Prof. Dr. Michael Stürner
Rn 1
Das Versprechen der Leistung an einen Dritten wird häufig, jetzt auch in der amtlichen Überschrift des § 328, als ›Vertrag zugunsten Dritter‹ bezeichnet. Das kann zu dem Eindruck verleiten, als handele es sich um einen eigenen Vertragstyp. Doch wäre das unrichtig, wie schon die Stellung der §§ 328 ff im Allgemeinen Schuldrecht zeigt. Vielmehr geht es um eine Variante, die prinzipiell bei allen Typenverträgen vorkommen kann: Die Leistung wird zwar dem Vertragspartner versprochen, sie soll aber an einen Dritten erbracht werden und diesem zugutekommen (MüKo/Gottwald § 328 Rz 4). Häufig soll dieser Dritte auch einen eigenen Anspruch auf die Leistung haben (vgl § 328 II, sog echter Vertrag zugunsten Dritter). Doch ist das nicht notwendig (sog unechter Vertrag zugunsten Dritter, vgl dazu § 328 Rn 12 ff). In beiden Fällen entsteht ein Drei-Personen-Verhältnis; das kann zu Schwierigkeiten bei der Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht führen (vgl § 812 Rn 76 ff). Zur Anknüpfung von Ansprüchen Dritter im IPR Castendiek IPRax 22, 449.
Rn 2
Neben diese gesetzlich geregelte Konstellation ist durch ein auf den (oft nur hypothetischen) Parteiwillen gestütztes Richterrecht (vgl etwa BGHZ 138, 257, 261; 181, 12; BGH MDR 17, 73 Rz 15 ff; s.a. Zenner NJW 09, 1030) eine weitere getreten, die im Kern inzwischen zum Gewohnheitsrecht verfestigt sein dürfte (vgl die Darstellung in BGHZ 133, 168, 170 ff): Ein Dritter soll zwar nicht die Leistung erhalten, doch sollen ihm ggü die Schutzpflichten nach § 241 II bestehen; insb soll sein Integritätsinteresse vor Schäden aus einer schlechten Leistung geschützt sein. Man spricht hier von einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte. Diese Rechtsfigur hat inzwischen namentlich bei der Expertenhaftung große Bedeutung erlangt, insb weil sie über § 823 I hinaus auch bei bloßen Vermögensverletzungen schützt.
Rn 3
Begrifflich bedeutet der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte einen Einbruch in das Dogma vom Gläubigerinteresse (§ 249 Rn 99), ähnl wie das auch für die Drittschadensliquidation zutrifft (§ 249 Rn 102 ff). Ein Unterschied besteht aber darin, dass der Dritte selbst seinen eigenen Schaden geltend macht, nur leitet er seinen Ersatzanspruch aus einem fremden Vertrag (oder aus fremden Vertragsverhandlungen, vgl u. Rn 14) her.
Rn 4
Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte kann die Belastung des Schuldners vermehren (zB wenn außer dem Mieter selbst auch noch dessen in der Mietwohnung wohnende Angehörige ersatzberechtigt sein sollen). Daher kann eine Drittschutzwirkung nur unter besonderen Voraussetzungen bejaht werden. Sie sollen hier vorweg erörtert werden, weil die §§ 328 ff allenfalls ausnahmsweise für den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte passen.