Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwerbehindertenrecht. GdB-Feststellung. Versorgungsmedizinische Grundsätze. Bildung des Gesamt-GdB. chronische Bronchitis mit einem Einzelwert von 40. weitere Funktionsbeeinträchtigungen mit Einzelwerten von 10 und 20. Beurteilung der Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen. Gesamtbild der Behinderung
Orientierungssatz
1. Bei der Ermittlung des Gesamt-GdB dürfen die Einzel-GdB-Werte nicht addiert werden. Maßgebend sind vielmehr die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
2. In der Regel ist von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderungen größer wird, ob also wegen weiterer Beeinträchtigungen der höchste Einzel-GdB angemessen durch Hinzufügen von 10, 20 oder mehr Punkten zu erhöhen ist, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden.
3. Zur einzelfallbezogenen Bildung des Gesamt-GdB ausgehend von einem Einzel-GdB-Wert von 40 für eine chronische Bronchitis sowie weiterer Einzel-GdB-Werte von 20 für Bluthochdruck und von jeweils 10 für Diabetes mellitus, Krampfaderleiden der Beine sowie Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule und Hüften.
Tenor
1. Der Bescheid vom 24.10.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2018 wird abgeändert und der Beklagte seinem Teil-Anerkenntnisse vom 25.06.2019 entsprechend verurteilt, bei dem Kläger einen Grad der Behinderung von 40 ab 06.07.2017 festzustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Beklagte trägt 1/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) als 30 sowie der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G.
Der 1950 geborene Kläger stellte erstmals am 6. Juli 2017 einen Antrag nach dem Schwerbehindertenrecht und beantragte dabei auch die Feststellung des Merkzeichens G. Dabei gab er als Gesundheitsstörungen COPD Stadium II, arteriellen Hypertonus, Diabetes mellitus, Coxarthrose beidseits und ein Venenleiden an.
Der Beklagte holten einen Befund- und Behandlungsberichte der Ärztin für Allgemeinmedizin XXX ein. Nach einer von dem Beklagten veranlassten gutachterlichen Stellungnahme lagen bei dem Kläger folgende Beeinträchtigungen und Einzel-GdB vor:
|
Chronische Bronchitis (30) |
Bluthochdruck, Organbeteiligung (10) |
Beinvenenleiden beidseits (10) |
Rhondopathie (0) |
Diabetes mellitus (0) |
Funktionsstörung der Wirbelsäule mit Ausstrahlung (10) |
Funktionsstörung im Hüftgelenk beidseits (10) |
Den Gesamt-GdB schätzte der ärztliche Berater des Beklagten weiterhin mit 30 ein. |
Mit Bescheid vom 24. Oktober 2017 stellte der Beklagte daraufhin einen GdB von 30 aufgrund einer chronischer Bronchitis, eines Beinvenenleidens beidseits, Bluthochdruck mit Organbeteiligung, Funktionsstörung der Wirbelsäule mit Ausstrahlung sowie Funktionsstörung im Hüftgelenk beidseits fest. Die Feststellung von Merkzeichen komme nicht in Betracht, da keine Schwerbehinderung vorliege.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 26. Oktober 2017 Widerspruch und führte zur Begründung aus, dass ein GdB von 30 zu wenig sei. Er erwarte einen Ausweis mit dem Merkzeichen G, dass Gehen sei viel schlechter geworden. Er habe im Dezember einen erneuten Termin bei seiner Hausärztin. Es solle von dort ein aktueller Befundbericht eingeholt werden.
Daraufhin holte der Beklagte einen Befundbericht der Ärztin für Allgemeinmedizin -XXX vom 28. März 2018 ein. Nach einer von dem Beklagten veranlassten gutachterlichen Stellungnahme lag keine Änderung zu bisherigen Einschätzung vor. Den Gesamt-GdB schätzte der ärztliche Berater des Beklagten weiterhin mit 30 ein.
Daraufhin wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 6. April 2018 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass nach dem eingeholten Befundbericht von Frau XXX vom 28. März 2018 die festgestellte Behinderung mit einem GdB von 30 zu bewerten sei. Ein höherer GdB lasse sich nach Art und Ausmaß der erhobenen Befunde gegenwärtig nicht begründen. Das beantragte Merkzeichen G könne allein schon deshalb nicht zuerkannt werden, weil er nicht zu dem Personenkreis der schwerbehinderten Menschen (GdB wenigstens 50) gehöre.
Am 15. Mai 2018 hat der Kläger beim Sozialgericht Lübeck Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Hierzu führt er aus, dass er den Widerspruchsbescheid erst heute von einer Mitarbeiterin des Beklagten ausgehändigt bekommen habe. Der Widerspruchsbescheid sei ihm nicht zuvor per Post zugegangen. Ansonsten verweist er auf seine Begründung im Widerspruchsverfahren.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,
den Bescheid des Beklagten vom 24.10.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2018 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm e...