Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage der Einkommensermittlung bei Selbständigen. Trennungs- und Kindesunterhalt: Beweislast und Berechnung der von einem selbständigen Unterhaltspflichtigen zu leistenden Unterhaltsbeträge
Leitsatz (amtlich)
Auch für den Trennungsunterhaltsanspruch gilt in entsprechender Anwendung des § 1581 BGB, dass der Verpflichtete die Darlegungs- und Beweisführungslast für eine von ihm behauptete beschränkte oder fehlende Leistungsfähigkeit hat (vgl. Wendl/Staudigl/Gutdeutsch, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl. 2008, § 4 Rz. 565 f. m.w.N.; anders aber die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Unterhaltsbedarfs der Berechtigten gemäß den ehelichen Lebensverhältnissen Wendl/Staudigl/Gerhardt, 7. Aufl. 2008, § 4 Rz. 178).
Ergeben sich aufgrund vager Angaben des selbständig erwerbstätigen Berechtigten zur Entwicklung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse - insbesondere zur näheren Vergangenheit und Gegenwart - Zweifel an einem verlässlichen Gesamtbild zur Nachhaltigkeit der vorgetragenen Einkommensentwicklung, erscheint es angebracht, abweichend von dem in Ziff. 1.5 der Unterhaltsleitlinien (des OLG Köln) genannten Regelfall der Einkommensermittlung nach dem Gewinn der letzten drei Jahre das Durchschnittseinkommen des Berechtigten auf der Grundlage seiner dem Gericht bekannten erzielten Einkünfte der letzten 4 Jahre zu ermitteln.
Normenkette
BGB §§ 1361, 1581; Unterhaltsleitlinien des OLG Köln Ziff. 1.5
Verfahrensgang
AG Bonn (Urteil vom 08.07.2008; Aktenzeichen 47 F 440/07) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 8.7.2008 verkündete Urteil des AG - Familiengericht - Bonn - 47 F 440/07 - wird zurückgewiesen.
Die Widerklage des Beklagten wird abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - Berufung des Beklagten ist unbegründet. Die zulässigerweise im Berufungsverfahren erhobene Widerklage ist ebenfalls unbegründet.
I. Der Beklagte wehrt sich mit seiner Berufung gegen die erstinstanzliche Verurteilung zur Zahlung von Trennungsunterhalt von monatlich 1.400 EUR ab November 2007 sowie von Kindesunterhalt für den gemeinsamen Sohn der Parteien L., geboren am 6.11.2006, nach der Einkommensgruppe 13 der Düsseldorfer Tabelle, Altersstufe I von monatlich 404 EUR abzgl. anteiliges Kindergeld von 77 EUR = 327 EUR (Zahlbetrag) abzgl. eines im November 2007 gezahlten Betrags von 550 EUR. Seine hiergegen gerichteten Angriffe gehen jedoch fehl.
Soweit der Beklagte mit der Berufung Verfahrensfehler des AG rügt, kann dahin stehen, ob solche dem Familiengericht unterlaufen sind. Denn jedenfalls führen diese nicht dazu, dass der Berufung statt zu geben ist. Die Sache ist entscheidungsreif, so dass der Senat selbst im Berufungsverfahren über die geltend gemachten Unterhaltsansprüche befinden konnte.
Der Beklagte ist im Rahmen seiner erfolgten Verurteilung leistungsfähig. Jedenfalls hat der Beklagte seine behauptete mangelnde Leistungsfähigkeit nicht ausreichend darlegen und beweisen können. Entgegen seiner Auffassung ist der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig für die von ihm vorgetragene eigene Leistungsunfähigkeit. Auch wenn die Leistungsfähigkeit - wie die Bedürftigkeit - an sich eine weitere Voraussetzung jedes Unterhaltsanspruchs ist und damit zur Klagebegründung gehören würde, ist sie in den §§ 1581, 1603 BGB aus Zweckmäßigkeitsgründen als Einwendung mit der Folge ausgestaltet, dass der Verpflichtete die Darlegungs- und Beweisführungslast für eine von ihm behauptete beschränkte oder fehlende Leistungsfähigkeit hat. Diese Umkehr der Darlegungs- Beweisführungslast gilt in entsprechender Anwendung des § 1581 BGB auch für den Trennungsunterhaltsanspruch und ist verfassungsrechtlich bedenkenfrei (vgl. Wendl/Staudigl/Gutdeutsch, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl. 2008, § 4 Rz. 565 f. m.w.N.; die vom Beklagten in seinem Schriftsatz vom 17.2.2009 zitierte Fundstelle bei Wendl/Staudigl/Gerhardt, 7. Aufl. 2008, § 4 Rz. 178, betrifft dagegen die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Unterhaltsbedarfs gemäß den ehelichen Lebensverhältnissen).
Der Beklagte konnte nicht nachweisen, dass er wirtschaftlich nicht in der Lage ist, die ausgeurteilten Unterhaltsbeträge zu zahlen. Er ist darlegungs- und beweisbelastet geblieben. Aufgrund der recht vagen Angaben des Beklagten zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen - insbesondere zur näheren Vergangenheit und Gegenwart - hat der Senat, um ein verlässliches Gesamtbild zu erhalten, das Durchschnittseinkommen des Beklagten auf der Grundlage seiner erzielten Einkünfte in den Jahren 2004-2007 gemäß den vom Beklagten für diese Jahre vorgelegten Jahresabschlüssen ermittelt. Insoweit ist der Senat von dem in Ziff. 1.5 der Unterhalts-leitlinien genannten Regelfall der Einkommensermittlung nach dem Gewinn der letzten drei Jahre abgewichen.
Der Beklagte hat nicht plaus...