Entscheidungsstichwort (Thema)
Streit von getrennt lebenden Eltern über die Kindergeldanspruchsberechtigung: Kostentragung der Familienkasse für ein finanzgerichtliches Verfahren bei infolge einer Entscheidung des Familiengerichts erforderlicher Anrufung des FG, letztendlicher Beteiligtenbestimmung nach § 64 Abs. 2 S. 3 EStG sowie Kindergeldfestsetzung zugunsten des klagenden Elternteils
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat ein Elternteil für ein – bei beiden geschiedenen Eltern lebendes – Kind beim Familiengericht hinsichtlich der vorrangigen Kindergeldanspruchsberechtigung eine Berechtigtenbestimmung nach § 64 Abs. 2 S. 3 EStG beantragt, ist dieser Antrag vom Familiengericht mit der Begründung zurückgewiesen worden, das Finanzgericht und nicht das Familiengericht habe über die Frage zu entscheiden, ob das Kind gleichwertig in den Haushalt beider Eltern aufgenommen sei, hat der Elternteil deswegen vor dem FG auf die Gewährung von Kindergeld geklagt, dort ein Zwischenurteil über die Haushaltsaufnahme in seinem Haushalt erreicht, sodann bei dem Familiengericht eine Berechtigtenbestimmung nach § 64 Abs. 2 S. 3 EStG zu seinen Gunsten erwirkt, dann das finanzgerichtliche Verfahren bis zur Abhilfe durch die Familienkasse (rückwirkende Kindergeldfestsetzung zugunsten des klagenden Elternteils) weitergeführt und wurde sodann einvernehmlich die Erledigung der Hauptsache erklärt, so hat nach § 138 Abs. 2 FGO die Familienkasse die Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens zu tragen.
2. Die umständliche Verfahrensweise sowie der Umstand, dass der Elternteil die Berechtigungsbestimmung durch das Familiengericht erst während des finanzgerichtlichen Verfahrens und nicht schon früher beibringen konnte, kann dem Kläger nicht nach § 137 FGO angelastet werden. Unerheblich für die Kostenauferlegung zu Lasten der Familienkasse ist auch, dass diese kein Verschulden an dieser Rechtslage trifft.
Normenkette
EStG § 64 Abs. 2 Sätze 1-4; FGO §§ 137, 138 Abs. 2 Sätze 1-2
Tenor
1. Nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache werden die Kosten der Beklagten auferlegt.
2. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I.
Zwischen dem Kläger und der Beklagten war streitig, ob dem Kläger für das Kind … Kindergeld im Zeitraum Oktober 2015 bis Mai 2017 zustand. Die Beklagte hatte gegenüber dem Kläger mit dem angefochtenen Bescheid die Festsetzung von Kindergeld aufgehoben, weil das Kind nicht in seinen Haushalt, sondern in den seiner geschiedenen Ehefrau – der Beigeladenen – aufgenommen sei.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Während des Einspruchsverfahrens hatte sich der Kläger an das Familiengericht wegen einer Berechtigtenbestimmung nach § 64 Abs. 2 Satz 3 EStG gewandt. Dieser Antrag war vom Familiengericht mit Beschluss vom … zurückgewiesen worden, da das Familiengericht nicht für die Beantwortung der Frage zuständig sei, ob das Kind in den Haushalt beider Eltern aufgenommen sei.
Mit der Klage, die zunächst unter dem Aktenzeichen 3 K 745/17 (Kg) geführt wurde, machte der Kläger geltend, die geschiedenen Eheleute hätten das Wechselmodell praktiziert, so dass das Kind (auch) in seinen Haushalt aufgenommen sei.
Der Senat entschied – nach Beiladung der Mutter des Kindes – durch rechtskräftiges Zwischenurteil vom 5. Dezember 2017, dass der Sohn … im Zeitraum Oktober 2015 bis Mai 2017 sowohl in den Haushalt des Klägers als auch in den Haushalt der Beigeladenen aufgenommen sei und ordnete mit Beschluss vom 24. Januar 2018 die Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Familiengerichts über den Kindergeldanspruch an.
Mit Beschluss vom … bestimmte das Amtsgericht … – Familiengericht – rückwirkend zum 1. Oktober 2015 den Kläger zum Kindergeldberechtigten.
Mit Bescheid vom …2018 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger ab dem Monat Juni 2017 Kindergeld für das Kind … fest (d.h. außerhalb des Streitzeitraumes). Hiergegen wandte sich der Kläger mit dem Begehren, Kindergeld ab Oktober 2015 entsprechend der Entscheidung des Familiengerichts festzusetzen. Dieses Schreiben wertete die Beklagte als Einspruch gegen den Bescheid vom …2018 und verwarf diesen mit Einspruchsentscheidung vom …2018 als unzulässig (Blatt 72 der Finanzgerichtsakte 3 K 745/17 Kg), weil der Zeitraum ab Oktober 2015 nicht Gegenstand des Bescheides sei.
Am …2018 wandte sich der Kläger an das Gericht. Er trägt vor, es sei ihm seitens der Beklagten telefonisch gesagt worden, er müsse bezüglich der Zeiten zwischen September 2015 und Juni 2017 einen Widerspruch schreiben. Der Einspruchsentscheidung vom …2017 habe er formlos widersprochen, hierauf aber von der Beklagten keine Antwort erhalten. Die Berichterstatterin teilte mit Schreiben vom …2018 mit, sie gehe nicht davon aus, dass der Kläger Klage wegen des Zeitraums Juni 2017 bis Juni 2019 erheben wolle, sondern weiter das Kindergeld für den Zeitraum Oktober 2015 bis Mai 2017 begehre.
Mit Beschluss vom 24. August 2018 wurde die Aussetzung des Verfahrens 3 K 745/17 (Kg) beendet und die Klage unter...