Verfahrensgang
LG Neubrandenburg (Urteil vom 04.05.1999; Aktenzeichen 4/7 O 331/98) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am04.05.1999 verkündeteGrundurteil des Einzelrichters der 4 Zivilkammer des Landgerichts Neubrandenburg – Az.: 4/7 O 331/98 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Es beschwert den Beklagten im Wert von DM 14.634,99.
Tatbestand
I.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht eine schadensrechtliche Verantwortung des Beklagten aus § 823 Abs. 1 BGB festgestellt; ihn trifft der Vorwurf der Fahrlässigkeit.
1. Die Haftung des Beklagten ist nicht auf seine eigenübliche Sorgfalt beschränkt. § 708 BGB, der auch die Deliktshaftung beschränkt (Ulmer, in: Münchener Kommentar, BGB, 3. Aufl., § 708 Rn. 4), ist unanwendbar. Der über die Garage geschlossene Untermietvertrag verband die Parteien und den Bruder des Klägers nicht zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Ihrer Verbindung fehlt das wesentliche Element der Gesellschaft, die Vergemeinschaftung des Zwecks. Diese wird durch die vertragliche Festlegung auf die Förderung des mit dem Zusammenschluß verfolgten Zwecks bewirkt und unterscheidet ihn dadurch von den bloß gleichgerichteten, nicht zum Gegenstand rechtsgeschäftlicher Bindungen gemachten Interessen der Beteiligten (Ulmer, a.a.O., § 705 Rn. 115).
Daß die Mieter der Garage einen derartigen gemeinsamen Zweck verfolgt haben, ist nicht erkennbar. Die der Anmietung zugrundeliegende Absicht, ihre Motorräder dort abzustellen und zu reparieren, war lediglich ein bei ihnen allseits vorhandenes, auf das Gleiche gerichtetes Interesse. Wenngleich das gemeinschaftliche Halten und Verwalten einer beweglichen oder unbeweglichen Sache eine Gesellschaft begründen kann (KG, NJW-RR 1992, 1490), bildet die Mehrheit von Mietern eine solche nur dann, wenn die Voraussetzungen des § 705 BGB erfüllt sind (Weidenkaff, in: Palandt, BGB, 60. Aufl., § 535 Rn. 6). Bei Wohngemeinschaften ist dies in der Regel deshalb anzunehmen, weil die beteiligten Mitmieter den gemeinschaftlichen Zweck verfolgen, das Zusammenleben in der gemeinsam gemieteten Wohnung zu ermöglichen (LG Saarbrücken, NJW-RR 1992, 781 [782]; LG München II, NJW-RR 1993, 334).
Ein vergleichbarer Gemeinschaftszweck ergibt sich hier nicht aus der Art der Garagennutzung. Unstreitig arbeiteten die Parteien und der Bruder des Klägers jeweils für sich allein am eigenen Motorad. Sie verfolgten also ausschließlich eigene Zwecke.
2. Der Beklagte hat beim Abbocken des Motorrades die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB). Bei gehöriger Sorgfalt hätte er den Eintritt des schädlichen Erfolges voraussehen und verhindern können. Von ihm war das Maß an Umsicht und Sorgfalt zu verlangen, das nach dem Urteil besonnener und gewissenhafter Angehöriger des in Betracht kommenden Verkehrskreises zu beachten ist (vgl. BGH, NJW 1972, 151). Maßgebend ist hier also die Sorgfalt eines sachgemäß handelnden Motorradfahrers. Dieser hätte bedacht, daß ein Abbocken des Motorrades in Hockstellung gefahrenträchtig ist, und wäre anders vorgegangen.
Entgegen dem in der Berufungsbegründung vermittelten Eindruck war das Unfallgeschehen kein übliches Abbocken eines Motorrades, welches eine besondere Aufmerksamkeit nicht verlangt. Beim gewöhlichen Abbocken sitzt der Fahrer auf dem Krad und zieht mit dem linken Fuß den Seitenständer ein oder er rollt es nach vorn vom Hauptständer herunter. Das Krad hält er dabei mit den Oberschenkeln sicher im Gleichgewicht.
Das Mißgeschick des Beklagten ereignete sich in einer anderen Situation. Dieser hockte seitlich neben dem Motorrad und mußte nach Entriegelung des Montageständers das Gewicht von über 200 kg allein durch Druck- und Zugbewegungen der Arme abfangen. Dies war zusätzlich dadurch erschwert, daß sich – wie der Beklagte eingeräumt hat – das Motorrad beim Lösen des Montageständers senkte und dadurch in Bewegung geriet.
Ein besonnener Motorradfahrer hätte nicht darauf vertraut, er werde diese Situation in Hockstellung sicher meistern. Er hätte sich der – dem Beklagten zur Verfügung stehenden – Hilfe Dritter bedient, zumindest aber den Entriegelungsvorgang in einer stabilen Körperhaltung und nicht auf zwei wackeligen Füßen durchgeführt. Einen sichereren Stand hätte der Beklagte schon dadurch erreicht, daß er sich auf einem Knie abstützte. In diesem Fall hätte er unstreitig nicht das Gleichgewicht verloren.
Der Eintritt des schädigenden Erfolges war für einen besonnenen Motorradfahrer vorhersehbar. Mit dem Verlust des Gleichgewichts realisierte sich in der Situation des Beklagten keine ganz fernliegende Möglichkeit. Daß ihm vor dem Unfall das Abbocken in Hockstellung stets gelungen war, ist unerheblich. Für die zivilrechtliche Fahrlässigkeitshaftung gilt der objektiv-abstrakte Sorgfaltsmaß...