Verfahrensgang
AG Bonn (Entscheidung vom 06.04.2006; Aktenzeichen 46 F 159/05) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 06.04.2006 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn - 46 F 159/05 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Familiengericht der Abänderungsklage der Klägerin dahin stattgegeben, dass diese ab Rechtshängigkeit der Abänderungsklage (15.08.2005, Bl. 14 GA) keinen Kindesunterhalt mehr an die Beklagte zu zahlen hat.
Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung greifen im Ergebnis nicht durch. Die Klägerin ist nämlich unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sie am 13.04.2005 ein weiteres Kind geboren hat und der Vater der Beklagten gemäß § 1603 Abs. 1 BGB leistungsfähig ist, der Beklagten im Hinblick auf ihr, der Klägerin, eigenes Einkommen gemäß § 1603 Abs. 2 S. 3 BGB nicht mehr barunterhaltspflichtig.
Die Klägerin trifft keine gesteigerte Erwerbsobliegenheit gegenüber der minderjährigen Beklagten, obwohl diese beim Kindesvater lebt und von diesem betreut wird.
Die Verpflichtung gemäß § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB, zum Unterhalt minderjähriger unverheirateter Kinder auch Mittel zu verwenden, die der Elternteil für den eigenen angemessenen Unterhalt benötigen würde, tritt nach § 1603 Abs. 2 S. 3 BGB nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist. Das kann auch der andere Elternteil sein, sofern er gemäß § 1603 Abs. 1 BGB leistungsfähig ist. Zwar erfüllt der Elternteil, der - wie hier der Vater der Beklagten - minderjährige Kinder betreut, durch deren Pflege und Erziehung seine Unterhaltspflicht regelmäßig in vollem Umfang (§ 1606 Abs. 3 S. 2 BGB), und er ist, wenn er über eigenes Einkommen verfügt, daneben grundsätzlich nicht zum Barunterhalt verpflichtet. Hat indessen der andere Elternteil nur wesentlich geringere Einkünfte, so dass seine Inanspruchnahme zu einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht zwischen den Eltern führen würde, kann eine andere Regelung in Betracht kommen (so BGH FamRZ 1991, 182 m. w. N.). Unter diesem Gesichtspunkt entfällt vorliegend eine Unterhaltspflicht der Klägerin, da der Vater der Beklagten neben deren Pflege und Erziehung auch deren Barbedarf ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts tragen kann.
Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass die Klägerin nach der Geburt ihres weiteren Kindes keine Erwerbsobliegenheit trifft. Denn grundsätzlich trifft die Kindesmutter während des Bezuges von Erziehungsgeld keine Erwerbsobliegenheit. Das gilt auch gegenüber anderen gleichrangig unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindern aus einer früheren Verbindung dann, wenn die Rollenwahl in einer neuen Beziehung, in der die Mutter weit gehend Hausfrau ist und die Erziehung und Betreuung des Kindes übernommen hat, unterhaltsrechtlich hinzunehmen ist. Dabei ist in jedem Fall der notwendige Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen zu wahren (vgl. BGH FamRZ 2006, 1010).
Die Klägerin darf das von ihr bezogene Erziehungsgeld vorrangig zur Deckung ihres eigenen notwendigen Selbstbehaltes verwenden. Das Erziehungsgeld hat keine Lohnersatzfunktion, sondern wird auch an Eltern gezahlt, die zuvor nicht erwerbstätig waren. Somit dient es sozialpolitischen Zielen und soll zugleich einen finanziellen Anreiz für die Kindererziehung schaffen. Lediglich in besonderen Ausnahmefällen, wie z. B. im Rahmen der gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber Minderjährigen oder ihnen nach § 1603 Abs. 2 gleichgestellten Kindern, ist das Erziehungsgeld als Einkommen des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen. Diese unterhaltsrechtliche Berücksichtigung der Einkünfte aus Erziehungsgeld ändert aber nichts daran, dass die Einkünfte dem Elternteil zur Verfügung stehen, um ihm die Pflege und Erziehung des Kindes zu ermöglichen (so BGH, a. a. O., m. w. N.).
Kann aber das Erziehungsgeld vorrangig zur Deckung des notwendigen eigenen Selbstbehaltes verwendet werden, entfällt eine Unterhaltspflicht des an sich barunterhaltspflichtigen Elternteils, soweit dieser infolge seiner Unterhaltsleistungen selbst sozialhilfebedürftig würde. Die finanzielle Leistungsfähigkeit endet dort, wo der Unterhaltspflichtige nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern.
Auch unter Berücksichtigung ihres Erziehungsgeldes sowie ihres Unterhaltsanspruchs nach § 1615 l BGB gegen den Vater ihres jüngsten Kindes (Lebensgefährte der Klägerin) und ihrer Einkünfte aus einer Nebentätigkeit ist die Klägerin nicht leistungsfähig.
Ein fiktives Einkommen aus einer weiteren teilzeitigen oder gar vollzeitigen Erwerbstätigkeit kann der Beklagten nicht zugerechnet werden. Die Rollenwahl als Hausfrau und Mutter in der neuen Beziehung ist unterhaltsrechtlich nicht zu beanstanden. Deswegen ist sie an einer ( vollschichtigen ) Erwerbstätigkeit gehindert.
Der Senat ist zunächst der Auffassung, dass die Kl...