Alex Schindler, Gian Andri Töndury
I. Geschäftsführer
Rz. 132
Die dispositive gesetzliche Ordnung der Geschäftsführung geht vom Prinzip der Selbstorganschaft aus (Art. 809 Abs. 1 OR). Danach üben alle Gesellschafter die Geschäftsführung gemeinsam aus, womit eine Einheit von Unternehmensbesitz und Unternehmensleitung erreicht wird. Mittels abweichenden statutarischen Bestimmungen kann die Geschäftsführung jedoch auf einen oder mehrere Gesellschafter beschränkt oder auf Dritte übertragen werden (Drittorganschaft).
Als Geschäftsführer können nur natürliche Personen eingesetzt werden. Ist an der Gesellschaft eine juristische Person oder eine Handelsgesellschaft beteiligt, so bezeichnet sie gegebenenfalls eine natürliche Person, die diese Funktion an ihrer Stelle ausübt. Die Statuten können dafür die Zustimmung der Gesellschafterversammlung verlangen (Art. 809 Abs. 2 OR). Weiter muss die Gesellschafterversammlung den Vorsitz der Geschäftsführung bestimmen, sofern die Gesellschaft mehr als einen Geschäftsführer hat (Art. 809 Abs. 3 OR).
Rz. 133
Gemäß Art. 814 Abs. 3 OR muss mindestens ein zur Vertretung der GmbH befugter Geschäftsführer oder Direktor seinen Wohnsitz in der Schweiz und Zugang zum Anteilbuch sowie zum Verzeichnis über die wirtschaftlich berechtigten Personen haben. Nationalitätsvorschriften bestehen nicht, weshalb beispielsweise die gesamte Geschäftsführung aus Staatsangehörigen der EU bestehen könnte.
II. Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer
1. Bestellung der Geschäftsführer
Rz. 134
Wie erwähnt, wird gemäß der subsidiär geltenden gesetzlichen Ordnung die Geschäftsführung grundsätzlich von allen Gesellschaftern gemeinsam besorgt (Selbstorganschaft). Eine Bestellung einzelner Gesellschafter als Geschäftsführer bedarf keines Beschlusses der Gesellschafterversammlung, denn in diesem System ist die Funktion des Geschäftsführers direkt mit der Gesellschafterstellung verbunden.
Rz. 135
Hingegen werden im Rahmen einer Drittorganschaft oder bei einer Beschränkung der Selbstorganschaft die Geschäftsführer durch einen Beschluss der Gesellschafterversammlung bestellt (Art. 804 Abs. 2 Ziff. 2 OR).
Rz. 136
Sämtliche zur Vertretung der Gesellschaft befugten Personen sind beim zuständigen Handelsregisteramt einzutragen. Sie haben ihre Unterschrift beim Handelsregisteramt zu zeichnen oder ein beglaubigtes Unterschriftenmuster einzureichen (Art. 814 Abs. 6 OR, aufgrund der Revision des Obligationenrechts von 2016 Art. 73 Abs. 1 Bst. q HRegV, Inkrafttreten voraussichtlich im Jahr 2022).
2. Abberufung der Geschäftsführer
Rz. 137
Die Gesellschafterversammlung kann von ihr gewählte Geschäftsführer jederzeit abberufen (Art. 815 Abs. 1 OR). Im Rahmen der Selbstorganschaft kann ein Gesellschafter als Geschäftsführer – abgesehen von nachfolgend beschriebener "Notmaßnahme" – nicht einfach abberufen werden. Vielmehr müsste in einem solchen Falle der Weg über eine Statutenänderung gewählt und dabei vom Konzept der Selbstorganschaft abgewichen werden.
Direktoren, Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte, welche von den Geschäftsführern eingesetzt wurden, können von diesen auch wieder abberufen werden. Liegt die Kompetenz zur Einsetzung dieser Personen jedoch bei der Gesellschafterversammlung, so ist sofort eine Gesellschafterversammlung einzuberufen (Art. 815 Abs. 3 und 4 OR), welche dann die Abberufung zu genehmigen hat.
Rz. 138
Jeder Gesellschafter kann bei Gericht beantragen, einem Geschäftsführer die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis zu entziehen oder zu beschränken, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (Art. 815 Abs. 2 OR). Als wichtige Gründe gelten zum Beispiel Unfähigkeit, schwere Pflichtverletzungen, Verletzung des guten Rufes, Konkurrenzierung etc. Die Statuten können weitere wichtige Gründe definieren.
III. Geschäftsführung
1. Rechte und Pflichten des Geschäftsführers
Rz. 139
Die Geschäftsführer sowie Dritte, die mit der Geschäftsführung befasst sind, müssen ihre Aufgaben stets mit aller Sorgfalt erfüllen und die Interessen der Gesellschaft in guten Treuen wahren (Art. 812 Abs. 2 OR), sie unterstehen der gleichen Treuepflicht wie die Gesellschafter.
Geschäftsführer sowie Dritte, die mit der Geschäftsführung befasst sind, dürfen keine konkurrenzierenden Tätigkeiten ausüben, es sei denn, die Statuten sehen etwas anderes vor oder alle übrigen Gesellschafter stimmen der Tätigkeit schriftlich zu. Die Statuten können vorsehen, dass stattdessen die Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung erforderlich ist.
Die Geschäftsführer sowie Dritte, die mit der Geschäftsführung befasst sind, haben die Gesellschafter unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln (Art. 813 OR).
Rz. 140
Die Geschäftsführer sind zuständig in allen Angelegenheiten, die nicht nach Gesetz oder Statuten der Gesellschafterversammlung zugewiesen sind. Die Geschäftsführer haben folgende unübertragbare und unentziehbare Aufgaben (Art. 810 OR):
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die Oberleitung der Gesellschaft und die Erteilung der nötigen Weisungen; |
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die Festlegung der Organisation im Rahmen von Gesetz und Statuten; |
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die Ausgestaltung des Rechnungswesens und der Finanzkontrolle sowie der Finanzplanung, sofern diese für die Führung der Gesellschaft notwendig ist; |
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die Aufsicht über die Personen, denen Teile der Ge... |