Leitsatz (amtlich)
1. Die Aufforderung, vor Beginn der Urlaubszeit an den Mehrwochenschein zu denken, stellt eine nach § 5 Abs. 1 des seit dem 1.1.2008 geltenden Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV) verstoßende Aufforderungswerbung dar.
2. Im Internet ist jegliche Werbung für Lotto verboten (§ 5 Abs. 3 GlüStV).
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Beschluss vom 30.07.2008; Aktenzeichen 5 O 1999/08) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Verfügungsklägerin wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des LG Oldenburg vom 30.7.2008 geändert.
Die Verfügungsbeklagte hat es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, bei Wettbewerbshandlungen auf dem Gebiet des Glücksspielwesens
a) Verbraucher unmittelbar zur Teilnahme an den Lotterien 6 aus 49, SUPER 6, Spiel 77 und/oder Glücksspirale aufzufordern, wie nachstehend wiedergegeben:
b) Im Internet die Lotterien 6 aus 49, SUPER 6, Spiel 77 und/oder Glücksspirale zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wie nachstehend wiedergegeben:
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Verfügungsbeklagte.
Gründe
I. Die Verfügungsklägerin hat von der Verfügungsbeklagten die Unterlassung der im Tenor dargestellten Werbung für die von der Verfügungsbeklagten veranstalteten Lottospiele unter Benutzung folgender jeweils neben einem bunten Bild von Liegestühlen am Rand eines Swimmingpools und kräftig blauem Himmel platzierten Anzeigentexte verlangt. Der rechts neben den Bildern auch auf der Homepage der Verfügungsbeklagten wiedergegebene Text mit anschließendem Link zum ausfüllungsfähigen Lottoschein lautet:
Sommer in Niedersachsen!
Endlich Ferien in Niedersachsen! Die Sonne lacht, das Fernweh ist groß. Denken Sie bei Ihren Reisevorbereitungen daran, vor dem Urlaub LOTTO zu spielen. Der Mehrwochenschein sorgt bis zu acht Wochen dafür, dass Sie während des Urlaubs Ihre Chance auf das große Glück wahren.
Zum Lottoschein
Die Verfügungsklägerin hat ihr Vorgehen gegen diese Anzeigen auf den wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkt eines Gesetzesverstoßes i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG gestützt. Die Gesetzesverletzung folgt nach Ansicht der Verfügungsklägerin aus deren - gegen § 5 Abs. 1 des seit dem 1.1.2008 geltenden Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (im Folgenden: GlüStV) verstoßenden - Aufforderungscharakter, hinsichtlich der Anzeige im Internet auch aus dem generellen Werbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV.
Das LG hat die Anträge zurückgewiesen. Es hat in den Anzeigentexten keine Werbung, sondern einen bloßen Hinweis auf das konkret angebotene Produkt bzw. die Leistung gesehen. Dies folge aus der auf S. 3 des angefochtenen Beschlusses wiedergegebenen Gesamtdarstellung der Internetseite der Verfügungsbeklagte, auf der der beanstandete Text sich ohne besondere Hervorhebung als Teil einer Mehrzahl von unbedenklichen Einzelinformationen darstellt.
Die gewählte Gestaltung sei zeitgemäß, nicht ungewöhnlich und nicht mehr als ein in Bezug auf die Regelungen des GlüStV unschädlicher redaktioneller Hinweis.
Gegen diese Entscheidung hat die Verfügungsklägerin frist- und formgerecht sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie ihre Verbotsanträge weiter verfolgt, die rechtlichen Ausführungen des LG beanstandet und ergänzend zur Sache vorträgt.
Die Verfügungsbeklagte ist dem entgegengetreten. Sie beantragt eine Zurückweisung des Rechtsmittels der Verfügungsklägerin und trägt in der Sache ergänzend vor. Außerdem vertritt sie die Ansicht, die beanstandete Werbung widerlege wegen der zeitlichen Bezugnahme in dem Werbetext auf den "Sommer in Niedersachen" im Sinne einer zeitlichen Einschränkung die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG.
Der Senat hat wegen des Bedarfs weiterer Sachaufklärung von der Möglichkeit einer mündlichen Verhandlung Gebrauch gemacht.
II. Die sofortige Beschwerde führt zur Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung. Das Rechtsmittel der Verfügungsklägerin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die Verbotsanträge sind zulässig (s.u. 1.) und sachlich begründet (s.u. 2.).
1. Die Verfügungsanträge sind zulässig. Die prozessualen Einwendungen der Verfügungsbeklagte stehen dem Erlass dieses Urteils nicht entgegen.
a) Der Einwand nicht hinreichender sachlicher Bestimmtheit der Verbotsanträge hat sich infolge der klarstellenden Erklärungen der Verfügungsklägerin in der Berufungsverhandlung erledigt.
b) Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG wird durch die werbetextliche Bezugnahme auf den "Sommer" in Niedersachsen nicht widerlegt. Allerdings ist der meteorologische Sommer seit dem 31.8. beendet. Der kalendarische Sommer wird am 21.9.2008 beendet. Welches der beiden vorgenannten Daten von Bedeutung hätte sein können, kann offen bleiben. Denn es kommt im Streitfall überhaupt nicht darauf an, ob irgendwelche Aktivitäten innerhalb eines Sommers zulässig sind.
Verboten werden sollte der Verfügungsbeklagten nach dem be...