Verfahrensgang
LG Aachen (Aktenzeichen 10 O 571/18) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 14.5.2019 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 10 O 571/18 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger, der im Februar 2016 von der Firma Autohaus A in B einen gebrauchten VW C für 16.695 EUR gekauft hat, verlangt von der Beklagten die Erstattung des Kaufpreises. Das Fahrzeug wurde mit einem Kilometerstand von 98.984 km an ihn ausgeliefert.
Die Beklagte ist die Herstellerin des Fahrzeugs, in dem ein ebenfalls von der Beklagten hergestellter Dieselmotor vom Typ EA 189 verbaut ist. Der Motor steht in Verbindung mit einer Software, die die Stickstoff-Emissionswerte im behördlichen Prüfverfahren optimiert. Das Motorsteuerungsgerät ermöglicht dabei zwei Betriebsmodi bei der Abgasrückführung: einen Stickstoff-optimierten Modus 1 mit einer relativ hohen Abgasrückführungsrate und einen Partikel-optimierten Modus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer ist. Die Software des Motorsteuerungsgerätes verfügt über eine Fahrzykluserkennung, die erkennt, ob sich das Fahrzeug im üblichen Straßenverkehr oder auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte befindet. Während des Prüfstandtests spielt die eingebaute Software beim Stickstoff-Ausstoß Modus 1 ab, wodurch geringere Stickoxidwerte erzielt und die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte wie auch die nach der Euro-5-Abgasnorm vorgegebenen NOx-Grenzwerte eingehalten werden. Unter realer Fahrbewegung im Straßenverkehr wird das Fahrzeug im Abgasrückführung-Modus 0 betrieben.
Nach Bekanntwerden des Einsatzes des in der Öffentlichkeit als "Manipulationssoftware" bezeichneten Motorsteuerungsprogrammes in verschiedenen Diesel-Fahrzeugen verschiedener Herstellerfirmen, unter anderem der Beklagten, legte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) den Herstellerinnen im Herbst 2015 auf, die entsprechende Software aus allen Fahrzeugen zu entfernen. Mit einem Schreiben aus September 2016 informierte die Beklagte den Kläger, dass das benötigte Software-Update zur Verfügung stehe und das Fahrzeug umprogrammiert werden könne.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.12.2018 forderte der Kläger die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich eines Nutzungswertersatzes bis zum 27.12.2018 und zur Abholung des Fahrzeuges auf. Das Fahrzeug des Klägers hat am 5.2.2020 einen Kilometerstand von 129.374 km aufgewiesen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte hafte wegen des Inverkehrbringens von Dieselmotoren in Verbindung mit der Manipulationssoftware auf Schadensersatz gemäß §§ 826, 31 BGB. Der Tatbestand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung sei erfüllt. Er hat behauptet, erst durch das Schreiben der Beklagten aus September 2016 erfahren zu haben, dass sein Fahrzeug vom sogenannten "Abgasskandal" betroffen sei.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.695 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.2018 Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeuges der Marke Volkswagen vom Typ C, 2.0 TDI, mit der Fahrgestellnummer D abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 1.940,12 EUR zu zahlen;
2. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 28.12.2018 mit der Annahme der im Klageantrag zu 1) genannten Zug-um-Zug Leistung im Annahmeverzug befindet;
3. die Beklagte zu verurteilen, ihn von Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.029,35 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 28.12.2018 freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, dass sie den Kläger nicht sittenwidrig geschädigt, insbesondere nicht getäuscht habe. Sie hat behauptet, dem Kläger sei im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses die von ihm beanstandete Verwendung der Software bekannt gewesen. Eine Täuschung und ein Irrtum des Klägers seien ausgeschlossen.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien und der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 237 ff. d.A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 14.112,52 EUR nebst Zinsen Zug und Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs und zur Freistellung des Klägers von Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung von 1.029,35 EUR verurteilt. Die Beklagte habe dem Kläger in einer gegen die guten Sitten verstoßen Weise vorsätzlich Schaden zugefügt. Es könne nicht angenommen werden, dass der Kläger beim Erwerb des Fahrzeugs von der Ausstattung ...