Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an die Begründung einer Zustimmungsentscheidung der Strafvollstreckungskammer im Bereich der Zwangsbehandlung nach § 8 Abs. 5 UBG.
Verfahrensgang
LG Ravensburg (Entscheidung vom 09.08.2013; Aktenzeichen 8 StVK 140/13) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - Ravensburg vom 9. August 2013 mit den Feststellungen
a u f g e h o b e n.
Die Sache wird zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels an die Strafvollstreckungskammer
z u r ü c k v e r w i e s e n.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Landgerichts ... zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, zusätzlich wurde seine Unterbringung im Maßregelvollzug nach § 63 StGB angeordnet.
Mit der angefochtenen Entscheidung vom 9. August 2013 erteilte das Landgericht - Strafvollstreckungskammer - Ravensburg auf Antrag der Maßregelvollzugseinrichtung vom 29. Juli 2013 die Zustimmung nach § 8 Abs. 5 Satz 1 Unterbringungsgesetz Baden-Württemberg (in der Neufassung vom 2. Juli 2013, gültig seit 12. Juli 2013; im Folgenden: UBG) zur Behandlung des Beschwerdeführers mit näher bezeichneten Medikamenten. Die Zustimmung wurde für den Zeitraum von sechs Monaten ab Rechtskraft der Entscheidung erteilt.
Die Rechtsmittelbelehrung der Strafvollstreckungskammer wies auf die Möglichkeit einer Beschwerde, die binnen einer Frist von einem Monat ab Zustellung des Beschlusses schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingehen müsse, hin. Die Beschwerde sei von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen (§§ 63, 64 FamFG).
Dieser Beschluss wurde der Bevollmächtigten des Beschwerdeführers am 12. August 2013 zugestellt. Am 14. August ging eine Beschwerde beim Landgericht ein, die mit Anwaltsschriftsatz vom 12. September 2013, eingegangen beim Landgericht an diesem Tag, begründet wurde. Dabei wurde u a. vorgetragen, die beantragte Zwangsmedikation sei zu Unrecht befürwortet worden, der Beschluss des Landgerichts sei aufzuheben. In der Vergangenheit sei durch eine Behandlung mit Medikamenten eine Verhaltensänderung des Beschwerdeführers lediglich im Umgang mit Mitarbeiter und Patienten zu verzeichnen gewesen, es habe sich aber nichts daran geändert, dass der Untergebrachte davon ausgehe, dass ihm über Jahre hinweg Unrecht angetan worden sei, und dass er weiterhin am Verfahren beteiligte Richter und Staatsanwälte eines Komplotts gegen seine Person bezichtige. Daher könne eine Zwangsmedikation mit einer Wiederherstellung der freien Selbstbestimmung nicht begründet werden. Als mildere Maßnahme sei die Isolierung in der Isolationszelle zu ergreifen. Diese Maßnahme sei zwar unbequemer für die Behandler des ZfP, aber auch nach dem Empfinden des Untergebrachten das "mildere Maß". Gefährdungen des Personals oder von Mitpatienten seien bei einer konsequenten Isolation nicht zu befürchten, da es zu keinen körperlichen Kontakten kommen könne. Ebenso werde der Beschwerdeführer in der Isolationszelle über keine Gegenstände verfügen können, die gefährlich werden könnten.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig; sie hat mit der Sachrüge zumindest vorläufigen Erfolg.
1.
a) Das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt. Statthaftes Rechtsmittel gegen die Erteilung einer Zustimmung zu einer zwangsweisen ärztlichen Behandlung nach § 8 Abs. 5 UBG durch die Strafvollstreckungskammer bezüglich eines Patienten, der auf Grund einer rechtskräftigen strafrechtlichen Entscheidung in einem psychiatrischen Krankenhaus in Baden-Württemberg zum Vollzug einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach § 63 StGB untergebracht ist, ist die Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht nach §§ 116 bis 119 StVollzG (s. Beschluss des Senats vom 10. Oktober 2013 - 4a Ws 207/13 (V); zur Veröffentlichung vorgesehen).
Auch wenn die Strafvollstreckungskammer eine inhaltlich falsche Rechtsmittelbelehrung erteilt hat, wurde hier dennoch innerhalb der Frist des § 118 Abs.1 Satz 1 StVollzG Beschwerde durch eine Rechtsanwältin eingelegt und diese rechtzeitig begründet. Die falsche Bezeichnung als "Beschwerde" schadet dabei nicht (s. § 300 StPO).
b) Es wurde die Sachrüge erhoben. Eine (Rechts-)Beschwerdebegründung ist der Auslegung fähig. Maßgebend ist die wirkliche rechtliche Bedeutung des Angriffs des Rechtsmittels wie er aus Sinn und Zweck des Vorbringens entnommen werden kann. Eine Bezeichnung der angeblich verletzten Vorschriften ist nicht erforderlich, selbst eine unrichtige Bezeichnung wäre unschädlich. Hier kann dem anwaltlichen Vortrag ausreichend entnommen werden, dass die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses in sachlich-rechtlicher Hinsicht begehrt und seine Aufhebung insgesamt erstrebt wird.
Da der Beschluss samt den Feststellungen schon auf die Sachrüge hin aufzuheben ist (s. unten 2.), bedarf es keiner Prüfung, ob dem Betroffenen wegen der falschen Rechtsmittelbelehrung Wiedereinsetzung zur Anbringung von Verfahrensrügen zu gewähren ist.
c) Es i...