Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Pflegegeld nach bindender Aufhebung der Bewilligung
Orientierungssatz
1. Nach § 50 Abs. 1 SGB 10 sind erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein bewilligender Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.
2. Ist die Bewilligung von Pflegegeld gemäß §§ 4, 14 SGB 11 von der Pflegekasse aufgehoben worden und ist die Aufhebungsentscheidung bestandskräftig geworden, so ist der Leistungsempfänger nach § 50 Abs. 1 SGB 10 zur Erstattung der bewilligten Leistungen verpflichtet.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Leistungen der Beklagten für die Zeit vom 10.03.2019 bis zum 30.06.2019 in Höhe von 1.169,20 EUR und begehrt zugleich die Zahlung von Pflegegeld seit Juni 2019.
Die bei der Beklagten kranken- und pflegeversicherte Klägerin (geboren am 00.00.1974) bezog von der Beklagten zunächst Leistungen nach dem Pflegegrad 2 (Pflegegeld).
Mit Bescheid vom 06.03.2019, zugestellt am 09.03.2019, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2019 hob die Beklagte die erfolgte Bewilligung von Leistungen nach dem Pflegegrad 2 ab dem Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung auf. Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Gelsenkirchen mit Urteil vom 23.09.2020 ab (S 3 P 191/19). Die Berufung wies das LSG Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 18.02.2021 zurück (L 5 P 126/20). Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde vom BSG mit Beschluss vom 18.02.2021 (B 3 P 4/21 B) als unzulässig verworfen.
Die Beklagte forderte von der Klägerin mit Bescheid vom 06.10.2021 die Erstattung von überzahlten Pflegegeld. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 06.03.2019 habe aufschiebende Wirkung gemäß § 86a SGG gehabt. In der Zeit vom 10.03.2019 bis 30.06.2019 habe die Klägerin daher zu Unrecht Leistungen bezogen. Insgesamt ergebe sich eine Überzahlung von 1.169,20 EUR. Hierbei sei der Bezug von Pflegegeld in Höhe von monatlich 316,00 EUR für die Zeit von März bis Juni 2019 zu berücksichtigen (insgesamt 1.264,00 EUR). Ein Anspruch bestehe aber nur für den Zeitraum 01.03.2019 bis 09.03.2019 in Höhe von 94,80 EUR.
Den hiergegen am 08.10.2021 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2021 als unbegründet zurück. Die der Klägerin am 09.03.2019 zugestellte Entscheidung über die Aufhebung von Leistungen sei inzwischen bestandskräftig. Gemäß § 50 SGB X seien bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben ist. Dies sei vorliegend der Fall. Auch die Berechnung der überzahlten 1.169,20 EUR sei nicht zu beanstanden.
Mit ihrer am 06.01.2022 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung der Entscheidung der Beklagten sowie die rückwirkende Zahlung von Pflegegeld seit Juni 2019.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Bescheid vom 06.10.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2021 aufzuheben
und
die Beklagte zu verurteilen, ihr ab Juni 2019 weiterhin Leistungen nach dem Pflegegrad 2 (Pflegegeld) nach weiterer Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und dem übrigen Vorbringen der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie den beigezogenen Gerichtsakten zu dem Aktenzeichen S 3 P 191/19.
Entscheidungsgründe
Die Berechtigung des Kammervorsitzenden, über den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung und ohne Urteil zu entscheiden, folgt aus den §§ 12 und 105 SGG. Die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und der Sachverhalt ist geklärt. Die Beteiligten sind dazu auch gehört worden.
Die gegen den Bescheid vom 06.01.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2021 erhobene Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren subjektiven Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG) (s. dazu Punkt 1.). Die Klage auf Zahlung von Pflegegeld seit Juni 2019 ist als echte Leistungsklage unzulässig (s. dazu Punkt 2.).
1.
Gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Die zu erstattende Leistung ist gemäß § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen.
Ist der Verwaltungsakt aufgehoben worden, steht der Verwaltung kein Ermessen mehr zu, ob Sie den Erstattungsanspruch geltend machen will. Auch ist die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs nicht von einem Verschulden des Betroffenen abhängig (vgl. hierzu Schütze in: von Wulffen/Schütze, SGB X, Kommentar, 8. Aufl., § 50 Rn. 18 m.w.N.).
In dem vorliegenden Fall hat die Beklagte mit Bescheid vom 06.03.2019, zugestellt am 09.03.2019, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2019 die erfolgte...