Entscheidungsstichwort (Thema)
Familiensache. Trennungsunterhalt. Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Bemessung des Trennungsunterhalts nach österreichischem Recht.
2. Werden die ehelichen Lebensverhältnisse auch durch Zusatzeinkünfte aus selbständiger Tätigkeit geprägt, so ist deren Bezieher ein angemessener Abzug für Altersvorsorgeaufwendungen sowie ein Bonus für Erwerbsanreiz zuzugestehen, der den üblichen Bonus für das Haupterwerbseinkommen übersteigt.
3. Kosten des Umgangs mit dem gemeinsamen Kind stellen regelmäßig keine außergewöhnliche Belastung dar, die dem unterhaltsberechtigten betreuenden Elternteil leistungsmindernd entgegengehalten werden kann. Das gilt auch für überdurchschnittlich hohe Kosten, sofern diesen ein überdurchschnittlich hohes Einkommen gegenübersteht.
Konkurrieren Ansprüche mehrerer Unterhaltsberechtigter, die sich nach verschiedenen Rechtsordnungen richten, welche die Frage nach Vor-, Gleich- oder Nachrang unterschiedlich lösen, so setzt sich bei der Prüfung des Rangverhältnisses diejenige Rechtsordnung durch, für die nach sachlich-rechtlichen Bewertungskriterien die besseren Gründe sprechen, wobei besonders zu beachten ist, ob die Beteiligten mit einer von ihnen gemeinsam am engsten verbunden sind.
Verfahrensgang
AG Kirchheim/Teck (Aktenzeichen 1 F 126/97) |
Tenor
Der Klägerin wird für das Berufungsverfahren im nachstehenden Umfang Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt … beigeordnet:
- zur Rechtsverteidigung gegen die Berufung des Beklagten,
- für die beabsichtigte Anschlußberufung gegen Ziffer 2 des angefochtenen Urteils insoweit, als sie eine Erhöhung der zugesprochenen Unterhaltsrente auf monatlich 1.120,00 DM für die Zeit ab 01.06.1999 erstrebt.
Ihr weitergehender Prozeßkostenhilfeantrag wird abgewiesen.
Gründe
I.
Die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die Rechtsverteidigung gegen die Berufung des Beklagten beruht auf § 119 Satz 2 ZPO.
II.
Für die eigene (selbständige) Anschlußberufung kann der Klägerin nur in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Prozeßkostenhilfe bewilligt werden, weil ihre weitergehende Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht.
1. Gemäß Artikel 18 Abs. 1 EGBGB beurteilen sich die unterhaltsrechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien während der Trennungszeit nach dem Sachrecht am jeweiligen gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten. Da die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Laufe des Anspruchszeitraums von Deutschland nach Österreich verlegt hat, findet bis einschließlich Juli 1997 deutsches, danach österreichisches Sachrecht Anwendung. Das anwendbare Recht bestimmt insbesondere auch das Maß des Unterhalts (Artikel 18 Abs. 6 Nr. 1 EGBGB).
2. Nach deutschem Recht beruht der Anspruch der Klägerin auf § 1361 BGB. Hiernach kann sie den nach den ehelichen Lebensverhältnissen angemessenen Unterhalt verlangen; auf eine eigene Erwerbstätigkeit kann sie nur verwiesen werden, wenn dies von ihr nach ihren persönlichen Verhältnissen und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann.
Da sie während des gemeinsamen Zusammenlebens nicht erwerbstätig war, die Familie vielmehr alleine vom Erwerbseinkommen des Beklagten und von ihren Pensionseinkünften gelebt hat, und da sie auch nach der Trennung noch die gemeinsame, im Jahr 1993 geborene Tochter betreut, kann eine Erwerbstätigkeit von ihr nicht erwartet werden.
Die ehelichen Lebensverhältnisse waren geprägt durch die Einkünfte des Beklagten aus nicht selbständiger Tätigkeit als Professor an der Fachhochschule, Zusatzeinkünfte des Beklagten aus selbständiger Tätigkeit und durch die Pensionsbezüge der Klägerin. Letztere beliefen sich nach Abzug von Steuern, Kirchenbeitrag und Sozialversicherungsbeiträgen auf rund 150.000 Schilling jährlich, das sind monatlich umgerechnet rund 1.780,00 DM, wie vom Familiengericht zutreffend angenommen. Soweit ihr Verfahrensbevollmächtigter einen geringeren Betrag errechnet, hat er den „Lohnzetteln” Abzüge entnommen, die nur für die Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens, nicht des effektiven Nettoeinkommens zu berücksichtigen sind.
Abzüge für Wohnkosten sind hiervon nicht zu machen. Die Wohnkosten rechnen vielmehr zum allgemeinen Lebensbedarf, der aus dem Gesamteinkommen zu bestreiten ist. Wenn die Parteien während der Ehe zwei oder gar drei Wohnungen nebeneinander gehalten und entsprechend hohe Kosten für den Wohnbedarf aufgebracht haben, ist offensichtlich, daß für den Unterhaltsbedarf im übrigen entsprechend weniger bleibt. Diese Einbuße geht aber gleichmäßig zu Lasten beider Parteien. Die Berechnung der Klägerin läuft darauf hinaus, daß ihr die Wohnkosten zusätzlich zum eheangemessenen Bedarf zur Verfügung gestellt werden, während der Beklagte seine Wohnkosten aus eben diesem Bedarf bestreiten müßte. Dies widerspricht dem Halbteilungsgrundsatz.
Auf Seiten des Beklagten sind zunächst seine Bezüge aus der Tätigkeit als ordentlicher Professor in die Unterhalt...