Leitsatz (amtlich)
Die Einigungsgebühr nach Nrn. 1003, 1000 VV der Anlage zu § 2 Abs. 2 RVG kann grundsätzlich auch im Falle der einvernehmlichen Sorgerechtsregelung mit notwendiger gerichtlicher Entscheidung nach § 1671 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB entstehen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Einigung erst nach Anhängigkeit eines gerichtlichen Verfahrens, das heißt in dessen Verlauf erzielt worden ist, und dass ein zumindest partiell wechselseitiges Nachgeben der Beteiligten einen prozessualen Streit beilegt (So auch 3. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen -: Beschl. v. 9.7.2012 - 3 WF 147/12).
Verfahrensgang
AG Quedlinburg (Beschluss vom 08.05.2013; Aktenzeichen 4 F 329/12) |
Tenor
Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers gegen den Beschluss des AG Quedlinburg vom 8.5.2013 - 4 F 329/12 VKH1, wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der dem Antragsteller im Sorgerechtsverfahren nach § 1671 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB a.F., beendet durch Beschluss des AG Quedlinburg vom 23.7.2012 (Bl. 13 -14 d.A.), im Wege der Verfahrenskostenhilfe beigeordnete Verfahrensbevollmächtigte beansprucht als ihm gesetzlich zustehende Vergütung aus der Landeskasse nach § 45 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 13 Abs. 1 RVG noch auf der Basis eines Verfahrenswertes von 3.000,- EUR eine streitige Einigungsgebühr i.H.v. 189,- EUR nebst Umsatzsteuer (nach Nr. 7008 VV) - das sind insgesamt 224,91 EUR -, die ihm, wie er meint und des Näheren begründet hat, nach den Nrn. 1003, 1000 des Vergütungsverzeichnisses (VV) der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG zustehe.
Das AG Quedlinburg hat durch Beschluss der Rechtspflegerin vom 22.8.2012 (Bl. 10 VKH-Beiheft) die zu zahlende Vergütung ohne Ansatz einer Vergleichsgebühr, die nicht entstanden sei, auf 626,65 EUR festgesetzt. Die dagegen eingelegte Erinnerung des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers ist durch Beschluss der Amtsrichterin vom 8.5.2013 (Bl. 53 VKH-Beiheft) zurückgewiesen worden.
Dagegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 1.8.2013 (Bl. 46 - 47 d.A.) begründete Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten vom 26.7.2013 (Bl. 57/58 VKH-Beiheft), in der er an seiner bisherigen Auffassung zur Entstehung einer Einigungsgebühr festhält und namentlich ausführt, die Beteiligten hätten seinerzeit eine vergleichsweise Einigung über das fragliche Sorgerecht erzielt, die sie auch im Wege eines Vergleiches gerichtlich hätten protokollieren lassen wollen, was das AG indes unzulässigerweise abgelehnt habe.
II. Die zutreffenderweise aus eigenem Recht erhobene Beschwerde des selbst hinsichtlich der Vergütung nach § 45 RVG als beigeordneter Anwalt anspruchsberechtigten Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers, über die nach § 33 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 8 Satz 1 i.V.m. § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG der Einzelrichter des Beschwerdegerichts zu befinden hat, ist zulässig, da, wie insoweit nach § 33 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG vonnöten, der Wert des Beschwerdegegenstandes - der sich hier auf rund 225 EUR beläuft - 200 EUR übersteigt.
Das Rechtsmittel erweist sich indes in der Sache als unbegründet, da die Voraussetzungen für den Anfall einer Einigungsgebühr nach den Nrn. 1000, 1003 VV der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind.
Die grundsätzlich für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, nach Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 VV entstehende anderthalbfache Einigungsgebühr reduziert sich nach Nr. 1003 VV, sofern über den Gegenstand - wie hier - ein anderes gerichtliches Verfahren als ein selbständiges Beweisverfahren anhängig ist, auf den einfachen Satz und entsteht nach Abs. 2 der Vorschrift auch
in Kindschaftssachen ... für die Mitwirkung am Abschluss eines gerichtlich gebilligten Vergleichs nach § 156 Abs. 2 FamFG und an einer Vereinbarung, über deren Gegenstand nicht vertraglich verfügt werden kann, wenn hierdurch eine gerichtliche Entscheidung entbehrlich wird oder wenn die Entscheidung der getroffenen Vereinbarung folgt.
Ein gerichtlich gebilligter Vergleich nach § 156 Abs. 2 FamFG kann sich nach dem Wortlaut der Vorschrift nur auf den Umgang oder die Herausgabe eines Kindes beziehen, nicht aber auf eine sorgerechtliche Regelung (als Kindschaftssache i.S.d. § 151 Nr. 1 FamFG), auf deren einvernehmliche Regelung das Gericht nach § 156 Abs. 1 FamFG indes ebenfalls hinwirken soll. Bei einer das Sorgerecht betreffenden Vereinbarung handelt es sich mithin stets um einen Gegenstand, über den, wie auch aus § 1671 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB a.F. bzw. § 1671 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 BGB n.F. (ab dem 19.5.2013, BGBl. I, 795, 798) und der danach stets notwendigen gerichtlichen Entscheidung folgt, nicht vertraglich oder vergleichsweise verfügt werden kann. Eine gerichtliche Entscheidung wird dadurch auch nicht entbehrlich, sondern ist stets nach § 1671 BGB alter wie neuer Fassung geboten, hat aber, und damit erweist sich die letzte Alternative der vorstehend zitierten Regelung als einschlägig, der...