Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis unfallbedingter Behandlungsbedürftigkeit als Voraussetzung eines Anspruchs des Versicherten auf Heilbehandlung gegenüber dem Unfallversicherungsträger - posttraumatische Belastungsstörung
Orientierungssatz
1. Der Anspruch des Versicherten auf Heilbehandlung gegenüber dem Unfallversicherungsträger nach §§ 26, 27 SGB 7 setzt den Nachweis unfallbedingter Behandlungsbedürftigkeit voraus. Erweist sich der vom Versicherten geltend gemachte Beschwerdekomplex von einem bestimmten Zeitpunkt an als unfallunabhängig, so besteht über diesen Termin hinaus kein Anspruch auf Gewährung von Heilbehandlung durch den Unfallversicherungsträger.
2. Zur Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls ist der Nachweis entweder einer erlebten Situation mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalem Ausmaß oder eines Ereignisses der ernsthaften Verletzung bzw. der Gefahr der körperlichen Unversehrtheit der eigenen Person oder anderer Personen oder der Konfrontation mit tatsächlichem oder drohendem Tod, ernsthafter Verletzung oder sexueller Gewalt erforderlich.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe
vom 30. Juni 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht
zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf die Übernahme weiterer Heilbehandlungskosten wegen eines am 17. Mai 1997 erlittenen Arbeitsunfalls hat.
Der 1960 geborene Kläger, der als EDV-Techniker beim ...krankenhaus H... beschäftigt war, befand sich am Morgen des 17. Mai 1997 in der eigenen Wohnung in Rufbereitschaft. Als er für die Lösung eines Problems im Labor (Ausfall einer Blutgerinnungsmaschine) ein Fachbuch benötigte, das auf einem hohen Regal stand, stieg er auf einen Stuhl, der dann umkippte. Der Kläger fiel mit dem Rücken auf die Türschwelle zwischen seinem Arbeits- und Wohnzimmer.
Der Kläger stellte sich daraufhin noch am 17. Mai 1997 dem Durchgangsarzt Dr. R... vor, der eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule am Übergang zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule mit geringgradigem Druckschmerz feststellte und eine schwere Prellung BWS/LWS diagnostizierte. Radiologisch befundete Dr. Z... am 22. Mai 1997 eine leichte Kompressionsfraktur bei LWK 1. Der Durchgangsarzt stellte Arbeitsunfähigkeit zunächst bis zum 12. Juni 1997, schließlich bis zum 23. Juni 1997 fest. Die Unfallanzeige ging bei der Beklagten am 26. Juni 1997 ein. Die Beklagte erbrachte daraufhin Leistungen der Heilbehandlung insbesondere für Massagen und Wärmeanwendungen, Krankengymnastik und die Benutzung eines EMS-Gerätes.
Am 5. November 2001 stellte sich der Kläger wegen zunehmender Schmerzen im LWS-Bereich mit Ausstrahlung in das Gesäß erneut beim Durchgangsarzt Dr. R... vor. Die angefertigte Röntgenaufnahme zeigte die bekannte Fraktur ohne weitere Zusammensinterung. Die vom Kläger beantragte Kostenübernahme für eine orthopädische Matratze und für ein Kreuzstützmieder lehnte die Beklagte auf der Grundlage einer Stellungnahme ihres beratenen Arztes Dr. L... ab. Dieser führte aus, die beim Kläger stabile Wirbelsäulenfraktur ohne wirksamen Achsknick und ohne Beteiligung der Bewegungssegmente könne für die Beschwerden nicht verantwortlich gemacht werden.
Am 20. Februar 2004 stellte sich der Kläger beim Durchgangsarzt Dr. R... zur Nachschau vor und berichtete von persistierenden Beschwerden. Eine MRT-Untersuchung vom 25. Februar 2004 zeigte die alte Deckplattenfraktur LWK1 ohne Besonderheiten des Spinalkanals auf dieser Höhe sowie Bandscheibenschäden in drei Segmenten, insbesondere einen kleinen mediosteralen Prolaps im Segment 2/3 rechts. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 71 der Leistungsakte Bezug genommen.
Im Nachschaubericht vom 17. Mai 2004 führte der Chirurg Prof. Dr. RA... aus, die bestehenden Lumbalgien sein vornehmlich auf die Bandscheibendegeneration in den Segmenten L2/3 und L3/4 zurückzuführen. Ein Zusammenhang mit der Wirbelfraktur LWK1 sei nicht mehr gegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 79 der Leistungsakte Bezug genommen.
Am 29. Juni 2010 stellte sich der Kläger dem Durchgangsarzt Dr. K... vor. Dort berichtete der Kläger neben dem Unfall aus dem Jahr 1997 von einem weiteren Unfall am 10. Mai 2004, bei dem er sich eine LWS-Prellung zugezogen habe. Der Durchgangsarztbericht stellt als Diagnose ein posttraumatisches Iliolumbalsyndrom beiderseits und Zustand nach LWK-4-Fraktur 1997 fest. Dr. K... sah einen unfallbedingten Dauerschaden und verordnete weitere Physiotherapie.
Der beratende Arzt der Beklagten sah keine Unfallfolgen und verwies darauf, dass sich der Kläger beim angeschuldigten Unfall keinen Bruch des 4., sondern einen Bruch des 1. Lendenwirbelkörpers zugezogen habe. Diese Verletzung sei jedoch bereits 2004 als im Wesentlichen verheilt angesehen...