Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Urteil vom 22.10.1974; Aktenzeichen 3 O 283/74) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 22.10.1974 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen geändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 482,63 DM nebst 13,25 % Zinsen für die Zeit vom 19.4. bis 31.12.1974 sowie nebst 12,75 % Zinsen seit dem 1.1.1975 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des ersten Rechtszuges werden der Klägerin zu 3/4 und der Beklagten zu 1/4 auferlegt. Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt ein Bauunternehmen. Ihre Arbeitnehmer s. und F. wurden am 28.1.1974 bei einem von dem Versicherungsnehmer S. Beklagten verschuldeten Verkehrsunfall verletzt. Ausweislich der vorgelegten ärztlichen Atteste waren S. bis zum 9.2.1974 und F. bis zum 12.2.1974 (jeweils einschließlich) arbeitsunfähig krank. Die Klägerin zahlte ihnen während dieser Zeit den Lohn fort und begehrt nunmehr von der Beklagten unter Hinweis auf § 4 Lohnfortzahlungsgesetz (LFG) Schadensersatz.
Die Parteien sind sich darüber einig, daß die Beklagte zum vollen Schadensersatz verpflichtet ist. Der Streit geht um die Höhe des Anspruchs und dabei vor allem um die Auslegung des § 4 LFG.
Die Klägerin hat ihren Schaden in erster Instanz auf 6.017,98 DM beziffert und diesen Betrag in einer Aufstellung vom 6.3.1974 wie folgt aufgegliedert:
S.:
120 |
Ausfallstunden á 13,75 DM (Akkordstundenlohn |
|
|
13,50 DM + Vermögensbildung 0,25 DM) |
1.650,– DM |
|
zuzüglich 68 % Unkostenanteil |
1.122,– DM |
120 |
Stunden Wintergeldausfall netto |
240,– DM |
F.:
96 |
Ausfallstunden á 13,75 DM = |
1.320,– DM |
|
zuzüglich 68 % Unkostenanteil |
897,60 DM |
96 |
Stunden Wintergeldausfall netto |
192,– DM |
|
|
5.421,60 DM |
|
+ 11 % Mehrwertsteuer |
596,38 DM |
|
|
6.017,98 DM |
Der Unkostenanteil von 68 % setzt sich nach einer von der Klägerin gefertigten weiteren Aufstellung zusammen aus einem Basislohn von 117,10 % (gegenüber den Lohnkosten einschließlich Arbeitgeberanteil zur Vermögensbildung, die 100 % darstellen) sowie aus den Zahlungen der Klägerin für die Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (14,15 % der Lohnkosten), an die Sozialkassen des Baugewerbes (Lohnausgleichskasse – LAK –, Urlaubskasse und Zusatzversorgungskasse – ZVK –; insgesamt 15 %), für die Winterbauförderung an die Bundesanstalt für Arbeit (4 %), für die Krankenversicherung der Schlechtwettergeldempfänger an die Bundesanstalt für Arbeit (0,55 %), für den Schwerbeschädigtenausgleich (0,56 %), an die Berufsgenossenschaft gem. § 723 RVO (4,3 %), für ihre Haftpflichtversicherung (0,8 %), für die Sommer-Schlechtwettergeld-Pauschale (2 %) und für freiwillige Sozialaufwendungen (2,5 %). Diese Beiträge ergeben – bezogen auf den Gesamtlohn – zusammen einen Prozentsatz von 43,86 %. Multipliziert mit dem Faktor 1,171 errechnet sich ein Prozentsatz von 51,36. Die Akkition von Basislohn (117,10 %) und Beitragsunkosten (51,36 %) ergibt bei einem Lohn von 100 % einen Unkostenanteil von 68,46 %.
Die Klägerin hat die Beklagte mit Schreiben vom 20.3.1974 zur Zahlung bis zum 5.4.1974 aufgefordert. Diesem Schreiben beigefügt war die Aufstellung vom 6.3.1974, nicht dagegen die weitere Aufstellung über die Zusammensetzung der Unkosten.
Am 19.4.1974 fanden Regulierungsverhandlungen statt. Die Beklagte zahlte per Verrechnungsscheck vom gleichen Tage, der am 22.4.1974 gutgeschrieben wurde, 3.860,86 DM. Weitere Zahlungen lehnte sie ab.
Die Klägerin hat vorgetragen:
Sie habe Aufwendungen in der genannten Höhe gehabt und nehme in Höhe der Klageforderung Bankkredit in Anspruch, den sie mit 13,5 % verzinsen müsse.
Sie hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.017,98 DM nebst 13,5 % Zinsen seit dem 5.4.1974 abzüglich am 22.4.1974 gezahlter 3.860,86 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Angaben der Klägerin über die Höhe des gezahlten Lohns und der Unkosten sowie hinsichtlich des Zinsanspruchs mit Nichtwissen bestritten, insbesondere die Berechtigung der Position über den Wintergeldausfall in Zweifel gezogen, und die Ansicht vertreten, die in der Unkostenaufstellung der Klägerin genannten Beiträge seien mit Ausnahme der Zahlungen für die Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung nicht erstattungsfähig.
Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück hat die Klage durch Urteil vom 22.10.1974 abgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Mit Ausnahme der Leistungen zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung seien die von der Klägerin aufgewendeten Beiträge nicht übergangsfähig im Sinne des § 4 LFG. Mit ihrer Zahlung von 3.860,86 DM habe die Beklagte den auf die Klägerin übergegangenen Ersatzanspruch befriedigt. Auf das Urteil im übrigen wird verwiesen.
Gegen dieses ihr am 30.10.1974 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29.11.1974 Berufung eingelegt, die sie nac...