Leitsatz (amtlich)
Zur Frage einer Haftung des Luftfrachtführers bei Brand im Zollager (Flughafen Istanbul) bei vorliegen einer Unbedenklichkeitsbescheinigung der Feuerwehr und behördlicher Betriebsgenehmigung.
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 17.12.2008; Aktenzeichen 39 O 53/08 KfH) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Stuttgart vom 17.12.2008 - 39 O 53/2008 KfH, wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Klägerin.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert der Berufungsinstanz: 21.735 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte im Regressweg auf Schadensersatz aus einer Beförderung von Werkzeugen in Anspruch.
Die Klägerin ist führender Transportversicherer der Firma ... GmbH & Co. KG mit Sitz in ... (im Folgenden: Versicherungsnehmerin). Neben der Klägerin, die einen Versicherungsanteil von 60 % trägt, sind nach dem bestrittenen Vortrag der Klägerin die ... AG und die ... zu jeweils 20 % an dieser Versicherung beteiligt.
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte mit der Beförderung von zwei Sendungen mit diversen Werkzeugen, bestehend aus einer ersten Sendung aus drei Packstücken mit einem Bruttogewicht von 244,8 kg und einem Warenwert von 28.427,55 EUR und einer zweiten Sendung aus fünf Packstücken mit einem Bruttogewicht von 560 kg und einem Warenwert von 42.502,74 EUR, im Wege der Luftfracht von ihrem Sitz in ... zu ihrem Schwesterunternehmen, der Firma ... A. S., nach Istanbul.
Dem Beförderungsauftrag lag jeweils ein Generalangebot zugrunde, welches die Beklagte der Versicherungsnehmerin zu einem früheren Zeitpunkt gemacht hatte und in dem die Beklagte Güterversendungen per Luftfracht zum Preis von 1,20 EUR pro kg angeboten hatte.
In den beiden Versandaufträgen der Versicherungsnehmerin an die Beklagte vom 15.5.2006 (Anlage K 1, Blatt 16 d.A.) bzw. 22.5.2006 (Anlage K8, Blatt 27 d.A.) ist in der Rubrik "Frankaturvermerk" vermerkt: "CFR".
Die Beklagte stellte für beide Lieferungen jeweils einen Luftfrachtbrief ("Air Waybill") vom 15.5.2006 (Anlage K 7, Blatt 26 d.A.) bzw. 22.5.2006 (Anlage K 14, Blatt 38 d.A.) aus. Aus den Luftfrachtbriefen ergibt sich, dass die Luftbeförderung durch die Streithelferin durchgeführt werden sollte.
Ebenfalls am 15.5.2006 (Anlage K 21, Blatt 129) bzw. 22.5.2006 (Anlage K 22, Blatt 128 d.A.) stellte die Beklagte der Versicherungsnehmerin die Beförderungen in Rechnung. Neben der Luftfracht, die mit 1,20 EUR pro kg berechnet ist, sind jeweils die Positionen "AWB-Gebühr", "Abfertigung", "Treibstoffzuschlag", "Security-Surcharge" und "Vorfracht" in Rechnung gestellt.
Die Sendungen wurden der Beklagten von der Versicherungsnehmerin jeweils übergeben, sind bei der Empfängerin jedoch nicht angekommen.
Nach Abzug eines Selbstbehalts i.H.v. 500 EUR zahlte die Versicherungsmaklerin, die Firma ... GmbH, auf Veranlassung der Klägerin an die Versicherungsnehmerin 70.430,29 EUR.
Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung von 70.930,29 EUR in Anspruch genommen. Nach den Bestimmungen der Versicherungspolice sei sie als führender Versicherer berechtigt, im eigenen Namen den Regress im Klagewege geltend zu machen.
Die Beklagte sei ggü. der Versicherungsnehmerin Luftfrachtführerin, da sie die Beförderung von Gütern als eigene Leistung versprochen habe. Die Streithelferin sei nicht Vertragspartnerin der Versicherungsnehmerin, da sie - die Streithelferin - von der Beklagten nicht im Namen der Versicherungsnehmerin, sondern im eigenen Namen mit der Durchführung der Luftbeförderung beauftragt worden sei. Aber selbst wenn das Vertragsverhältnis zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten als Speditionsvertrag zu werten sei, liege eine Fixkostenspedition vor, so dass auch insoweit die Beklagte nach Frachtrecht für den Verlust der Waren hafte.
Die Klägerin und die anderen beiden Versicherungen seien beim vorliegenden Schadensfall auch eintrittspflichtig gewesen, da nach der Versicherungspolice bei Transporten zwischen den einzelnen Firmen des ... Firmenverbandes eine Eintrittspflicht ohne Rücksicht auf die Gefahrtragung und/oder die Lieferkonditionen bestehe. Die teilweise Zahlung des Kaufpreises durch die Empfängerin sei allein deshalb erfolgt, weil die Klägerin für die in Verlust geratenen Sendungen zu einem späteren Zeitpunkt Nachlieferungen veranlasst habe.
Das Vorbringen der Beklagten, die beiden Sendungen seien im Zolllager bzw. in einer Lagerhalle des "handling agent" der Streitverkündeten, der Firma ... A. S., auf dem Flughafen Istanbul aufgrund eines Brandes untergegangen, lasse die Haftung für die noch in der Obhut der Beklagten untergegangenen Waren nicht entfallen. Ein Nachweis für die Einlagerung und...