Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an die Erforderlichkeit einer Namensänderung im Fall der additiven Einbenennung.
Normenkette
BGB § 1618; ZPO § 234
Verfahrensgang
AG Siegburg (Aktenzeichen 32 F 518/00) |
Tenor
1. Der Antragstellerin wird wegen der Versäumung der Beschwerdefrist betreffend den Beschluss des AG – FamG – Siegburg vom 16.7.2001 – 32 F 518/00 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
2. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der vorbezeichnete Beschluss abgeändert und wie folgt gefasst:
Die Einwilligung des Antragsgegners in die Änderung des Familiennamens der Kinder S. und J.W. von W. in H.-W. wird ersetzt.
3. Die Gerichtskosten des Verfahrens beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe
1. Das Rechtsmittel ist zulässig.
Der Antragstellerin ist auf ihren Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdefrist nach den §§ 621e, 516 ZPO, 11 RPflG zu gewähren. Sie war ohne ihr Verschulden gehindert, die Beschwerdefrist einzuhalten. Das durch Bedürftigkeit begründete Unvermögen der Partei, einen Rechtsanwalt mit der notwendigen Vertretung zur Vornahme der fristwahrenden Prozesshandlungen zu beauftragen, stellt kein Verschulden der Partei i.S.v. § 233 ZPO dar (vgl. Zöller/Greger, ZPO, § 233, Rz. 23 Stichwort Prozesskostenhilfe). Nach Behebung dieses Hindernisses durch Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch den Senat hat die Antragstellerin mit am 30.11.2001 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Wiedereinsetzung beantragt und mit weiterem, ebenfalls am 30.11.2001 eingegangenem Schriftsatz die Prozesshandlung nachgeholt.
Mit dem Wiedereinsetzungsantrag ist die zweiwöchige Frist des § 234 ZPO gewahrt worden. Nach der anwaltlichen Versicherung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin und der von ihr geschilderten Einzelheiten über ihren Tagesablauf ist nämlich davon auszugehen, dass sie von dem in ihrem Büro am 14.11.2001 eingegangenen Beschluss und damit von der Behebung des Hindernisses i.S.v. § 234 Abs. 2 ZPO erst im Laufe des 16.11.2001 Kenntnis genommen hat. Wäre ihr der Beschluss mittels Empfangsbekenntnis zugestellt worden, wäre unter diesem Datum das Empfangsbekenntnis zurückzusenden gewesen. Das Empfangsbekenntnis ist grundsätzlich mit dem Datum zu versehen, an dem das zuzustellende Schriftstück von dem Rechtsanwalt mit dem Willen entgegengenommen wird, es zu behalten (vgl. BVerfG NJW 2001, 1563 [1564]). Nicht anderes kann für den Fristbeginn betreffend die Behebung des Hindernisses i.S.v. § 234 ZPO gelten. Mit der Einreichung des Wiedereinsetzungsantrags und der Beschwerde bei Gericht am 30.11.2001 ist daher die Wiedereinsetzungsfrist eingehalten.
2. In der Sache erstrebt die sorgeberechtigte Antragstellerin die Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners in die Änderung des Familiennamens von W. in den Doppelnamen H.-W. Das AG hat mit Gründen, auf die der Senat hinsichtlich der Darstellung des zugrundeliegenden Sachverhalts ausdrücklich Bezug nimmt, die Ersetzung der Einwiligung abgelehnt. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die strengen Anforderungen an die Erforderlichkeit der Namensänderung seien nicht erfüllt.
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Sie macht insbesondere geltend, das AG habe sich mit den Anforderungen, die für das Tragen eines Doppelnamens zu stellen seien, nicht auseinandergesetzt. Aus der Möglichkeit der Verwendung eines Doppelnamens folge, dass an das Zustimmungserfordernis geringere Anforderungen zu stellen seien. Der Antragsgegner tritt diesem Rechtsmittel entgegen. Er macht geltend, die Änderung des Familiennamens entspreche lediglich dem Bestreben der Kindesmutter und nicht demjenigen der Kinder. Das Jugendamt habe – dies ist nicht streitig – empfohlen, zunächst zwei Jahre abzuwarten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze verwiesen.
Die Beschwerde ist in der Sache begründet.
Grundsätzlich ist zwar davon auszugehen, dass mit der durch die Neufassung des § 1618 Abs. 4 BGB geänderten Wortwahl, wonach die Namensänderung erforderlich sein muss, der Schutz der namensrechtlichen Bindung an den nicht sorgeberechtigten Elternteil stärker als nach bisherigem Recht ausgestaltet worden ist (vgl. BGH v. 27.9.2000 – XII ZB 67/99, MDR 2001, 217; Wagenitz, FamRZ 1998, 1546 [1550 ff.]; Mühlens/Kirchmeier/Gressmann, Das neue Kindschaftsrecht. S. 129 unter Hinweis auf BT-Drucks. 13/8511 S. 73f; Willutzki, KindPrax 2000, 76 [77]; Oelkers/Oelkers, MDR 2001, 2169 [1270]). Bei der vorzunehmenden umfassenden Abwägung der Interessen der Beteiligten sind Eltern- und Kindesinteressen regelmäßig als gleichrangig anzusehen. Abzuwägen sind dabei einerseits das Interesse des Kindes, den gleichen Namen zu tragen wie die neue Familie, andererseits der Grundsatz der Kontinuität der Namensführung, der ein Belang des diesen Namen führenden Elternteils, aber auch ein wichtiger Kindesbelang i...