Entscheidungsstichwort (Thema)
Neubekanntmachung einer Naturschutzverordnung nach Behebung eines formellen Mangels. Teilunwirksamkeit einer Naturschutzverordnung. Eigentumsrechtliche Konsequenzen der Situationsgebundenheit von Grundstücken mit naturschutzfachlicher Bedeutung
Leitsatz (amtlich)
1. Soll eine bereits veröffentlichte Naturschutzverordnung nach Behebung eines formellen Mangels neu bekannt gemacht werden, so bedarf es vorab auch im Falle textlicher Veränderungen keines erneuten Anhörungsverfahrens, wenn die Neufassung inhaltlich keine wesentlichen Änderungen enthält; wesentlich ist eine Änderung, durch die die Belange der Grundstückseigentümer anders oder stärker als zunächst vorgesehen berührt werden.
2. Wird ein Grundstück in ein Naturschutzgebiet einbezogen, obwohl es aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Unterschutzstellung nicht erfüllt, so führt dies nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Naturschutzverordnung, wenn der übrige Verordnungsinhalt mit der nichtigen Unterschutzstellung in keinem untrennbaren Regelungszusammenhang steht und auch für sich betrachtet noch einen sinnvollen Naturschutz gewährleistet.
Normenkette
VwGO § 47 Abs. 1 Nr. 2; AGVwGO § 18; NSchVO §§ 4, 3 Abs. 1, 3, 5, § 6 Nr. 3, §§ 5, 2, 1; SNG n.F. § 50; SNG a.F. § 34 Abs. 2; GG Art. 20a; GG § 14 Abs. 1 S. 2, Abs. 3
Tenor
Die Naturschutzverordnung „Täler der Ill und ihrer Nebenbäche” vom 1. Februar 2005 wird insoweit für unwirksam erklärt, als von ihr ein Teil des Grundstücks Gemarkung A-Stadt, Flur 5, Parzelle Nr. 266/99, erfasst wird.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Von den Verfahrenskosten fallen
je 0,9 Prozent dem Antragsteller C. und den für ihren Kostenanteil gesamtschuldnerisch haftenden Eheleuten M.,
1,8 Prozent der Antragstellerin AG.,
je 3,6 Prozent der Antragstellerin A., den für ihren Kostenanteil gesamtschuldnerisch haftenden Eheleuten G. und den für ihren Anteil ebenfalls gesamtschuldnerisch haftenden Eheleuten W.,
je 5,5 Prozent den Antragstellern E. und U.,
je 9,1 Prozent der K. und der AE., wobei die Mitglieder der jeweiligen Erbengemeinschaften für den auf diese entfallenden Kostenanteil gesamtschuldnerisch haften,
und jeweils 22,7 Prozent den Eheleuten Q. und den Eheleuten AA., die für die jeweils auf sie entfallenden Kostenanteile gesamtschuldnerisch haften,
zur Last.
Die verbleibenden 11 Prozent der Verfahrenskosten hat der Antragsgegner zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gültigkeit der Verordnung über das Naturschutzgebiet Täler der Ill und ihrer Nebenbäche vom 1.2.2005 – NSchVO –. (Amtsbl. S. 330)
Dem Erlass dieser Verordnung vorausgegangen war die am 7.11.1990 erfolgte Gründung des Zweckverbandes „Ill-Renaturierung”, bestehend aus den Anliegergemeinden der Ill (Marpingen, Merchweiler, A-Stadt und U-Stadt) sowie der Naturlandstiftung Saar. Auf Antrag des Zweckverbandes vom 15.10.1991, das Naturschutzprogramm „Ill-Renaturierung” in das Bundesförderungsprogramm „Errichtung und Sicherung schutzwürdiger Teile von Natur und Landschaft mit gesamtstaatlicher repräsentativer Bedeutung – Gewässerrandstreifenprogramm” aufzunehmen, bewilligte der Bundesumweltminister bei einem Gesamtvolumen von ca. 38 Millionen DM eine 75%ige Anteilsfinanzierung des Projekts unter der Auflage, das Kerngebiet des Projekts als Naturschutzgebiet auszuweisen.
Nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 NSchVO umfasst die Naturschutzverordnung ein insgesamt ca. 1.045 ha großes, aus zahlreichen einzeln gelegenen Landschaftsteilen bestehendes, in fünf Übersichtskarten dargestelltes Gebiet, das sich zusammensetzt aus den Talflächen und teilweise den angrenzenden Hangflächen sämtlicher Bäche des Ill-Systems außerhalb der engeren Ortsbebauung und sich bei unbebauten, ausgedehnten Bachauen bis in die Ortslagen fortsetzt. Nach § 2 Abs. 1 und 2 NSchVO dient das Naturschutzgebiet der Umsetzung des europäischen Schutzgebietssystems Natura 2000 (Entscheidung der Europäischen Kommission vom 7.12.2004, Amtsblatt der Europäischen Union vom 28.12.2004, L 382/1) durch Unterschutzstellung des Lebensraums insbesondere der in Abs. 2 Satz 2 aufgeführten, in den Bachauen der Ill und den angrenzenden Hangflächen heimischen Tier- und Pflanzenarten vor nachteiligen Veränderungen. Die Bachauen der Ill und die angrenzenden Hangflächen sollen auch als Naturerbe für die Menschen geschützt werden. Ein durchgängiges System unbelasteter Bäche mit Raum für ausgedehnte Überflutungsflächen und die Entfaltung der natürlichen Gewässerdynamik sowie natürlicher Prozesse der Biotopentwicklung soll erhalten und entwickelt werden. Zur Erreichung dieser Ziele sind nach § 3 Abs. 1 NSchVO unter exemplarischer Aufführung einzelner unzulässiger Handlungen alle Maßnahmen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder nachhaltigen Störung des Naturschutzgebietes oder seiner Bestandteile führen oder dem in § 2 beschriebenen Schutzzweck w...