Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen eines Rücktritts des Verlegers vom Verlagsvertrag bei Vorlage eines nicht vertragsgemäßen Manuskripts.
2. Mängel der Qualität des vom Autoren vorgelegten Manuskripts begründen in der Regel kein Kündigungsrecht des Verlegers nach §§ 30, 31 VerlG (vgl. BGH GRUR 1960, 642, 644 - Drogistenlexikon).
Normenkette
VerlG § 30 Abs. 1 S. 1, § 31 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 31.10.2006; Aktenzeichen 21 O 24353/04) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG München I vom 31.10.2006 in Ziffern I. bis III. abgeändert und wie folgt neu gefasst:
"I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 5.350 nebst Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.11.2004 zu bezahlen.
II. Die Beklagte wird ferner verurteilt, binnen drei Monaten nach Verkündung dieses Urteils das ihr am 11.10.2004 zugegangene Buchmanuskript des Klägers mit dem Titel "ADAC - Die heimliche Macht der Gelben Engel" in gedruckter Form als Buchausgabe herzustellen und im Rahmen ihres Verlagsprogramms zu veröffentlichen und zu vertreiben.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Die Widerklage wird abgewiesen.
V. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen."
2. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger in der Hauptsache gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 56.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Hinsichtlich der Kosten kann die Beklagte die Vollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Zahlung bzw. Rückzahlung von Autorenhonorar und um die Verpflichtung der Beklagten zur Veröffentlichung eines Buchmanuskripts durch den Kläger.
Der Kläger ist ein bekannter Sachbuchautor. Bei der Beklagten handelt es sich um einen Verlag, der neben Belletristik Sachbücher verlegt.
Unter dem 21.07./5.8.2004 unterzeichneten die Parteien den als Anl. B 6 vorgelegten Verlagsvertrag. Darin (vgl. § 1 Abs. 1 des Vertrages) verpflichtete sich der Kläger, der Beklagten ein ca. 250 Seiten umfassendes (§ 4 Abs. 3 des Vertrages) Werk mit dem Arbeitstitel "ADAC - Die heimliche Macht der Gelben Engel (AT)" zur Veröffentlichung (innerhalb von sechs Monaten nach Manuskriptvorlage, vgl. § 5 Abs. 2 des Vertrages) zu überlassen. Zur Beschaffenheit des Werks lautet es in § 4 Abs. 1 des Verlagsvertrages (Anl. B 6):
"Das Werk muss nach Art und Zweck dem vereinbarten und dem anerkannten fachlichen Standard des behandelten Gebiets oder Themas Rechnung tragen ..."
Anlässlich einer Besprechung vom 5.8.2004 mit dem Mitarbeiter der Beklagten H. J. legte der Kläger das von ihm erarbeitete Thesenpapier nebst Gliederungsentwurf und Einleitungskapitel gemäß Anl. K 2 vor.
Nach Übermittlung des Manuskripts (Anl. K 7) durch den Kläger teilte die Beklagte diesem unter dem 13.10.2004 per E-Mail mit, dass dieses ihren Erwartungen nicht entspreche und das Buch so nicht auf den Markt gebracht werden könne (Anl. K 3). Mit Schreiben vom gleichen Tage, hinsichtlich dessen Inhalts auf Anl. K 4 verwiesen wird, präzisierte die Beklagte ihre Vorbehalte gegen das Manuskript dahingehend, dass es diesem an einer klaren inhaltlichen Linie und dem inhaltlichen Fokus mangele, des Weiteren brisantes und beweiskräftiges Belegmaterial fehle. Die Beklagte setzte ferner dem Kläger eine - letzte - Frist zur Mängelbehebung bis 30.11.2004.
Mit Anwaltsschreiben vom 10.11.2004 (Anl. K 5) ließ der Kläger die Beklagte zur Zahlung von 5.000 EUR zzgl. MWSt. (= 5.350 EUR), der nach § 17 des Verlagsvertrags gemäß Anl. B 6 nach Manuskriptabgabe geschuldeten zweiten Hälfte der garantierten Vorauszahlung von Autorenhonorar i.H.v. insgesamt 10.000 EUR, und zur Erklärung, bis Ende März 2005 ihrer Veröffentlichungsverpflichtung nachzukommen, auffordern.
Da die Beklagte dieser Aufforderung nicht nachkam, erhob der Kläger diesbezüglich Klage zum LG München I. In ihrer Klageerwiderung vom 17.3.2005 machte die Beklagte ihrerseits im Wege der Widerklage Ansprüche auf Rückzahlung der bereits an den Kläger ausbezahlten ersten Hälfte des garantierten Autorenhonorars i.H.v. ebenfalls 5.350 EUR inkl. MWSt. geltend.
Am 31.10.2006 erließ das LG folgendes Urteil:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte EUR 5.350 nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 30.3.2005 zu zahlen.
III. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. [Vorläufige Vollstreckbarkeit]
Zur Begründung führte das LG aus: Das vom Kläger vorgelegte Manuskript sei nicht vertragsgemäß, da es den im Verlagsvertrag festgelegten Vereinbarungen nicht entspreche. Dem Kläger stehe daher weder der geltend gemachte Zahlungsanspruch i...