Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Träger der gesetzlichen Rentenversicherung als unzuständiger Beklagter in einem Streit um die Beitragshöhe in der sozialen Pflegeversicherung
Orientierungssatz
Ein Träger der gesetzlichen Rentenversicherung ist als nur beitragsabführende "Zahlstelle" hinsichtlich der Pflegeversicherungsbeiträge einschließlich der Beitragszuschläge für Kinderlose sachlich nicht für die Entscheidung über die Beitragshöhe in der sozialen Pflegeversicherung zuständig.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides auf Gewährung einer Regelaltersrente nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).
Auf Antrag des 1951 geborene Klägers gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Mai 2021 eine Regelaltersrente ab dem 1. Juli 2021. Darin wurde ausgeführt, dass von der Rente ein Beitragszuschuss zur Pflegeversicherung in Höhe von 41,66 € monatlich einbehalten wird.
Der vom Kläger erhobene Widerspruch gegen den Bescheid wurde nicht weiter begründet und mit Widerspruchsbescheid vom 27. September 2021 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 26. Oktober 2021 vor dem Sozialgericht Darmstadt Klage erhoben.
Er ist der Auffassung, dass die Erhebung eines Zusatzbeitrages für Kinderlose zur Pflegeversicherung gegen Verfassungsrecht verstoße.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 26. Mai 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2021 zu verurteilen, dem Kläger eine Altersrente ohne Berücksichtigung des Zusatzbeitrages für die Kinderlosen in der Pflegeversicherung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten ergänzend Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die als Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Klage ist unzulässig.
Der Kläger begehrt die Aufhebung des Beitragszuschusses für Kinderlose in der Pflegeversicherung. Der Klage fehlt es am erforderlichen Feststellungsinteresse.
Die hiesige Beklagte ist für die seitens des Klägers begehrte Entscheidung über die Beitragshöhe in der sozialen Pflegeversicherung sachlich nicht zuständig. Die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden hierüber auch keine verbindliche Entscheidung getroffen. Der Verfügungssatz des angefochtenen Bescheids enthält keine Regelung über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Pflegeversicherung. Vielmehr ist in dem Bescheid lediglich das wiedergegeben, wozu der Rentenversicherungsträger gesetzlich verpflichtet ist, nämlich bei dem zur Pflegeversicherung versicherten Personenkreis - wie hier dem Kläger als Rentner - Beiträge einzubehalten und für ihn als Kinderlosen zur Pflegeversicherung in der in§ 55 Abs. 1 Satz 1 , Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 SGB XI festgelegten Höhe abzuführen.
Für die Entscheidung über die Versicherungs- und Beitragspflicht ist ausschließlich der Träger zuständig, in dessen Versicherungszweig die Versicherungspflicht und Beitragshöhe umstritten ist (vgl. BSGE 45, 296, 299 = SozR 2200 § 381 Nr. 26; BSG SozR 3 4100 § 155 Nr. 4; SozR 3-2600 § 3 Nr. 5; SozR 4-2600 § 191 Nr. 1; SozR 4-2600 § 3 Nr. 1; SozR 4-2500 § 5 Nr. 2). Zur Feststellung der Höhe der Versicherungspflicht des Klägers in der sozialen Pflegeversicherung ist mithin nicht die Beklagte berufen, sondern die Pflegekasse. Denn diese ist gemäß 48 Abs. 1 Satz 1 SGB XI für die Durchführung der Pflegeversicherung zuständig; die Pflegekassen sind nach§ 60 Abs. 3 Satz 3 SGB XI auch zur Prüfung der ordnungsgemäßen Beitragszahlung berechtigt. Die Pflegekassen entscheiden somit in streitigen Fällen sowohl über die Versicherungspflicht (§ 1 Abs. 2 Satz 1 SGB XI i.V.m.§ 5 SGB V ) als auch über die Betragshöhe (vgl. BSGE 81, 177, 178 = SozR 3-3300 § 55 Nr. 2). Das ist hier bislang nicht geschehen.
Die Beklagte als Rentenversicherungsträger ist mithin nur beitragsabführende „Zahlstelle“ hinsichtlich der Pflegeversicherungsbeiträge einschließlich der Beitragszuschläge für Kinderlose. Als beitragsabführende Stelle ist sie lediglich Adressat des Nachweises der Elterneigenschaft. Besteht dagegen Streit über die Pflicht zur Tragung des um den Beitragszuschlag erhöhten Beitrags, so kann darüber nicht die Beklagte befinden. Dies ist vielmehr Aufgabe der Pflegekassen im Rahmen ihres Entscheidungsmonopols. (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Februar 2006 - L 7 R 3772/05 -, Rn. 18 - 21, juris).
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Das Rechtsmittel der Berufung folgt aus den§§ 143 ff. SGG .
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