Leitsatz (amtlich)
Sind mehrere Betreuer bestellt, ist ein wichtiger Grund für die Entlassung eines Betreuers schon dann gegeben, wenn sich später herausstellt, dass die Voraussetzungen des § 1899 Abs. 1 BGB für die Bestellung mehrerer Betreuer entweder von Anfang nicht vorgelegen haben oder später weggefallen sind.
Normenkette
BGB § 1908b
Verfahrensgang
LG Kiel (Aktenzeichen 3 T 379/01) |
AG Kiel (Aktenzeichen 3 XVII S 30) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 2) trägt die im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1) nach einem Geschäftswert von 3.000 Euro.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 2) war seit dem Jahre 1972 zunächst Vormund und anschließend Betreuer des Betroffenen. Der als Rechtsanwalt tätige Beteiligte zu 2) wurde als Vormund/Betreuer ausgewählt, weil der Betroffene zunächst lediglich dadurch auffiel, dass er Behörden und Gerichte krankheitsbedingt mit zahllosen Eingaben beschäftigte. Deshalb wurde der Beteiligte zu 2) als (Berufs-)Betreuer zunächst nur mit der Wahrnehmung der Vermögensangelegenheiten des Betroffenen – einschließlich Prozessvertretung und Vertretung gegenüber Behörden – betraut. Am 19.7.1995 wurde der Aufgabenkreis um die Wohnungsangelegenheiten des Betroffenen erweitert. Zu Beginn des Jahres 1999 traten bei dem nunmehr fast 90 Jahre alten Betroffenen akute gesundheitliche Probleme auf. Eine lebensbedrohliche Operation war erforderlich. Außerdem litt der Betroffene unter Verwirrtheitszuständen. Er verweigerte die Annahme pflegerischer Hilfeleistungen, obwohl er darauf angewiesen war. Der Betroffene wollte aber gleichwohl nicht in einer Pflegeeinrichtung leben, sondern in seiner eigenen Wohnung. Es war zunächst fraglich, ob das möglich sein würde. Diese Frage erörterte das AG mit dem Beteiligten zu 2) Nach dem Protokoll der Anhörung vom 4.2.1999 (Bl. 325f d. A.) gingen die anstehenden Probleme über den Berufs- und Erfahrungsrahmen des Beteiligten zu 2) hinaus. Im Hinblick darauf bestellte das AG die Beteiligte zu 1) als Diplom-Sozialpädogogin mit Beschluss vom 4.2.1999 zur weiteren (Berufs-)Betreuerin des Betroffenen. Die Beteiligte zu 1) wurde mit den Aufgabenkreisen „Gesundheitssorge, Aufenthaltsregelung sowie Organisation und Überwachung von Hilfs- und Pflegediensten im weiteren Sinne einschließlich der dafür notwendigen Vertretung gegenüber Behörden und Institutionen” betraut, der Beteiligte zu 2) mit den Aufgabenkreisen „Vermögenssorge einschließlich Prozessvertretung, Versorgungs- und Sozialleistungen, Wohnungsangelegenheiten, Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung, Vertretung gegenüber Behörden und Institutionen sowie Entgegennahme und Öffnen der Post”. Das AG bestimmte, dass die Beteiligten zu 1) und 2) auch unabhängig voneinander handlungsbefugt sein sollten. In dem Beschluss heisst es: „Beide Betreuer (…) sind bereit und in der Lage, intern die Kompetenzgrenzen abzustecken.” Tatsächlich kam es wegen der Überschneidung der Aufgabenkreise jedoch zu Doppeltätigkeiten und einem durch den Koordinationsaufwand bedingten erhöhten Arbeitsaufwand und damit verbunden auch zu Schwierigkeiten bei der Vergütung der beiden Betreuer. Im Hinblick darauf hat das AG den Beteiligten zu 2) mit Beschluss vom 1.8.2001 entlassen und die Beteiligte zu 1) zur alleinigen Betreuerin mit den Aufgabenkreisen „Vermögenssorge, Versorgungs- und Sozialleistungen, Wohnungsangelegenheiten, Gesundheitssorge, Vertretung gegenüber Behörden, Institutionen und Gerichten sowie Entgegennahme und Öffnung der Post mit Ausnahme von Privatpost” bestellt. Wegen der Einzelheiten der amtsgerichtlichen Entscheidung wird auf den Beschluss vom 1.8.2001 (Bl. 450f der Akte) Bezug genommen. Die dagegen gerichteten sofortigen Beschwerden der Beteiligten zu 2) und 3. hat das LG mit Beschluss vom 18.10.2001 mit folgender Begründung zurückgewiesen: Es sei ein wichtiger Grund i.S.d. § 1908b Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB für die Entlassung des Beteiligten zu 2) gegeben. Der wichtige Grund liege nicht in der Person des Beteiligten zu 2) an sich, sondern in den gewandelten Aufgaben, die die Betreuung des Betroffenen nunmehr prägten. Die Betreuung durch einen Rechtsanwalt sei angesichts der veränderten Lebenssituation des Betroffenen nicht mehr erforderlich und auch nicht mehr angezeigt. Der Betroffene habe in den ersten Jahrzehnten der Vormundschaft zwar im Hinblick auf seine vielzähligen Eingaben bei Behörden und Justiz eines Rechtsanwalts als Betreuer bedurft, der die hierdurch in Gang gesetzten Verfahren fachkundig habe regeln müssen. Diese Voraussetzungen seien inzwischen jedoch nicht mehr gegeben. Der Betroffene mache heute nur noch in weit geringerem Umfang als früher Eingaben. Bei diesen Eingaben sei schon für die Adressaten erkennbar, dass nichts weiter zu veranlassen sei. Deshalb sei die Tätigkeit eines Rechtsanwalts nicht mehr notwendig. Im Übrigen erfordere die Betreuung des Betroffenen inzwischen in erheblichem Maße die Regelung von Problemen des tägl...