrträchtige Arbeiten richten, die typische Gefahrenquellen darstellen oder wenn sich im Verlaufe der Bauausführung Anhaltspunkte für Mängel ergeben (in Anknüpfung an BGH, Urt. v. 9.11.2000 - VII ZR 362/99 - BauR 2001, 233 ff. = NJW 2001, 965; Urt. v. 10.2.1994 - VII ZR 20/93, BGHZ 125, 111 ff. = NJW 1994, 21276 ff.).
4. Abdichtungs- und Fliesenarbeiten in einem Nassbereich eines Schwimmbades sind ein Bauabschnitt, dem zentrale Bedeutung zukommt, gleichbedeutend mit dem Gelingen des gesamten Werkes. Bei dem Gewerk der Fliesen- und Abdichtungsarbeiten in den Nässebereichen eines Schwimmbades, anders als in den Trockenbereichen, handelt es sich nicht um handwerkliche Selbstverständlichkeiten (in Anknüpfung an OLG Koblenz, Urt. v. 28.2.2013 - 1 U 295/13, IBR 2013, 756, Juris Rz. 20; LG Berlin, Urt. v. 9.12.2004 - 5 O 529/02 - BauR 2005, 746 ff. = IBR 2005, 228, Juris Rz. 22; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.4.2005 - I-23 U 157/04 - zitiert nach Juris). Dies verpflichtet den Architekten zu einer besonderen Bauüberwachung.
Normenkette
BGB §§ 249, 280 Abs. 1, §§ 631, 634 Nr. 4, § 1922
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 14.03.2014; Aktenzeichen 8 O 152/12) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten zu 2) und 3) gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Koblenz vom 14.3.2014 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagten zu 2) und 3) haben gesamtschuldnerisch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil und das vorbezeichnete Urteil des LG Koblenz sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten zu 2) und 3) dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der aufgrund der Urteile vollstreckbaren Beträge abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagten zu 2) und 3) als Rechtsnachfolger des im laufenden Rechtsstreit verstorbenen Beklagten zu 1) (im Folgenden: Architekt) wegen fehlerhafter Planung und mangelhafter Objektüberwachung der Baumaßnahme Sanierung des Löwenbades in H. auf Freistellung von Schadensersatzforderungen der Verbandsgemeindewerke H. in Anspruch.
Der Eigenbetrieb Verbandsgemeindewerke H. (Im Folgenden: Verbandsgemeinde) betreibt in H. das Löwenbad. Im Rahmen der Generalsanierung beauftragte er die Klägerin als Generalplanerin mit den Ingenieur- und Architektenleistungen sowie der Tragwerksplanung, zunächst mit den Leistungsphasen 1-3, später mit den Leistungsphasen 4-7 und schließlich mit den Leistungsphasen 8-9 (vgl. Anlagen K 1, 3 und 5).
Die Klägerin ihrerseits beauftragte den Architekten mit Vertrag vom 20.10./4.11.2008 als Subplaner mit den entsprechenden Architektenleistungen zu einem "Pauschal-Festpreis" von 30.000 EUR netto zunächst hinsichtlich der Leistungsphasen 1 bis 3 (K 2) und mit dem 1. Nachtrag vom 12.1./1.2.2010 zu einem "Pauschal-Festpreis" von 75.000 EUR für die Leistungsphasen 4 bis 9 (Anlage K 6). Der Ermittlung des "Pauschal-Festpreises" lag ein von dem Architekten gewährter Nachlass zugrunde.
Mit dem Gewerk Fliesenarbeiten beauftragte die Verbandsgemeinde die Fa. B.-Fliesen, Inhaber Maurice D.. Bestandteil des Werkvertrages war u.a. eine Verbundabdichtung an allen Wand- und Bodenflächen in Nassbereichen sowie in der Küche. Nachdem sich die Fliesenarbeiten bereits während der Ausführung als mangelhaft erwiesen hatt...