Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 12 O 418/18) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 22.05.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Köln (12 O 418/18) wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin erwarb im Oktober 2014 von der Firma Autozentrum A, B, ein Neufahrzeug Fabrikat Seat C 2.0 TDI Ecomotive gegen Zahlung eines Kaufpreises von 27.454,17 EUR. Der Motor des Fahrzeugs ist ein VW-Dieselmotor des Typs EA 189. Nach Bekanntwerden der bei dem Motor verwendeten Software, die den Schadstoffausstoß durch zwei Betriebsmodi zu steuern vermag, gab das Kraftfahrt-Bundesamt Anfang Juni 2016 ein von der Beklagten entwickeltes Software-Update frei, das - auch - auf das Fahrzeug des Klägers aufgespielt wurde.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger von der Beklagten im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des geschlossenen Kaufvertrages mit der Begründung, in dem Dieselmotor des Fahrzeugs sei eine unzulässige Steuerungssoftware verbaut, wofür die Beklagte mitverantwortlich sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts und wegen des beiderseitigen Parteivortrags erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 22.05.2019, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, im Wesentlichen zugesprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt, für einen deliktischen Anspruch sei hinreichend dargetan, dass die Zulassung des Fahrzeugs zum Straßenverkehr und die Einstufung in die angegebene Schadstoffklasse EU6 in nicht gesetzmäßiger Weise erfolgt und unter irregulären Bedingungen zustande gekommen seien.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.
Sie macht unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags im Wesentlichen geltend, die Zulassungsfähigkeit des Fahrzeugs sei nicht beeinträchtigt gewesen. Jedenfalls liege nach der Update-Aufspielung kein Schaden des Klägers vor. Zudem fehle es an einer Täuschungshandlung und am Ursachenzusammenhang zwischen dem Verschweigen der Umschaltlogik bei Kaufvertragsschluss und der Kaufentscheidung des Klägers.
Die Beklagte beantragt,
das am 22.05.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Köln (12 O 418/18) im Umfang der Beschwer der Beklagten abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die landgerichtliche Entscheidung nach Maßgabe der Berufungserwiderung.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
II. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Zu Recht hat das Landgericht
- die Beklagte verurteilt, an den Kläger 22.098,32 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.11.2018 - Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des vom Kläger am 17.10.2014 erworbenen Personenkraftwagens - zu zahlen,
- festgestellt, dass die Beklagte sich insoweit in Annahmeverzug befindet und
- die Beklagte weiterhin verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.242,84 EUR zu zahlen.
Zur näheren Begründung nimmt der Senat auf seinen Hinweisbeschluss vom 28.08.2019 Bezug:
1. Auch nach Auffassung des Senates hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch aus den §§ 826, 31 BGB auf Schadensersatz in Höhe des von ihm aufgewandten Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung, Zug um Zug gegen Übereignung des von ihm erworbenen Personenkraftwagens, denn die Beklagte hat dem Kläger in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich einen Schaden zugefügt.
a. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (BGH, Urteil vom 09.07.2004 - II ZR 217/03 -, NJW 2004, 2668 ff., Urteil vom 04.06.2013 - VI ZR 288/12 -, NJW-RR 2013, 1448 ff., Urteil vom 15.10.2013 - VI ZR 124/12 -, NJW 2014, 1380 ff., Urteil vom 20.11.2012 - VI ZR 268/11 -, NJW-RR 2013, 550 ff.-, Urteil vom 19.11.2013 - VI ZR 336/12 -, NJW 2014, 383 ff.). Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (BGH, Urteil vom 19.10.2987 - II ZR 9/87 -, BGHZ 102, 68 ff., Urteil vom 09.07.2004 - II ZR 217/03 -, a.a.O., Urteil vom 15.10.2013 ...