Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendigkeit einer Funktionsanalyse
Leitsatz (amtlich)
Auch bei umfangreichen bzw. umfassenden Zahnersatzbehandlungen ist eine Funktionsanalyse im Regelfall nicht zu fordern. Das Unterlassen einer Funktionsanalyse ist allenfalls fehlerhaft bei Bestehen funktioneller Störungen und Erkrankungen, wie insbesondere einer CMD-Problematik.
Normenkette
BGB §§ 253, 280, 611, 823
Verfahrensgang
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 14.12.2010 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Köln (3 O 331/09) durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
II. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweis binnen drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die Berufung ist unbegründet. Die Entscheidung des LG beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zugrunde zu legenden Tatsachen (§§ 529, 531 ZPO) eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
Das LG hat vielmehr zu Recht entschieden, dass der Klägerin gegen die Beklagte aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Ansprüche auf Zahlung von Schadensersatz wegen ärztlicher Behandlungsfehler zustehen, weil sie nicht hat beweisen können, dass die Beklagte sie fehlerhaft behandelt hat. Auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung, die sich der Senat zu Eigen macht, wird hier zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt eine abweichende Entscheidung nicht.
1. Insbesondere stellt es keinen schadensursächlichen Behandlungsfehler dar, dass die Beklagte vor, während bzw. am Ende der umstrittenen Behandlung keine Funktionsanalyse vorgenommen hat.
a) Aus dem von der Klägerin selbst vorgelegten Gutachten des Sachverständigen Dr. N. T. vom 15.3.2010 in einem anderen Gerichtsverfahren [Anlage zu dem erstinstanzlichen Schriftsatz der Klägerin vom 17.11.2010, Bl. 119 - 126 d.A.] ergibt sich, dass eine Funktionsanalyse im Vorfeld einer umfassenden zahnmedizinischen Behandlung mit Zahnersatz nur bei Vorbestehen funktioneller Störungen und Erkrankungen wie etwa einer CMD-Problematik erforderlich ist [S. 3/4 des Gutachtens des Sachverständigen Dr. T. (Bl. 119 ff., 121/122 d.A.)]. In dem von dem Sachverständigen Dr. T. zu begutachtenden Streitfall litt die dort betroffene Patientin vor der dort umstrittenen Behandlung an Degenerationserscheinungen im Bereich der Kiefergelenke [S. 3 des Gutachtens des Sachverständigen Dr. T. (Bl. 119 ff., 121 d.A.)].
Diese medizinisch-sachverständige Bewertung, wonach lediglich bei Vorbestehen funktioneller Störungen und Erkrankungen eine Funktionsanalyse vor einer umfassenden zahnmedizinischen Behandlung mit Zahnersatz medizinisch indiziert ist mit der Folge, dass das Unterlassen einer Funktionsanalyse lediglich in diesen Fällen als Behandlungsfehler zu bewerten ist, spiegelt sich auch in der Rechtsprechung zu entsprechenden Rechtsstreitigkeiten wider. In der Rechtsprechung ist - soweit ersichtlich - nur in den Fällen das Unterlassen einer Funktionsanalyse im Vorfeld einer Behandlung als Behandlungsfehler bewertet worden, in denen gravierende CMD-Beschwerden oder sonstige funktionelle Störungen und Erkrankungen vorbestanden haben [vgl. hierzu etwa: OLG München, Urt. v. 20.3.2008 - 1 U 5689/06, veröffentlicht in Juris, Juris-Rz. 2, 59 ff., 62, 63; OLG Köln, Urt. v. 23.8.2006 - 5 U 22/04, MedR 2008, 46, Juris-Rz. 1, 21; OLG Schleswig, Urteil vom 13.10.1993, veröffentlicht in Juris, Juris-Rz. 4, 5]. Soweit die Klägerin sich in diesem Zusammenhang auf eine anders lautende Entscheidung des OLG Düsseldorf beruft, nach der stets vor umfassenden Zahnersatzbehandlungen eine Funktionsanalyse vorzunehmen sein solle mit der Folge, dass ein entsprechendes Unterlassen stets als Behandlungsfehler zu bewerten sei, kann dies nicht nachvollzogen werden. Denn die Entscheidung des OLG Düsseldorf zu dem von der Klägerin zitierten Aktenzeichen 8 U 147/99 bezieht sich - worauf die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung zu Recht hingewiesen hat - auf die Hirnschädigung eines Säuglings bei nicht indizierter Kochsalzzufuhr [OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.6.2000, VersR 2001, 1384, Juris-Rz. 1]. Auch unter dem von der Klägerin angegebenen Datum bzw. unter der von der Klägerin angegebenen Fundstelle ist eine einschlägige Entscheidung des OLG Düsseldorf nicht zu finden. Zudem ist in Juris ausweislich der dortigen Spezialsuche nach Gerichtsentscheidungen eine Entscheidung des OLG Düsseldorf zu Fragen betreffend die Funktionsanalyse vor zahnmedizinischen Behandlungen nicht gespeichert.
Die Klägerin litt aber nach ihrem eigenen Vortrag vor der hier umstrittenen Behandlung nicht unter CMD-Beschwerden oder sonstigen Störungen bzw. Erkrankungen, durch die eine Funktionsanalyse hätte medizinisch indiziert gewesen sein können. Vielmehr behauptet die Klägerin selbst, dass bei ihr Beschwerden, die sie als CMD-Beschwerden bewertet, erstmals Mitte 200...