Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 15 O 218/18) |
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.609,98 EUR zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Pkw Audi A4 2.0 TDI DPF, FIN A.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 9.609,98 EUR seit dem 03.08.2018 zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im Antrag zu 1. genannten Pkws in Verzug befindet.
4. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 958,19 EUR freizustellen.
5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
6. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 60 % und die Beklagte zu 2) zu 40 %. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) sowie die außergerichtlichen Kosten erster Instanz der Beklagten zu 15 %. Die Beklagte zu 2) trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers erster Instanz zu 40 %. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Eine weitergehende Kostenerstattung findet nicht statt.
7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
8. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Rückzahlung des Kaufpreises und Feststellung des Annahmeverzuges im Zusammenhang mit einem am 21.05.2015 bei der Beklagten zu 1) zu einem Preis von 17.000 EUR gebraucht gekauften Pkw Audi A4, 2.0 TDI DPF, FIN A, mit einem Kilometerstand von seinerzeit 60.931 km.
Herstellerin des streitgegenständlichen Fahrzeuges ist die Audi AG. In dem Fahrzeug ist ein von der Beklagten zu 2) hergestellter 2,0-Liter-Dieselmotor vom Typ EA 189 verbaut. Der Motor steht in Verbindung mit einer Software, die die Stickstoff-Emissionswerte im behördlichen Prüfverfahren optimiert. Das Motorsteuerungsgerät ermöglicht dabei zwei Betriebsmodi bei der Abgasrückführung: einen Stickstoff-optimierten Modus 1 mit einer relativ hohen Abgasrückführungsrate und einen Partikel-optimierten Modus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer ist. Die Software des Motorsteuerungsgerätes verfügt über eine Fahrzykluserkennung, die erkennt, ob sich das Fahrzeug im üblichen Straßenverkehr oder auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte befindet. Während des Prüfstandtests spielt die eingebaute Software beim Stickstoff-Ausstoß Modus 1 ab, wodurch geringere Stickoxidwerte erzielt und die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte wie auch die nach der Euro-5-Abgasnorm vorgegebenen NOx-Grenzwerte eingehalten werden. Unter realer Fahrbewegung im Straßenverkehr wird das Fahrzeug im Abgasrückführung-Modus 0 betrieben.
Nach Bekanntwerden des Einsatzes des in der Öffentlichkeit als "Manipulationssoftware" bezeichneten Motorsteuerungsprogrammes in verschiedenen Diesel-Fahrzeugen verschiedener Herstellerfirmen, unter anderem der Beklagten, legte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) den Herstellerinnen im Herbst 2015 auf, die entsprechende Software aus allen Fahrzeugen zu entfernen. Am 11.06.2016 gab das KBA ein Software-Update für den von dem Kläger gefahrenen Fahrzeugtyp Audi A4 des Motortyps EA 189 frei. Der Kläger ließ das Software-Update durchführen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.02.2018 forderte der Kläger die Beklagte zu 2) zur Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich eines Nutzungswertersatzes bis zum 06.03.2019 und zur Abholung des Fahrzeuges auf. Die Beklagte lehnte dies ab.
Das Fahrzeug des Klägers wies am 9.11.2019 einen Kilometerstand von 159.576 km auf.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte hafte wegen des Inverkehrbringens von Dieselmotoren in Verbindung mit der Manipulationssoftware auf Schadensersatz gemäß §§ 826, 31 BGB. Der Tatbestand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung sei erfüllt. Der Kläger hätte das Fahrzeug nicht gekauft, wenn er Kenntnis von der Mangelhaftigkeit gehabt hätte.
Wegen der Einzelheiten des streitigen Vorbringens der Parteien und der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 362 ff. d. A.) Bezug genommen.
Die Klage gegen die Beklagte zu 1) wurde durch Schriftsatz vom 12.12.2018 (Bl. 347) zurückgenommen.
Das Landgericht hat der Klage gegen die Beklagte zu 2) überwiegend stattgegeben. Der Kläger habe gegen die Beklagte wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises bei Ausgleich der gezogenen Nutzungen Zug- um-Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs. Für die Berechnung der Nutzungsentschädigung ist das Gericht von einer Gesamtlaufleistung von 300.000 km ausgegangen. Wegen der weiteren Begründung des Landgerichts wird auf die Entscheid...