Entscheidungsstichwort (Thema)
Förderung der beruflichen Weiterbildung. dreijährige Ausbildung zur Ergotherapeutin. Sicherung der Finanzierung des dritten Ausbildungsjahres. verfassungskonforme Auslegung
Orientierungssatz
Für die Sicherstellung der Finanzierung des dritten Ausbildungsjahres einer dreijährigen Ausbildung zur Ergotherapeutin gem § 85 Abs 2 S 3 SGB 3 ist die Herkunft der Mittel unerheblich. Sie können vom Maßnahmeträger, dem Teilnehmer oder von Dritten erfolgen.
Tenor
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Ausbildung der Antragstellerin zur Ergotherapeutin bei der “IB-M. A. - staatlich anerkannte Schule für Ergotherapie„, ZT., beginnend ab 01.10.2008 für die Dauer von 2 Jahren - längstens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Gerichtsverfahrens in der Hauptsache - zu fördern und Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu erbringen.
Die Antragsgegnerin hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.
Gründe
I.
Die Antragsstellerin (Ast.) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Antragsgegnerin (Ag) zur Übernahme der Kosten der Ausbildung zur Ergotherapeutin ab 01.10.2008.
Die Ast. absolvierte in der Zeit 2003 bis 2006 eine Ausbildung zur Schauwerbegestalterin und war im Anschluss daran bis 2008 als Visual Merchandiserin bei der Firma H. beschäftigt.
Aufgrund gesundheitlicher Probleme wurde sie ab 17.05.2008 von ihren arbeitsvertraglichen Pflichten durch den Arbeitgeber freigestellt, nachdem der arbeitsmedizinische Dienst festgestellt hatte, dass ihre Beschwerden auf Farbstoffe in den Textilien zurückzuführen sind.
Ein von der Ast. Im Juli 2008 bei der Berufsgenossenschaft Handel und Warendistribution gestellter Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wurde von dort am 04. Juli 2008 an die Agentur für Arbeit in Darmstadt als die nach Auffassung der Berufsgenossenschaft zuständige Rehabilitationsträgerin (§ 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IX) weitergeleitet.
Im Gutachten des Medizinischen Dienstes der Ag. vom 04.08.2008 wurde als vermittlungs- und beratungsrelevante Gesundheitsstörung eine “allergisch-toxische Nierenentzündung bei Allergie auf Dichloranilin und Trichloranilin„ festgestellt. Nach Auffassung des ärztlichen Dienstes der Ag. bestehen gegen eine Tätigkeit der Ast. als Ergo-Therapeutin aus ärztlicher Sicht keine Einwände.
Am 13.08.2008/23.08.2008 beantragte die Ast. bei der Ag. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Mit Schreiben vom 02. September 2008 teilte die Ag. der Ast. mit, die Bundesagentur sei zuständiger Rehabilitationsträger nach § 6 SGB IX. Wegen Art und Schwere der bei ihr vorliegenden Behinderungen seien ihre Aussichten am Arbeitsleben teilzunehmen nicht nur vorübergehend vermindert, weshalb sie Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben benötige.
Ebenfalls mit Schreiben vom 02.09.2008 stellte die Ag. bei der Ast. die Notwendigkeit der beruflichen Qualifizierung fest und erteilte einen Bildungsgutschein. Darin heißt es:
“Mit diesem Bildungsgutschein werden die Kosten für die Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildung übernommen, vorausgesetzt die Weiterbildung ist für die Weiterbildungsförderung nach § 85 SGB III zugelassen.„
Am 12. September 2008 beantragte die Ast. bei der Ag. Leistungen zur Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme zur staatlich anerkannten Ergotherapeutin für die Zeit vom 01.10.2008 bis 30.09.2011 bei der IB-M. A. - Staatlich anerkannte Schule für Ergotherapie, A-Stadt, Maßnahmeort ZT.
Durch Bescheid vom 19.09.2008 lehnte die Ag. den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, § 85 Abs. 2 Satz 3, 3. Buch Sozialgesetzbuch - SGB III - lasse Maßnahmen zur Förderung zu, die um mindestens 1/3 der Ausbildungsdauer verkürzt werden könnten. Bei der von ihr angestrebten Ausbildung zur Ergotherapeutin sei eine Verkürzung der Ausbildungszeit aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Regelungen ausgeschlossen. Eine Förderung eines Maßnahmeteils bis zu 2/3 der Maßnahme sei möglich, wenn bereits zu Beginn der Maßnahme die Finanzierung für die gesamte Dauer der Maßnahme gesichert sei. Die Förderung in diesen Fällen setze aber voraus, dass der Träger der Maßnahme die Finanzierung des fehlenden Drittels für den nach dem SGB III geförderten Teilnehmer erklären müsse. Der Gesetzgeber beziehe sich mit dieser Vorschrift und der damit verbundenen Sicherstellung der Finanzierung nicht auf den Teilnehmer, sondern auf den Maßnahme- bzw. Schulträger. Sie habe den Nachweis erbracht, dass sie das 3. Jahr der Maßnahme selbst finanzieren wolle und könne. Die Sicherstellung des 3. Teils durch Eigenfinanzierung des Teilnehmers entspreche jedoch nicht der Intention des Gesetzgebers, weil § 85 SGB III sich eindeutig auf die Anforderung an die Maßnahmen beziehe, weshalb eine Förderung der von ihr gewählten Form abzulehnen sei.
Am 19.09.2008 hat die Ast. bei dem Sozialgericht Darmstadt den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.
Der von der Ast. erhobene Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 22.09.2...