unanfechtbar
Entscheidungsstichwort (Thema)
Familienrecht und Verfahrensrecht. Ehescheidung nach türkischem Recht
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen eines Einspruchs nach Art. 134 Abs. 2 des türkischen Zivilgesetzbuches (ZGB).
Normenkette
EGBGB Art. 17 Abs. 1 S. 1, Art. 14 Abs. 1 Nr. 1; türkisches ZGB Art. 134
Verfahrensgang
AG Wipperfürth (Aktenzeichen 10 F 116/98) |
Tenor
Die Berufung des Antragstellers gegen das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Wipperfürth vom 26. August 1999 – 10 F 116/98 – wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.
Von der Darstellung desTatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 erster Halbsatz ZPO abgesehen.
Gründe
Die zulässige, an sich statthafte sowie frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 511, 516, 518, 519 ZPO) hat in sachlicher Hinsicht keinen Erfolg, weil das Familiengericht den Ehescheidungsantrag durch das angefochtene Urteil zu Recht abgewiesen hat.
Der zulässige Ehescheidungsantrag ist unbegründet.
Die in jeder Lage des Verfahrens und in jedem Rechtszug von Amts wegen zu prüfende internationale Verhandlungs- und Entscheidungszuständigkeit der hiesigen Gerichte (vgl. zu diesem Prüfungserfordernis: BGHZ 44, 46; Zöller-Geimer, ZPO, 22. Aufl., § 606 a Rz 9 m.w.N.) besteht gemäß § 606 a Abs. 1 Nr. 2 ZPO, weil die Parteien im maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Ehescheidungsantrages hier ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, wie das auch gegenwärtig der Fall ist.
Beide Parteien sind türkische Staatsangehörige. Deshalb ist auf den Ehescheidungsantrag des Antragstellers gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1 EGBGB in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB ausschließlich türkisches materielles Recht anzuwenden.
Das türkische Scheidungsrecht differenziert zwischen den in den Artikeln 123 bis 133 des türkischen Zivilgesetzbuches – fortan: ZGB – normierten besonderen Ehescheidungsgründen und dem allgemeinen Ehescheidungsgrund des Art. 134 ZGB. Art. 134 ZGB ist nur anwendbar, wenn kein besonderer Scheidungsgrund vorliegt, weil die Art. 123 bis 133 ZGB im Verhältnis der Spezialität zu Art. 134 ZGB stehen (Kuran, Die Anwendung des Ehescheidungsrechts im schweizerischen und türkischen Recht unter besonderer Berücksichtigung der Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses, Dissertation 1990, S. 39 ff, zitiert in Rechtsgutachten des Instituts für internationales Recht der Universität München, veröffentlicht in Gutachten zum internationalen und ausländischen Privatrecht, 1997, Nr. 30 a, S. 422 ff, 427 Fußnote 10).
Besondere Ehescheidungsgründe sind nicht einschlägig, so dass der Antragsteller zutreffend davon ausgeht, seinen Ehescheidungsantrag nur nach Art. 134 ZGB verfolgen zu können. Darauf beruft er sich wegen beachtlichen Einspruchs der Antragsgegnerin gegen die Scheidung indessen vergeblich.
Im Einzelnen:
Nach Art. 134 Abs. 1 ZGB kann jeder Ehegatte Scheidungsklage erheben, wenn die eheliche Gemeinschaft in ihrem Fundament so zerrüttet ist, dass den Ehegatten die Fortsetzung des gemeinsamen Lebens nicht zugemutet werden kann. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind zur Überzeugung des Senats erfüllt. Die Parteien leben spätestens seit Juni 1996 und damit seit über 3 ½ Jahren voneinander getrennt. Die Antragsgegnerin ist gemäß ihrer eigenen Darstellung zum genannten Zeitpunkt aus der ehelichen Wohnung ausgezogen, die der Antragsteller wenig später, Anfang September 1996 endgültig verlassen hat. Diese inzwischen langjährige Trennung würde zwar für sich allein kein ausreichender Scheidungsgrund sein (Entscheidung des türkischen Kassationsgerichtshofs vom 08.10.1994, zitiert im vorgenannten Gutachten, S. 430 Fußnote 24), ist aber zumindest ein zerrüttungsindizierender Umstand i.S.d. Art. 134 Abs. 1 ZGB. Hinzu kommt, dass es seit der Trennung zwischen den Parteien keine Kontakte gegeben hat, die auf die Möglichkeit einer Wiederherstellung des ehelichen Verhältnisses, eine Wiederannäherung und eine Aussöhnung schließen lassen könnten. Es gab und gibt hüben wie drüben keinen Telefonkontakt. Abgesehen von einem im Verlaufe des zweiten Rechtszuges an den Antragsteller adressierten, von ihm allerdings nicht beantworteten Brief der Antragsgegnerin gibt es seitdem auch keine brieflichen Kontakte. Wohl gab und gibt es regelmäßig wiederkehrende persönliche Begegnungen zwischen den Parteien, indem der Antragsteller sich nahezu jeden Samstag in der Wohnung der Antragsgegnerin, zu der er einen Schlüssel hat, tagsüber für etliche Stunden zu Besuch aufhält, wobei in der Regel von ihm zubereitete Mahlzeiten eingenommen werden, an denen neben den Parteien ihre beiden minderjährigen Kinder, die seit der Trennung in der Obhut der Antragsgegnerin leben, und Besucher aus dem familiären Umfeld teilnehmen. Das hat die vom Senat hierüber durchgeführte Beweisaufnahme mit aller Klarheit ergeben. So hat es der Bruder des Antragstellers = Schwager der Antragsgegnerin, der Zeuge K. C., aufgrund eigener Anschauungen detailreich, lebensnah u...