Rn 8
Verstirbt ein Ehegatte in einer Scheidungssache, so werden von der Erledigung des Scheidungsverfahrens auch im Verbund anhängige Folgesachen erfasst. Dies folgt schon daraus, dass gem § 137 II 1 eine Entscheidung nur für den Fall einer Scheidung getroffen werden kann (J/H/A/Markwardt § 131 Rz 5; Prütting/Helms/Helms § 131 Rz 9; Musielak/Borth/Borth/Grandel § 131 Rz 6; MüKoFamFG/Lugani § 131 Rz 10; Kobl FamRZ 17, 240). Das gilt auch für den Fall, dass eine Entscheidung erlassen, aber noch nicht rechtskräftig ist (MüKoFamFG/Lugani § 131 Rz 16; ThoPu/Hüßtege § 131 Rz 5; J/H/A/Markwardt § 131 Rz 3).
Rn 9
Der überlebende Ehegatte oder der Rechtsnachfolger des verstorbenen Ehegatten kann jedoch bis zur endgültigen Erledigung des Verfahrens (Rechtskraft der zu treffenden Kostenentscheidung, vgl zB Kobl FamRZ 17, 240) erklären, dass eine Folgesache als selbstständiges Verfahren fortgeführt werden soll. Das Gesetz sieht dies ausdrücklich vor, wenn ein Scheidungsantrag zurückgenommen (§ 141 S 2) oder abgewiesen (§ 142 II 2) wird; diese Vorschriften sind analog anzuwenden (Prütting/Helms/Helms § 131 Rz 10; MüKoFamFG/Lugani § 131 Rz 10; J/H/A/Markwardt § 131 Rz 5; Zö/Lorenz § 131 Rz 10).
Rn 10
Das setzt aber voraus, dass die materiell-rechtliche Grundlage der Folgesache von der Scheidung unabhängig ist. Demzufolge scheidet die Fortführung der Folgesache VA (§ 137 II Nr 1) aus, da ein VA durch hälftige Teilung der in der Ehezeit erworbenen Anteile von Anrechten nur ›zwischen den geschiedenen Ehegatten‹ stattfindet, §§ 1 I, 31 VersAusglG (zB BGH FamRZ 81, 245 Rz 11). Gleichermaßen ist die Fortführung von Unterhaltssachen als Folgesachen iSv § 137 II 2 nicht möglich. Ansprüche auf Zahlung von Trennungsunterhalt können nicht im Verbund geltend gemacht werden. Ein Anspruch auf Zahlung nachehelichen Unterhalts steht nur dem geschiedenen Ehegatten zu, §§ 1570 ff BGB. Unter den Vorausssetzungen des § 1933 S 1 und 2 BGB kann allerdings gem § 1933 S 3 BGB ein Unterhaltsanspruch gegen die Erben des verstorbenen Ehegatten geltend gemacht werden (zum Verfahrenswert vgl Zweibr FamRZ 21, 464). Soweit (eher selten) Kindesunterhalt im Verbund geltend gemacht wird, ist der Anspruch gem § 1601 BGB zwar allein auf die Verwandtschaft zwischen dem Kind und dem in Anspruch genommenen Elternteil gegründet, also von der Scheidung unabhängig. Der Anspruch des Kindes erlischt mit dem Tod des unterhaltspflichtigen Ehegatten, § 1615 BGB und kann dann nicht weitergeführt werden (Prütting/Helms/Helms § 131 Rz 10; Musielak/Borth/Frank/Borth § 131 Rz 6). Verstirbt der Ehegatte, der den Unterhalt im Wege gesetzlicher Verfahrensstandschaft geltend macht, § 1629 III 1 BGB, ist eine Rechtsnachfolge nicht möglich (Prütting/Helms/Helms § 131 Rz 10). Es wird aber regelmäßig ohnehin das Obhutsverhältnis auf den anderen Elternteil übergehen, sodass eine Fortführung des Verfahrens nicht geboten ist; Rückstände können nicht aufgelaufen sein. Ehewohnungs- und Haushaltssachen gem §§ 1568a, 1568b BGB (§ 137 II Nr 3) beinhalten eine Regelung ›anlässlich der Scheidung‹ und können schon deshalb – ungeachtet der Vorschrift des § 208 – nicht fortgeführt werden. Ansprüche nach §§ 1361a, 1361b BGB können nicht im Verbund geltend gemacht werden. Güterrechtssachen iSv § 137 II Nr 4 sind insb Ansprüche auf Zahlung eines Zugewinnausgleichsanspruchs. Wird der Anspruch auf § 1371 II BGB gestützt, ist eine selbstständige Fortführung des Verfahrens möglich (Prütting/Helms/Helms § 131 Rz 10; MüKoFamFG/Lugani § 131 Rz 11; FAKomm-FamR/Roßmann § 131 Rz 15; vgl auch BGH FamRZ 87, 353). Für die Berechnung des Zugewinns ist in diesen Fällen gem § 1384 BGB analog der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags und nicht der Zeitpunkt des Todes des Ehegatten maßgeblich (BGH FamRZ 87, 353). Kindschaftssachen iSv § 137 III (vgl iE dort) sind materiell-rechtlich ebenfalls unabhängig von einem Scheidungsausspruch. Sind die Ehegatten nach wie vor gemeinsam sorgeberechtigt und hat einer einen Antrag auf Übertragung der Alleinsorge auf sich gestellt, tritt die materiell-rechtliche Erledigung gem § 1680 I BGB ein; der überlebende Ehegatte erhält die Alleinsorge. Eine Kindschaftssache, die den Entzug der elterlichen Sorge nach §§ 1666, 1666a BGB des überlebenden Elternteils zum Gegenstand hat, ist gem §§ 141 S 2, 1. Alt, S 3, § 142 Abs 2 S 2, 1. Alt, S 3, vAw als selbstständige Familiensache fortzuführen (Sternal/Weber § 131 Rz 11). Soll im Scheidungsverbund die Regelung des Umgangs gem mit einem gemeinsamen Kind (§ 1684) oder einem Kind des anderen Ehegatten (§ 1685 BGB) erfolgen, sind diese Verfahren mit dem Tod des umgangsberechtigten Ehegatten erledigt; regelmäßig auch mit dem Tod des umgangsverpflichteten Ehegatten, wenn das Kind in die Obhut des umgangsberechtigten Elternteils wechselt und dieser gem § 1680 II BGB die elterliche Sorge ausübt.