Leitsatz (amtlich)
1. Beantragt ein Kläger, es dem Beklagten zu verbieten, bestimmte Bezeichnungen für das Angebot und/oder die Bewerbung einer konkret benannten Dienstleistung (hier Filmproduktion) zu benutzen, kann dem Antrag nur dann stattgegeben werden, wenn eine Begehungsgefahr für ein Anbieten und/oder Bewerben dieser Dienstleistung besteht.
2. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Handlung auf eine (unmittelbare oder mittelbare) Absatzförderung gerichtet ist und daher als Anbieten oder Bewerben anzusehen ist, kommt es nicht auf die subjektive Absicht des Handelnden an, sondern darauf, ob die Maßnahme objektiv darauf gerichtet ist, durch Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers den Absatz zu fördern.
3. Auf die Frage, ob die angesprochenen Verkehrskreise die streitgegenständliche Zeichenverwendung als Bewerben/Anbieten einer Dienstleistung auffassen, kommt es nicht an. Auf das Verkehrsverständnis ist lediglich für die Frage abzustellen, wie der Verkehr ein Angebot oder eine Werbung versteht. Ob ein Anbieten oder ein Bewerben vorliegt, ist dagegen im Einzelfall anhand von objektiven Kriterien zu ermitteln.
4. Im Hinblick auf die konkreten Umstände des Einzelfalls war im Streitfall zudem ein hinreichender Inlandsbezug ("commercial effect") des angegriffenen Verhaltens zu verneinen.
Normenkette
MarkenG §§ 14-15; UWG § 5
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 1 HK O 7046/15) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 27.06.2017, berichtigt mit Beschluss vom 04.08.2017, Az. 1 HK O 7046/15, wird zurückgewiesen.
II. Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I dahin abgeändert, dass das Versäumnisurteil vom 16.09.2015 insgesamt aufgehoben und die Klage vollumfänglich abgewiesen wird.
III. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz sowie die Kosten des beim Bundesgerichtshof unter dem Az. I ZR 190/19 geführten Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde zu tragen, mit Ausnahme der durch die Versäumnis der Beklagten in erster Instanz veranlassten Kosten, die die Beklagte trägt.
IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Unterlassungsansprüche aus einer Marke, hilfsweise aus einem Unternehmenskennzeichen, und weiter hilfsweise aus Wettbewerbsrecht geltend. Daneben begehrt die Klägerin Auskunft, die Feststellung einer Schadensersatzpflicht sowie die Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten.
Die Klägerin, eine deutsche Filmgesellschaft, ist Inhaberin der deutschen Wortmarke Nr. 30201720 "RAT PACK", angemeldet am 14.01.2002 und eingetragen am 07.08.2002 unter anderem für die Dienstleistungen der Klasse 41 "Unterhaltung" (vgl. Anlage K 3 sowie LGU S. 3).
Die Beklagte führt die Bezeichnung "RatPac Entertainment, LLC". Sie ist ein US-amerikanisches Unternehmen, das Filme finanziert. Filmproduktionen führt die Beklagte in Deutschland nicht durch.
Die Klägerin meint, die Beklagte trete in Deutschland als Filmproduzentin auf, indem verschiedene Zeichen, welche die Bezeichnung "RatPac" und/oder "RatPac Entertainment" beinhalten, in den Vor- und Abspännen von in Deutschland gezeigten Kinofilmen, auf Filmplakaten hierzu sowie auf DVD-Hüllen von in Deutschland vertriebenen Filmen erscheinen, und sieht darin eine Verletzung der Klagemarke. Selbst wenn die Beklagte - wie nicht - lediglich Filmfinanziererin sein sollte, stelle Filmfinanzierung einen wesentlichen Bestandteil einer Filmproduktion, für welche die Klagemarke Schutz beanspruche, dar.
Am 16.09.2015 hat das Landgericht - im Wesentlichen antragsgemäß - folgendes Versäumnisurteil erlassen:
I. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, "RatPac" und/oder "RatPac Entertainment" in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr für das Angebot und/oder die Bewerbung von Filmproduktionen zu benutzen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin unverzüglich und unter Vorlage entsprechender Belege, vollständig Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die unter Ziffer I. beschriebenen Dienstleistungen angeboten und/oder erbracht hat, und zwar unter Angabe
- der einzelnen Filmprojekte und
- des erzielten Gewinns unter Angabe der erzielten Einnahmen sowie der Gestehungskosten mit Ausnahme der Gemeinkosten
jeweils aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren,
sowie unter Angabe
- von Art und Umfang der betriebenen Werbung,
aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren und Werbeträgern.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin den aus der in Ziffer I. bezeichneten Rechtsverletzung entstandenen oder noch entstehenden Schaden zu ersetzen hat.
IV. Die Be...