Entscheidungsstichwort (Thema)
Sorgfaltspflichten des Universalversteigerers - Historischer Perserteppich
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, § 662; HGB §§ 93, § 93 ff., §§ 383, § 383 ff.
Verfahrensgang
LG Augsburg (Urteil vom 27.01.2012; Aktenzeichen 22 O 3163/10) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Augsburg vom 27.1.2012 - 022 O 3163/10, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziff. 1 genannte Urteil des LG Augsburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Klägerin macht gegen das beklagte Auktionshaus Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Versteigerung eines persischen Teppichs geltend, wobei Streitgegenstand der Berufung nur ein Teilbetrag von 100.000 EUR ist.
Den verfahrensgegenständlichen Teppich hatten die Töchter der Klägerin neben einer Vielzahl von weiteren Nachlassgegenständen von der ca. 1985 verstorbenen Mieterin R. der Klägerin geerbt, die früher Haushälterin des vorverstorbenen renommierten Münchener Teppichhändlers und Kunstsammlers Herbert S. und seiner Ehefrau bzw. des zuletzt verstorbenen zweiten Ehemannes der Witwe S., einem Antiquitätensammler, war. Die Erbinnen überließen den Teppich einvernehmlich der Klägerin.
Die Beklagte betreibt in Augsburg ein universelles Auktionshaus insbesondere für bestimmte Gemälde, Zeichnungen und Graphiken, Möbel, Orientteppiche, Uhren, Schmuck und Silber, Skulpturen, alte Weine, sakrale Kunst, alte Bücher, Gläser und Porzellane, wobei auch auf eine kostenfreie Begutachtung und Schätzung für Einlieferer hingewiesen wird (Anlage BK 8), was auch Gegenstand der Versteigerungsbedingungen der Beklagten ist (Anlage K 5).
Dort ist auch geregelt, dass die "nach bestem Wissen und Gewissen vorgenommenen Katalogbeschreibungen" keine zugesicherten Eigenschaften gem. §§ 459 ff. BGB sind.
Der Geschäftsführer der Beklagten ist - worauf sie auf Vertragsformularen hinweist - öffentlich bestellter und vereidigter Auktionator und Mitglied im Bayerischen Versteigerer Verband München, Bund der Hausratexperten BdH Hannover und Mitglied im Bundesverband deutscher Auktionatoren e.V. Erfurt (vgl. Anlagen K 3 und K 6).
Der Geschäftsführer der Beklagten besichtigte nach telefonischem Erstkontakt wohl am 14.7.2009 im Haus der Tochter der Klägerin Caroline Sch. in N. und in der Wohnung der Klägerin in P. diverse Gegenstände aus dem Nachlass der Haushälterin R., die die Familie der Klägerin veräußern wollte. Darunter befand sich in der Wohnung Sch. auch der streitgegenständliche Teppich in der Größe von ca. 3,38 × 1,53 m.
Einige Gegenstände, nämlich neben diesem Teppich drei weitere Teppiche, Figuren, ein Schälchen, 2 Madonnen, Drucke bzw. Stiche, mehrere Gemälde, darunter eines des flämischen Meisters Constantin N., und ein Eichenschrank, für die der Geschäftsführer der Beklagten noch am Besichtigungstag ein Auktionsauftragsformular ausgefüllt hatte (das aber nicht unterschrieben wurde, Anlage K 3), wurden von der Beklagten vereinbarungsgemäß abgeholt, weitere Gegenstände wurden nachträglich von der Familie der Klägerin bei der Beklagten angeliefert.
In dem Auktionskatalog der Beklagten wurde der - dort nicht abgebildete - streitgegenständliche Teppich unter Ziff. 2035 mit einem Aufrufpreis von 900 EUR beschrieben als
"Persische Galerie
antik, blaugrundig, floral durchgemustertes Mittelfeld, Laufstellen, Sammlerstück".
Bei einer kleineren weiteren blaugrundigen Galerie zum Katalogpreis von 120.- Euro wies die Beklagte unter Ziff. 2037 des Katalogs auf ein altes Etikett und die Herkunft aus dem Teppichhaus Hubert S. hin (Anlage K 4).
Daneben bewarb die Beklagte den streitgegenständlichen Teppich mit einer Abbildung (Anlage BB 5) auf Internetplattformen, u.a. im Auktionsportal "lot-tissimo. com" (Anlagen BK 4).
Bei der 2-tägigen 229. Kunstauktion im Haus der Beklagten am 9.10. und 10.10.2009 kamen nach einer einwöchigen Besichtigungsmöglichkeit zwischen dem 3.10. und 8.10.2009 über 1400 verschiedene Gegenstände, darunter insgesamt 51 Teppiche mit angegebenen Katalogpreisen zwischen 40.- Euro und - im Fall des streitgegenständlichen Teppichs - 900.- Euro zur Versteigerung (von der Beklagten übergebener Katalog),
Im Vorfeld dieser Auktion gingen bei der Beklagten zahlreiche Anfragen, insbesondere auch renommierter deutscher Teppichhändler für den streitgegenständlichen Teppich ein.
Den Zuschlag für den streitgegenständlichen Teppich erhielt am 9.10.2009 schließlich ein telefonischer Bieter zum Preis von 19.700.- Euro (Abrechnung der Beklagten, Anlage K 6), der im Rahmen dieses Rechtsstreits nicht mehr ausfindig gemacht werden konnte.
Einige Monate nach der Versteiger...