Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsweg/Betriebsweg. Beginn der versicherten Tätigkeit. häuslicher Wirkungskreis. Durchschreiten der Außentür des Wohnhauses
Leitsatz (amtlich)
Der Weg von einem Wohnraum im selbstgenutzten Wohnhaus zum häuslichen Arbeitszimmer steht nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Die 1946 geborene Klägerin, eine Kauffrau, stürzte am Vormittag des 7. Oktober 2009 gegen 11:00 Uhr als sie auf der Treppe von ihrer im Obergeschoss belegenen Wohnung in das im Erdgeschoss desselben Hauses gelegene und ausschließlich betrieblich genutzte Büro gehen wollte. Noch am selben Tag stellte der Durchgangarzt Dr. E... eine Maisonneuve-Fraktur links mit Syndesmosenruptur fest.
In der Zeit vom 7. bis zum 26. Oktober 2009 wurde die Klägerin daraufhin stationär im Kreiskrankenhaus B. behandelt. Am 9. Oktober 2009 erfolgte dort eine Stellschraubeneinbringung bei Syndesmosenruptur des linken oberen Sprunggelenks in Spinalanästhesie.
Bereits unter dem 24. Oktober 2009 hatte die Klägerin gegenüber der Beklagten zum Unfallhergang schriftlich angegeben, der Unfall habe sich in ihrem Wohnhaus auf der Treppe - noch vor dem Erreichen des betrieblich benutzten Büros - ereignet. Diese Treppe nutze sie aus privaten Gründen täglich acht- und aus betrieblichen täglich zweimal. Sie sei zuvor im Umkleideraum gewesen, habe sich dort circa eine halbe Stunde aufgehalten. Anschließend habe sie ins Büro gehen wollen, um dort Überweisungen zu holen, die sie habe zur Bank bringen wollen. Zum Unfallzeitpunkt habe sie keine Geschäftspapiere mit sich geführt.
Mit Bescheid vom 5. November 2009 lehnte es die Beklagte ab, den von der Klägerin am 7. Oktober 2009 erlittenen Unfall zu entschädigen. Zur Begründung hieß es, der Unfall habe sich im häuslichen unversicherten Bereich ereignet. Deshalb liege kein Arbeitsunfall vor. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung seien dementsprechend nicht zu gewähren.
Den dagegen von der Klägerin am 27. November 2009 erhobenen Widerspruch, der nicht begründet wurde, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2010 als unbegründet zurück.
Am 19. Februar 2010 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erheben lassen.
Die Klägerin trägt vor, sie sei selbständig tätig und betreibe ein ... Geschäft in B.. Die Räumlichkeiten des Ladengeschäftes seien so begrenzt, dass sie dort kein ausreichendes Büro habe einrichten können. Deshalb habe sie das Büro in ihrem Wohnhaus in Baden-Baden im Erdgeschoss eingerichtet. Dieser Sachverhalt sei auch vom Finanzamt geprüft und steuerlich anerkannt worden.
Am Unfalltag habe sie morgens die Arbeit aufgenommen und sich in den ausgewiesenen Büroräumen im Erdgeschoss ihres Anwesens aufgehalten. Dort sei sie mit verschiedenen Bürotätigkeiten mindestens für eine Stunde beschäftigt gewesen. Während dieser Zeit habe sie auch die erforderlichen betrieblichen Überweisungen vorbereitet. Gegen 11.00 Uhr habe sie die die Bürotätigkeit abgeschlossen und sich entschlossen, mit den vorbereiteten Überweisungen zur Bank zu fahren. Deshalb habe sie sich nochmals in Obergeschoss begeben, um sich umzuziehen und insbesondere ihre Schuhe anzuziehen. Danach sei sie wieder die Treppe nach unten gegangen, um im Büro die vorbereitenden Überweisungen zu holen. Auf diesem Weg zurück in den Büroraum sei sie im unteren Bereich die Treppe kurz vor Erreichen des Erdgeschosses gestürzt und habe sich die Fraktur zugezogen. Das obere linke Sprunggelenk sei ausgekugelt und gebrochen gewesen. Die Unfallfolgen dauerten bis heute an.
Sie habe in ihrer Arbeitsstätte im Büro des Erdgeschosses ihres Wohnhauses die Arbeit also bereits längere Zeit aufgenommen gehabt. Sie habe sich dementsprechend auch nicht auf dem Weg zur Arbeit vor Arbeitsbeginn befunden. Das Verlassen des Büroraums für den Weg zur Bank sei aus räumlichen Gründen unerlässlich gewesen. Hierdurch sei jedoch die aufgenommene Arbeitstätigkeit im versicherungsrechtlichen Sinne nicht unterbrochen worden. Die Besonderheit des vorliegenden Falles liege darin, dass hier ein Teil der Arbeitsstätte räumlich in den privaten Bereich integriert sei. Eine private Verrichtung habe im vorliegenden Fall die versicherte Tätigkeit nicht unterbrochen. Das Ankleiden habe nicht privaten Zwecken, sondern dem betrieblich veranlassten Weg zur Bank gedient. Vor diesem Hintergrund begehre sie die Anerkennung des erlittenen Unfalls als Arbeitsunfall.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 5. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, festzustellen, dass sie am 7. Oktober 2009 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, bei der Zurechnung von Wegen zur versicherten Tätigkeit bei Wohnung und Ar...