Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten
Leitsatz (amtlich)
1. Das Verwaltungsgericht verletzt seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht, wenn ein in der mündlichen Verhandlung – wie hier – rechtskundig vertretener Beteiligter dort keine konkreten Beweisanträge zu dem jeweiligen Tatsachenvorbringen gestellt hat. Die Aufklärungsrüge im Berufungszulassungsverfahren dient nicht dazu, solche Beweisanträge zu ersetzen. Gleiches gilt für Ankündigungen von Beweisanträgen oder Beweisersuchen in die mündliche Verhandlung vorbereitenden Schriftsätzen.
2. Die spezielle Vorgabe eines zulässigen maximalen Neigungsverhältnisses für zu Nachbargrenzen orientierten Geländeaufschüttungen in § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 11 LBO 2004 lässt es nicht zu, bei Beachtung dieser Maßvorgabe gebäudegleiche Wirkungen einer Aufschüttung im Sinne des § 7 Abs. 7 LBO 2004 und unter Verweis hierauf weitergehende Abstandserfordernisse anzunehmen. Das entspricht auch dem Willen des Landesgesetzgebers, der die “Liberalisierung” des Abstandserfordernisses in § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 11 LBO 2004 in Reaktion auf die Rechtsprechung des Senats normiert hat, wonach – bis dahin – größere selbständige Geländeanschüttungen mit gebäudegleichen Wirkungen (damals § 6 Abs. 8 LBO 1996) die vollen Abstandsflächen bezogen auf den Böschungsfuß einhalten mussten.
3. Bei den Vorschriften des Saarländischen Nachbarrechtsgesetzes (SNRG) handelt es sich um das private Nachbarrecht der §§ 903 ff. BGB ergänzende Bestimmungen, die vom Landesgesetzgeber auf der Grundlage des Art. 124 EGBGB erlassen wurden und deren Einhaltung oder Nichteinhaltung daher im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Baunachbarstreits keine Bedeutung erlangt. Die dem deutschen Baunachbarrecht zugrunde liegende und auch für die Rechtswegfrage bedeutsame Trennung von Privat- und öffentlichem Recht lässt sich in dem Zusammenhang nicht dadurch “umgehen”, dass im Falle der Nichteinhaltung der zivilrechtlichen Anforderungen des saarländischen Nachbarrechts gewissermaßen automatisch auf eine Verletzung des öffentlich-rechtlichen Rücksichtnahmegebotes geschlossen werden könnte oder gar müsste.
4. In eng begrenzten Ausnahmefällen können sich öffentlich-rechtliche Abwehransprüche eines Nachbarn im Zusammenhang mit der Ableitung oder Führung von Abwässern, auch oberflächig abfließenden Niederschlagswässern – inhaltlich begrenzt auf einen Ausschluss dieser Auswirkungen – aus dem § 14 Satz 1 LBO 2004 ergeben.
5. Unterirdisch verlegte “Erdkabel” (Erdwärmekollektoren) unterliegen keinem Grenzabstandserfordernis nach den §§ 7 und 8 LBO 2004. Das sich mit Blick auf die Baugrundstücksbezogenheit des Freihaltegebots in § 7 Abs. 2 Satz 1 LBO 2004 ergebende Abstandserfordernis zu Nachbargrenzen betrifft primär nur Gebäude beziehungsweise Gebäudeteile und gilt zudem von vorneherein nicht für unterirdische Anlagen beziehungsweise Anlagenteile.
Normenkette
EGBGB Art. 124; VwGO § 86 Abs. 1, § 124 Abs. 1-2, § 124a Abs. 4, 5 S. 2; LBO 1996 § 6 Abs. 8; LBO 2004 § 7 Abs. 2 S. 1, Abs. 7, § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 11, § 14 S. 1, § 61 Abs. 1 Nr. 11h)
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 24. Februar 2010 – 5 K 325/09 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Der Streitwert wird für das Berufungszulassungsverfahren auf 7.500,- EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Kläger ist Eigentümer des an der H…straße in A…-Stadt gelegenen, mit einem Gartenhaus bebauten Grundstücks Parzelle Nr. 451/1 in Flur 2 der Gemarkung S… Er verlangte in der Vergangenheit unter verschiedenen Gesichtspunkten ein bauaufsichtsbehördliches Einschreiten des Beklagten gegenüber den Beigeladenen. Diese sind Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten linksseitigen Nachbargrundstücks (Parzellen Nrn. 448, 449, 550/1 und 397/65). Die vom Januar 2006 datierende Baugenehmigung (vgl. den Bauschein des Beklagten vom 23.1.2006 – 00689-05-05 –) für dieses Wohngebäude mit Doppelgarage hatte der Kläger erfolglos angefochten. (vgl. insoweit VG des Saarlandes, Urteil vom 14.3.2007 – 5 K 82/06 –, OVG des Saarlandes, Beschluss vom 31.5.2007 – 2 A 189/07)
Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger beim Verwaltungsgericht beantragt, den Beklagten zu verpflichten, den Beigeladenen aufzugeben, zum einen innerhalb des “Bauwichs” von 3 m entlang der Grenze zu seinem Grundstück verlegte Wärmekabel (Erdkollektoren) zu entfernen und zum anderen eine hinter der Garage der Beigeladenen zur Grenze seines Grundstücks erfolgte Aufschüttung von über 1 m zu entfernen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach Durchführung einer Ortseinsicht durch Urteil vom 24.2.2010 abgewiesen. In der Begründung ist ausgeführt, die Klage sei wegen Fehlens des insoweit erforderlichen Verwaltungsantrags bereits unzulässig. Die Durchführung eines Vorverfahrens sei zwingende Voraussetzung der Verpflichtungsklage. Ein solches habe...