Leitsatz (amtlich)
1. Ein entscheidungsreifer Prozesskostenhilfeantrag ist zu bearbeiten. Eine Aussetzung des Prozesskostenhilfeverfahrens ist im Grundsatz unzulässig.
2. Hinreichende Erfolgsaussichten für die Rechtsverteidigung des Beklagten i.S.v. § 114 ZPO können auch dann bestehen, wenn er sich gegen den Klägervortrag nur mit pauschalen Bestreiten zur Wehr setzt, sofern seine Erklärungslast ausnahmsweise herabgesetzt ist, weil gegen ihn in diesem Zusammenhang wegen einer schweren Straftat ermittelt wird.
Normenkette
ZPO §§ 149, 138, 114
Verfahrensgang
LG Flensburg (Beschluss vom 12.07.2012; Aktenzeichen 2 O 112/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Flensburg vom 12.7.2012 insoweit aufgehoben, als die Aussetzung auch die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten erfasst.
Das LG wird angewiesen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Einzelrichters des Senats über den Antrag des Beklagten vom 2.7.2012 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu entscheiden.
Gründe
Die Beschwerde des Beklagten ist als sofortige Beschwerde nach den §§ 252, 567, 569 ZPO zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden. Nach § 252 ZPO findet gegen einen Beschluss, mit dem aufgrund der Vorschriften in Buch 1 Abschnitt 3 Titel 5 der ZPO oder anderer gesetzlicher Vorschriften die Aussetzung des Verfahrens angeordnet wird, die sofortige Beschwerde statt. Im vorliegenden Fall hat das LG im Tenor des angegriffenen Beschlusses den Rechtsstreit und die Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens nach § 149 Abs. 1 ZPO ausgesetzt, in den Gründen indes deutlich gemacht, dass sich diese Aussetzung der Sache nach auch auf den Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten erstrecken soll, weil "aufgrund der Aussetzung" auch darüber "derzeit nicht zu entscheiden" sei. Nur gegen die damit im Ergebnis erfolgte Aussetzung auch des Prozesskostenhilfeverfahrens wendet sich der Beklagte mit seiner zulässigen Beschwerde.
Diese Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Eine Aussetzung des Prozesskostenhilfeverfahrens ist im Grundsatz unzulässig. Darüber besteht in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit (OLG Brandenburg, Beschl. v. 16.8.2007 - 12 W 24/07, zitiert nach juris Rz. 10; KG, Beschluss vom 27.1.1953, NJW 1953, 1474; LSG Rheinland-Pfalz Beschl. v. 12.4.2000 - L 1 B 49/00 - zitiert nach juris Rz. 23; Zöller/Greger, ZPO, 29. A. 2012, § 149 Rz. 3; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 149 Rz. 11; Musielak-Stadler, 9. Aufl. 2012, § 149 Rz. 3; Wagner in MünchKomm/ZPO, Bd. 1, 3. Aufl. 2008, § 149 Rz. 6; HK/ZPO-Wöstmann, 4. Aufl. 2011, § 149 Rz. 3). Im Prozesskostenhilfeverfahren erfolgt nämlich nur eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten. Der Antragsteller hat einen Anspruch darauf, dass alsbald nach Eintritt der Entscheidungsreife über sein Prozesskostenhilfegesuch entschieden wird; denn vielfach wird davon seine Entscheidung abhängen, ob er den Rechtsstreit durchführt (vgl. KG, a.a.O.; LSG Rheinland-Pfalz, a.a.O.). Im Übrigen sprechen systematische Gründe gegen eine Aussetzung des Prozesskostenhilfeverfahrens (vgl. KG, a.a.O.). Die Vorschrift des § 149 ZPO steht im 3. Abschnittes des 1. Buches der ZPO unter dem Titel "Mündliche Verhandlung". Die Regelungen für das Prozesskostenhilfeverfahren stehen hingegen im 2. Abschnitt des 1. Buches der ZPO unter dem 7. Titel. Hier fehlt es an einer entsprechenden Vorschrift über die Aussetzung. Die Aussetzungsmöglichkeit besteht daher grundsätzlich nur im Verfahren nach den §§ 128 ff. ZPO.
Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen allenfalls in eng begrenzten Sonderfällen in Betracht, die hier nicht ersichtlich sind und auf die sich das LG auch nicht berufen hat.
Es ist auch nicht grundsätzlich erkennbar, dass der Prozesskostenhilfeantrag nicht entscheidungsreif wäre. Die Entscheidungsreife eines Prozesskostenhilfegesuchs ist regelmäßig gegeben, wenn es schlüssig begründet ist, die erforderlichen Unterlagen eingereicht sind und die dem Gegner zur Stellungnahme nach § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingeräumte Frist abgelaufen ist (Zöller/Geimer, § 119 Rz. 44; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 21.12.1993 - 2 WF 65/93, FamRZ 1994, 1123). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Beklagte hat den Klägervortrag, er habe die Erblasserin vorsätzlich und widerrechtlich getötet, mit Schriftsatz vom 10.7.2012 bestritten, ohne sich zu Einzelheiten zu äußern. Die Unterlagen über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat er eingereicht. Die Kläger haben sich daraufhin erneut mit anwaltlichem Schriftsatz vom 17.7.2012 geäußert (Bl. 16 d.A.), und ausgeführt, nach Kenntnis ihres Prozessbevollmächtigten habe sich der Beklagte hinsichtlich der Tötung seiner Mutter bereits geständig eingelassen.
Hiernach ist der Prozesskostenhilfeantrag unverzüglich weiter zu bearbeiten und im Rahmen einer summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung zu entscheiden (§ 114 Satz 1 ZPO). Dem steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte d...