Leitsatz (amtlich)
1. Die Dringlichkeitsvermutung wird nicht dadurch widerlegt, dass die Antragstellerin im Verfügungsantrag - innerhalb desselben Streitgegenstandes - gegenüber dem Abmahnschreiben weitergehenden Vortrag hält und dies die gerichtliche Anhörung des Gegners zum Verfügungsantrag veranlasst hat.
2. Die Werbung mit einer unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) ist irreführend, wenn der Werbetreibende das einzige Unternehmen ist, dass eine Matratze unter einem bestimmten Namen vertreibt; eine hinreichende Orientierungshilfe für den Verbraucher gibt die UVP auch dann nicht, wenn baugleiche Matratzen im Handel erhältlich sind.
3. Die Darlegung, dass ein vom Hersteller empfohlener Preis für eine Matratze im Zeitpunkt der Bezugnahme nicht ernsthaft als Verkaufspreis in Betracht kommt, erfordert ein Eingehen nicht nur auf die Preisgestaltung im Online-, sondern auch im stationären Matratzenhandel.
Normenkette
UWG § 5 Abs. 1, 2 Nr. 2, § 12 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 84 O 124/22) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragstellerin und unter teilweiser Abänderung des Urteils der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 09.11.2022 - 84 O 124/22 - wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an deren Geschäftsführern, untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einen Preisvergleich mit einer UVP durchzuführen, wenn dies geschieht wie in der Anlage AS 1.
Im Übrigen wird die Berufung der Antragstellerin zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Antragstellerin zu × und die Antragsgegnerin zu 1/4.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 80.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1, 542 Abs. 2 S. 1 ZPO abgesehen.
II. Die Berufung der Antragstellerin ist zulässig, erzielt aber in der Sache nur einen Teilerfolg. Die Verbotsanträge sind zwar hinreichend bestimmt. Auch steht der Antragstellerin ein Verfügungsgrund zur Seite. Die Antragstellerin kann Unterlassung jedoch nur hinsichtlich der in der Anlage AS1 abgebildeten Werbung der Antragsgegnerin verlangen, weil nur insoweit eine Unlauterkeit der Werbung mit einer unverbindlichen Preisempfehlung (im Folgenden: UVP) anzunehmen ist.
1. Gegen die Bestimmtheit der gestellten Anträge bestehen keine Bedenken. Der Senat hat in seiner den Parteien bekannten Entscheidung vom 09.09.2022 (6 U 92/22 = GRUR-RR 2022, 501, 502 Rn. 24 ff. - Mondpreise m. Anm. Onken) ausgeführt:
"Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (BGH, Urteil vom 20.06.2013 - I ZR 55/12 - Restwertbörse II). Allein dass der Tenor einer Auslegung zugänglich ist, führt indes nicht dazu, dass der Tenor zu unbestimmt wäre, wenn über den Sinngehalt kein Zweifel besteht, sodass die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht. Davon ist im Regelfall auszugehen, wenn über die Bedeutung des an sich auslegungsbedürftigen Begriffs zwischen den Parteien kein Streit besteht und objektive Maßstäbe zur Abgrenzung vorliegen oder wenn zum Verständnis des Begriffs auf die konkrete Verletzungshandlung und die gegebene Klagebegründung zurückgegriffen werden kann (BGH, Urteil vom 04.11.2010 - I ZR 118/09, GRUR 2011, 539 - Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker)."
Den in jenem Verfahren im Antrag enthaltenen Zusatz "es sei denn, der UVP liegt eine aktuelle und ernsthafte Kalkulation als angemessener Verbraucherpreis zugrunde", hat der Senat (a.a.O., Rn. 25) als unschädliche Überbestimmung angesehen, die ihren Platz in der Antragsbegründung habe. Die Bezugnahme auf die jeweils eingeblendeten konkreten Verletzungsformen sei ausreichend, da - unter Berücksichtigung der Klagebegründung - hinreichend klargestellt sei, welches konkrete Verhalten dem Gegner verboten sei. Es sei grundsätzlich nicht Sache des Klägers, Ausnahmetatbestände in den Klageantrag mit aufzunehmen (unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 11.02.2021 - I ZR 227/19 - juris Rn. 18 - Rechtsberatung durch Architekten).
So verhält es sich auch hier. Denn die Antragstellerin hat deutlich gemacht (u.a. S. 4 der Antragsschrift, Bl. 5 eA, vgl. auch S. 9, Bl. 10 eA sowie S. 9 und 11 des Schriftsatzes vom 24.10.2022, Bl. 283, 285 eA), dass sie sich hinsichtlich des Antrags zu I. 1. (konkrete Verletzungsformen insoweit Anlagen AS1 und AS2) darauf stützt, dass diese Matratzen außer von der Antragsgegnerin von niemandem vertrieben ...