Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ersatzanspruch bei sozialwidrigem Verhalten. Arbeitsplatzverlust nach Diebstahl beim eigenen Arbeitgeber. Anforderungen an die Bestimmtheit des Bescheides über die Ersatzpflicht
Leitsatz (amtlich)
Ein höherer Hilfebedarf nach dem SGB 2 infolge eines Arbeitsplatzverlustes kann einen Ersatzanspruch des Grundsicherungsträgers nach § 34 SGB 2 auslösen, wenn der Arbeitsplatzverlust auf die Entdeckung eines Diebstahls zum Nachteil des eigenen Arbeitgebers zurückzuführen ist.
Orientierungssatz
Ein Bescheid über die Ersatzpflicht nach § 34 SGB 2 ist hinreichend bestimmt, wenn der Adressat des Verwaltungsaktes die Höhe der Haftungsschuld erkennen kann, dh der konkret geschuldete Betrag angegeben ist (vgl SG Dresden vom 28.4.2014 - S 48 AS 6813/12).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid über eine Ersatzpflicht nach § 34 SGB II, der im Hinblick auf eine vorgeworfene, sozialwidrig herbeigeführte Hilfebedürftigkeit erlassen wurde.
Der 1961 geborene Kläger steht seit dem Jahr 2008 mit Unterbrechungen beim Beklagten im SGB II-Leistungsbezug.
Zum 01.07.2008 erhielt der Kläger bei der Firma C. einen Arbeitsplatz auf 400 €-Basis (Bl. 43 Verwaltungsakte).
Zum 01.12.2008 zog die Tochter des Klägers zu ihm in die Bedarfsgemeinschaft.
Im Juni 2009 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er seine Stunden aufstocken könne (Bl. 85 Verwaltungsakte).
Im Rahmen eines Gesprächs am 31.01.2011 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er eine weitere Aufstockung seiner Stunden habe erreichen können. Der Kläger überreichte sodann eine Entgeltabrechnung für Januar 2011 mit einem Bruttolohn in Höhe von 1477,55 €, dem ein Nettolohn in Höhe von 1073,72 € entsprach (Bl. 169 Verwaltungsakte). Ein entsprechendes Bruttogehalt erzielte der Kläger sodann auch in der Folgezeit.
Im Rahmen einer Vorsprache am 15.11.2011 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er sein Beschäftigungsverhältnis zum 07.10.2011 gekündigt habe, um einer schuldhaften Kündigung durch seinen Arbeitgeber vorzugreifen. Es seien Sperrzeiten wegen verspäteter Meldung und wegen Arbeitsaufgabe ausgesprochen worden. Daher sei er nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt seiner Tochter sicherzustellen. Der Kläger sei auf eine beabsichtigte Minderung seines Arbeitslosengeldes II und auf eine Verpflichtung zum Ersatz der gewährten Leistungen hingewiesen worden (Bl. 188 Verwaltungsakte).
Der Kläger überreichte eine von ihm selbst unterschriebene Erklärung vom 07.10.2011, aus der hervorgeht, dass er an diesem Tag bei der Arbeit des Diebstahls überführt wurde (Bl. 199 Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 07.11.2011 stellte die Agentur für Arbeit eine Sperrzeit für die Zeit vom 08.10.2011 bis 30.12.2011 fest. Während dieser Zeit ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis bei der Firma C. durch eigene Kündigung selbst aufgelöst. Er habe voraussehen müssen, dass er dadurch arbeitslos werde. Die Sperrzeit dauere 12 Wochen (Bl. 201 Verwaltungsakte).
Mit einem weiteren Sperrzeitbescheid minderte die Agentur für Arbeit den Leistungsanspruch auch für die Zeit vom 31.12.2011 bis 06.01.2012, da sich der Kläger nicht rechtzeitig arbeitslos gemeldet habe (Bl. 202 Verwaltungsakte).
Aus dem Bewilligungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 07.11.2011 geht hervor, dass der Kläger in der Zeit vom 20.10.2011 bis 06.01.2012 wegen der Sperrzeiten keinen Leistungsanspruch hatte. Ab 07.01.2012 betrug das Arbeitslosengeld täglich 22,38 € (Bl. 203 Verwaltungsakte).
Einem Vermerk kann entnommen werden, dass der Kläger sich mit dem Beklagten auf einen Leistungsbeginn ab 01.11.2012 geeinigt hatte (Bl. 216 Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 30.11.2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger und seiner Tochter Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.11.2011 bis 31.12.2011 in Höhe von monatlich 670,76 € (Bl. 217 Verwaltungsakte / Bl. 39 ff. Gerichtsakte). Der Seite 2 des Bescheids kann unter der Überschrift “Bitte beachten Sie„ folgendes entnommen werden:
“Die Bewilligung erfolgt aufgrund der Tatsache, dass Sie eine Sperrzeit der Agentur für Arbeit erhalten haben. Im Bewilligungszeitraum sind die Leistungen entsprechend § 31 (2) Nr. 3, § 31 a (1) in Verbindung mit § 31 b (1) Satz 2 SGB II mit 30 % zu sanktionieren.
Bitte beachten Sie, dass Sie die Leistungen gem. § 34 SGB II ersetzen müssen. Hierüber erhalten Sie einen gesonderten Bescheid.„
Mit Änderungsbescheid vom 22.12.2011 modifizierte der Beklagte die Leistungshöhe für die Zeit vom 01.11.2011 bis 31.12.2011 unter Berücksichtigung der Versicherungspauschale. Dem Kläger und seiner Tochter wurden Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 700,76 € bewilligt (Bl. 230 Verwaltungsakte).
In der Verwaltungsakte des Beklagten befinden sich sodann Horizontalübersichten für November und Dezember 2011, aus denen hervorgeht, wie hoch der Anspruc...