Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. keine Erstattung außergerichtlicher Kosten. zulässige Untätigkeitsklage. Ausnutzen einer formalen Rechtsposition. offensichtliche Unbegründetheit der Untätigkeitsklage
Leitsatz (amtlich)
Stellt sich Erhebung der Untätigkeitsklage als das bloße Ausnutzen einer formalen Rechtsposition dar, hat die Behörde dem Kläger keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tenor
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens S 1 SB 4626/12 zu erstatten.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Beklagte der Klägerin deren außergerichtliche Kosten für die Erhebung einer Untätigkeitsklage zu erstatten hat.
Auf Antrag der Klägerin vom 08. November 2011 setzte das Landratsamt K. (LRA) deren Grad der Behinderung (GdB) im Sinne des Sozialgesetzbuchs Neuntes Buch ab dem Antragszeitpunkt mit 40 neu fest (Bescheid vom 09. Dezember 2011).
Dagegen erhob die Klägerin, vertreten durch ihre damaligen Prozessbevollmächtigten, am 22. Dezember 2011 Widerspruch mit dem Hinweis, der Widerspruch erfolge zunächst nur zur Wahrung der Frist; eine Begründung erfolge mit gesondertem Schreiben. Nach Akteneinsicht begründeten die damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Widerspruch mit Schriftsatz vom 16. Februar 2012. Der im Rahmen der Sachaufklärung durch das LRA mit Schreiben vom 27. März 2012 angeforderte Befundbericht der Orthopädin Dr. H. ging dem LRA am 02. Mai 2012 zu. Noch am selben Tag leitete das LRA die Aktenunterlagen seinem versorgungsärztlichen Dienst zur Stellungnahme zu. Diese Stellungnahme erging am 06. Juni 2012 mit der Anregung, weitere Sachaufklärung hinsichtlich einer psychiatrischen Behandlung der Klägerin einzuleiten.
Auf Anfrage des LRA an die damaligen Prozessbevollmächtigten, ob wegen einer “depressiven Komponente mit Überlagerungssymptomatik„ einer Facharztbehandlung erfolge (Schreiben vom 19. Juni 2012), legten diese das Mandat nieder (Schriftsatz vom 26. Juli 2012, beim LRA am 30. Juli 2012 eingegangen).
Auf erneute Anfrage des LRA unmittelbar an die Klägerin teilte diese mit Schriftsatz vom 12. August 2012 mit, sie werde künftig durch die Anwaltskanzlei B. vertreten; ihre neue Prozessbevollmächtigte befinde sich momentan noch im Urlaub. Auf weitere Anfrage des LRA an die Klägerin (Schreiben vom 12. September 2012) zeigten die nunmehrigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 21. November 2012 deren Vertretung an. Am 22. November 2012 übersandten sie dem LRA einen Entlassungsbericht der K. Klinik, Ü., mit der Bitte um Entscheidung über den Widerspruch innerhalb eines Monats. Zugleich wiesen sie darauf hin, Auftrag zur Erhebung einer Untätigkeitsklage zu haben. Auf die weitere Anfrage des LRA vom 23. November 2012, ob eine von der Klägerin im September 2012 telefonisch mitgeteilte ärztliche Untersuchung zwischenzeitlich stattgefunden habe und es insoweit einen weiteren Befundbericht anfordern oder die Akte dem ärztlichen Dienst zur abschließenden Stellungnahme zuleiten solle, übersandten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 06. Dezember 2012 einen Arztbrief der Neurologin und Psychiaterin Dr. Hu. “zur weiteren Verwendung„. Außerdem teilten Sie mit, sie hätten noch nicht in Erfahrung bringen können, welche Untersuchung die Klägerin gemeint habe, das sie insoweit mit dieser noch keine Rücksprache hätten halten können. Mit Schriftsatz vom 02. Januar 2013 übersandten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin dem LRA eine ärztliche Bescheinigung des Internisten Dr. R. vom 14. Dezember 2012 und äußerten die Bitte, “die Ermittlungen zeitnah abzuschließen und rasch über den Widerspruch zu entscheiden.„ Dabei wiesen sie auf § 88 SGG hin.
Bereits am 20. Dezember 2012 hat die Klägerin Untätigkeitsklage beim Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Diese Klage hat sie nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2013 in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, den Beklagten zu verpflichten, ihre außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Der Beklagte ist diesem Antrag entgegengetreten.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte des Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für die Erhebung der Untätigkeitsklage zu erstatten.
Endet - wie vorliegend - ein nicht kostenpflichtiges Gerichtsverfahren nicht durch Urteil, entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluss, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben (§ 193 Abs. 1 Satz 1 und 3 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫). Über die Maßstäbe, nach denen das Gericht im konkreten Einzelfall die Kostenverteilung vorzunehmen hat, sagt das Gesetz zwar nichts. Es entspricht jedoch herrschender Auffassung, dass die außergerichtlichen Kosten nach pflicht- und sachgemäßem Ermessen aufzute...