Leitsatz
Um die umfassende Wahrnehmung seiner Kontrollrechte sicherzustellen, hat ein Miterbe grds. gem. § 2215 Abs. 1 BGB auch vor Auseinandersetzung gegen den ihm allein vorstehenden Testamentsvollstrecker einen Anspruch auf Erstellung eines umfassenden Nachlassverzeichnisses. Hat ein Miterbe bereits ein Nachlassverzeichnis bei Gericht eingereicht, das den Anforderungen des § 2215 Abs. 1 BGB genügt, stellt es keine grobe Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers dar, wenn er kein gesondertes Verzeichnis erstellt.
Sachverhalt
Die Beteiligten zu 1) und 4) sind Enkel der Erblasserin, die Beteiligten zu 2), 3) und 5) deren Kinder. Die Beteiligten zu 1) bis 4) wurden zu Miterben eingesetzt, der Beteiligte zu 5) zum Testamentsvollstrecker für den Beteiligten zu 1). Er selbst hatte noch vor dem Tode der Erblasserin von dieser ein wertvolles Hausgrundstück und einen erheblichen Geldbetrag geschenkt bekommen. Im Rahmen seines Amtes oblag es ihm u.a. dafür zu sorgen, dass der Beteiligte zu 1) ein angemessenes monatliches Taschengeld erhält. Die Beteiligten zu 1) bis 4) begehren die Entlassung des Beteiligten zu 5) aus seinem Amt.
Entscheidung
Die zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet. Zwar kann nach § 2227 Abs. 1 BGB ein auf Tatsachen beruhendes Misstrauen eines Beteiligten, aber auch ein erheblicher Interessengegensatz zwischen Testamtsvollstrecker und Erben, zu der Entlassung des Testamentsvollstreckers führen. Jedoch setzt die Testamentsvollstreckung kein Vertrauensverhältnis voraus, da dieser in erster Linie die Belange des Erblassers zu vertreten hat.
Nachdem die Testamentvollstreckung vorliegend nur über den Erbteil des Beteiligten zu 1) angeordnet wurde, kann der Testamentsvollstrecker auch nur die Verwaltungsrechte ausüben, die einem Miterben zustehen. Er ist nur dazu befugt, die Auseinandersetzung zu betreiben, § 2042 BGB. Schwerwiegende Verfehlungen hinsichtlich der ihm obliegenden Verwaltung des ungeteilten Nachlasses sind dem Beteiligten zu 5) nicht vorzuwerfen.
Da eine Teilung der Früchte des Nachlasses gem. § 2038 Abs. 2 S. 2 BGB erst bei Auseinandersetzung erfolgt, oblag es dem Beteiligten zu 5), vor diesem Ereignis nicht allein darüber zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ein Taschengeld an den Beteiligten zu 1) ausgezahlt wird. Dass der Beteiligte zu 5) sich nicht mit Nachdruck dafür eingesetzt hat, dass die testamentarisch festgelegten Zahlungen an den Beteiligten zu 1) erfolgen, ist ihm zwar vorzuwerfen, ist aber nach Würdigung der Gesamtumstände nicht beachtlich, da der Beteiligte zu 1) nicht für seinen Lebensunterhalt auf diese Gelder angewiesen war. Grundsätzlich kann er sich nicht darauf berufen, dass der allein die Verwaltung führende Beteiligte zu 3) ihm die zur Berechnung der Zahlungshöhe erforderlichen Auskünfte nicht erteilte, da er als "Miterbe" und Gesamthänder sich diese Informationen jederzeit selbst hätte besorgen können und ggf. gem. § 2038 BGB Mitwirkung der übrigen Miterben hätte verlangen können.
Es ist auch keine grobe Pflichtverletzung darin zu sehen, dass der Beteiligte zu 5) kein Nachlassverzeichnis erstellt hat, da der Beteiligte zu 3) ein solches von keinem Beteiligten inhaltlich angezweifeltes Verzeichnis beim Nachlassgericht eingereicht hatte. Grundsätzlich wäre jedoch davon auszugehen, dass auch auch der Testamntsvollstrecker über den Erbteil nur eines Miterben dazu verpflcihtet ist, auch vor Auseinandersetzung ein Nachlassverzeichnis über die Gegenstände zu fertigen hat, die seiner ausschließlichen und seiner Mitverwaltung unterliegen. Nur so kann der von ihm vertretene Miterbe seine Kontrollrechte ausübern.
Auch Forderungen der Erben gegen den Beteiligten zu 5) wegen etwaiger Pflichtteilsergänzungsansprüche und ein deshalb geführter Zivilprozess stellen keinen Entlassungsgrund dar. Den hier begründeten Interessengegensatz hat die Erblasserin bei Testamentserrichtung willentlich in Kauf genommen, da sie bereits zu dieser Zeit von den bestehenden Spannungen Kenntnis hatte.
Link zur Entscheidung
OLG München, Beschluss vom 30.12.2008, 31 Wx 099/08