Alex Schindler, Gian Andri Töndury
Rz. 184
Eine grenzüberschreitende Fusion ist sowohl vom Ausland in die Schweiz als auch umgekehrt möglich (Art. 163a und 163b IPRG). Ebenso sind grundsätzlich auch grenzüberschreitende Spaltungen und Vermögensübertragungen möglich, dabei finden die Vorschriften der Fusion sinngemäß Anwendung.
1. Immigration (Art. 163a IPRG)
Rz. 185
Eine schweizerische Gesellschaft kann eine ausländische Gesellschaft übernehmen oder sich mit ihr zu einer neuen schweizerischen Gesellschaft zusammenschließen, wenn das auf die ausländische Gesellschaft anwendbare Recht dies gestattet und dessen Voraussetzungen erfüllt sind, im Übrigen untersteht die Fusion dem schweizerischen Recht. Ein Zusammenspiel des ausländischen und inländischen Rechts ist nötig: Lässt das ausländische Recht die Fusion zu, so ist in diesem Rahmen das Recht der übernehmenden Gesellschaft und somit Schweizer Recht auf die Fusion anwendbar. Erlaubt das ausländische Recht zum Beispiel eine erleichterte Fusion und sind die Voraussetzungen von Art. 23 FusG erfüllt, so kann auch eine erleichterte Fusion im internationalen Verhältnis durchgeführt werden.
Rz. 186
Differenziert zu betrachten ist der Übergang von Verträgen in einer grenzüberschreitenden Fusion, denn hier geht man von einer Kumulation der involvierten Rechtsordnungen (z.B. Vertragsstatut, Fusionsstatut) aus.
2. Emigration (Art. 163b IPRG)
Rz. 187
Damit eine Emigrationsfusion nach dem schweizerischen internationalen Privatrecht statthaft ist, müssen sämtliche Aktiven und Passiven auf die ausländische Gesellschaft übergehen und die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte in der ausländischen Gesellschaft angemessen gewahrt werden. Dies hat zur Folge, dass die zum Schutz der Gesellschafter und Gläubiger aufgestellten Bestimmungen des Schweizer Fusionsgesetzes zur Anwendung gelangen. Die Fusion selbst untersteht dem ausländischen internationalen Privatrecht, was wiederum zur Folge hat, dass grundsätzlich beide Rechtsordnungen zur Anwendung gelangen müssen. Zum Schuldenruf ist hierbei anzumerken, dass dieser vor Vollzug der Fusion zu erfolgen hat, also bevor das Haftungssubstrat ins Ausland übertragen wird.
Rz. 188
Die Löschung im schweizerischen Handelsregister erfolgt erst, nachdem ein zugelassener Revisionsexperte bestätigt hat, dass die Forderungen der Gläubiger sichergestellt oder erfüllt worden sind oder aber dass sämtliche Gläubiger mit der Löschung einverstanden sind. Zudem muss vor der Löschung nachgewiesen werden, dass die Fusion gemäß dem ausländischen Recht rechtsgültig vollzogen wurde und ein zugelassener Revisionsexperte bestätigt, dass die ausländische Gesellschaft den anspruchsberechtigten Gesellschaftern der schweizerischen Gesellschaft die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte eingeräumt oder eine allfällige Ausgleichszahlung oder Abfindung ausgerichtet oder sichergestellt hat (Art. 164 Abs. 2 IPRG).
3. Fusionsvertrag
Rz. 189
Das Schweizer Fusionsgesetz schreibt einen schriftlichen Fusionsvertrag vor. Der Fusionsvertrag hat den zwingenden gesellschaftsrechtlichen Vorschriften der auf die beteiligten Gesellschaften anwendbaren Rechte mit Einschluss der Formvorschriften zu entsprechen. Im Übrigen untersteht der Fusionsvertrag dem von den Parteien gewählten Recht. Bei Fehlen einer Rechtswahl untersteht der Fusionsvertrag dem Recht des Staates, mit dem er am engsten zusammenhängt. Es wird vermutet, der engste Zusammenhang bestehe mit dem Staat, dessen Rechtsordnung die übernehmende Gesellschaft untersteht (Art. 163c IPRG).