1. Überblick.
Rn 4
§ 1 II, III (nach hM: Zweckbestimmungen iwS) bestimmen wenigstens grob, welche Benutzung erlaubt ist. Sie sind mithin Benutzungsvereinbarungen (§ 10 Rn 8; BGH NJW-RR 21, 1239 [BGH 16.07.2021 - V ZR 284/19] Rz 19). Weitere Konkretisierungen können nach § 10 I 2 (dazu § 10 Rn 8) und/oder § 19 I (dazu § 19 Rn 6 ff) bestimmt werden.
2. Wohnungseigentum.
Rn 5
Die Räume eines Wohnungseigentums – das SonderE – sind zum Wohnen bestimmt. Ihre ordnungsmäßige Benutzung richtet sich nach diesem Zweck (BGH NZM 12, 687 [BGH 13.07.2012 - V ZR 204/11] Rz 7); hierzu gehört in erster Linie der Gebrauch der Wohnung als Lebensmittelpunkt (BGH NJW 10, 3093 [BGH 15.01.2010 - V ZR 72/09] Rz 15) sowie die entspr Benutzung, also va das Vermieten. Der Begriff ›Wohnen‹ ist allerdings nach hM weit zu verstehen (BGH ZWE 18, 28 Rz 10). Entscheidend ist, welcher Gebrauch im SonderE selbst stattfindet (BGH ZWE 18, 28 Rz 10).
Überblick:
- Die Überlassung von Wohnungen von üblicher Größe und Beschaffenheit an Flüchtlinge und Asylbegehrende dient grds Wohnzwecken – auch dann, wenn die Bewohner nicht familiär verbunden sind (§ 13 Rn 4).
- Der Gebrauch von Wohnräumen als Heim oder heimähnliche Einrichtung dient hingegen nicht Wohnzwecken. Ein solcher Gebrauch ist im Kern dadurch gekennzeichnet, dass die Unterkunft in einer für viele Menschen bestimmten Einrichtung erfolgt, deren Bestand von den jeweiligen Bewohnern unabhängig ist und in der eine heimtypische Organisationsstruktur an die Stelle der Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises tritt. Insoweit bedarf es einer Gesamtschau verschiedener Kriterien, welche die Art der Einrichtung und die bauliche Gestaltung und Beschaffenheit der Räume einbezieht (BGH ZMR 19, 425 Rz 14); werden mehrere Räume mit gleicher Zielrichtung in eine solche Organisationsstruktur eingegliedert, kann deren Gebrauch nicht isoliert, sondern nur insgesamt beurteilt werden (BGH ZMR 19, 425 Rz 14; ZWE 18, 28 Rz 17 ff). Die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft iSv § 53 AsylG ist danach idR als heimähnliche Unterbringung anzusehen, die nur im Teileigentum (Rn 6) zulässig ist (BGH ZMR 19, 425 Rz 14; ZWE 18, 28 Rz 23). Das betreute Wohnen wird hingegen idR als ›Wohnen‹ anzusehen sein, nicht aber ein Gebrauch der Räume durch stationäre Pflegeeinrichtungen (BGH ZWE 18, 28 Rz 10; Köln GuT 07, 101).
- Kein bloßes ›Wohnen‹ ist ferner der Gebrauch von Wohnräumen als Ingenieur-Planungsbüro ohne Publikumsverkehr, als Patentanwaltskanzlei oder als eine psychologische Einzelpraxis. Die Zulässigkeit dieses Gebrauchs kann sich aus einer typisierenden Betrachtungsweise (§ 10 Rn 12) ergeben (BGH NJW 10, 3093 [BGH 15.01.2010 - V ZR 72/09] Rz 16; LG Frankfurt aM ZWE 18, 319). Auch für die Frage, ob die Nutzung als Büro zulässig ist, kommt es nach dieser Betrachtungsweise auf die Umstände an (BayObLG ZMR 01, 41; Rn 15).
- Unzulässig ist nach noch hM hingegen auch nach einer typisierenden Betrachtungsweise der Gebrauch von Wohnräumen für: eine Tagesmutter mit mehr als 5 Kindern (AG Düsseldorf ZMR 20, 438; AG Bonn ZWE 18, 212; AG Bremen-Blumenthal ZMR 14, 401), als Arztpraxis mit erheblichem Patientenverkehr, als Laden (BayObLG ZMR 00, 778), als Heilpraktiker- bzw Naturheilpraxis (LG München I ZWE 16, 85), die Ausübung der Prostitution (§ 14 Rn 27).
3. Teileigentum.
a) Echtes Teileigentum.
Rn 6
In den Räumen eines ›echten‹ Teileigentums (§ 1 Rn 1) – dem SonderE – ist grds jeder gewerbliche Gebrauch zulässig (BGH NJW-RR 21, 1239 Rz 34) und auch jeder andere Gebrauch, zB zum Parken, als Gemeindezentrum (Frankf NZM 13, 153) oder als Kirche (LG Itzehoe ZMR 19, 44) oder als Buchhaltungsbüro (LG Karlsruhe ZMR 23, 657), aber kein ›Wohnen‹ (BGH NJW-RR 21, 1239 Rz 19; ZWE 20, 180 Rz 5; ZMR 19, 425 Rz 21; ZWE 18, 28 Rz 30). Die WEigtümer können etwas anderes nach § 10 I 2 bestimmen (BGH NJW 22, 3154 Rz 12; ZMR 17, 818 Rz 8), zB eine räumliche Trennung von Wohnen und Gewerbe. Etwas ›anderes‹ kann sich stets aus einer typisierenden Betrachtungsweise (§ 10 Rn 12) ergeben (stRspr., BGH ZMR 22, 899 Rz 10; NJW-RR 21, 1239 Rz 27; ZWE 20, 180 Rz 10), wenn es sich nicht um ein Gebäude handelt, in dem es nur Teileigentum gibt (BGH NJW-RR 21, 1239 Rz 30; ZMR 18, 782 Rz 9), und wenn es nicht um unselbständiges Teileigentum (Rn 7) geht. Ein Wohnen in den Räumen eines Teileigentums ist zB dann nicht störender, wenn es keine weitere Vereinbarung nach § 10 I 2 gibt, die Räume in einem separaten Gebäude (mit getrennter Kostenregelung) liegen und es nur Wohnungen gibt (BGH NJW-RR 21, 1239 [BGH 16.07.2021 - V ZR 284/19] Rz 38). Zum Betrieb eines (Flüchtlings-)Heims s Rn 5. Einem Heim soll ein Hostel gleichstehen (LG Berlin GE 19, 981). Entspr muss für Boardinghäuser, Hotels, Pensionen gelten (LG Frankfurt aM ZMR 17, 1000). Obwohl kein ›Wohnen‹ soll – zB wegen negativer Auswirkungen auf den Verkehrswert (BayObLG DWE 81, 58; LG Nürnberg-Fürth NZM 00, 54) – allerdings die Ausübung der Prostitution grds unzulässig sein (§ 14 Rn 27).
b) Unselbständiges Teileigentum.
Rn 7
Zu einer abgeschlossenen Wohnung oder zu in sich abgeschlossenen,...