Leitsatz
Getrennt lebende Eltern von vier minderjährigen Kindern vertraten divergierende Auffassungen zu dem Verbleib der beiden jüngsten Kinder in einer Pflegefamilie. Die Mutter strebte eine Herausnahme der beiden Kinder aus der Pflegefamilie an, der Vater sprach sich für ihren Verbleib dort aus. Beide Eltern habe die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für ihre beiden Kinder auf sich alleine beantragt.
Sachverhalt
Die Beteiligten waren getrennt lebende Eheleute. Aus ihrer Ehe waren vier in den Jahren 1994, 1996, 1998 und 2002 geborene Kinder hervorgegangen. Die Eltern lebten seit 2003 voneinander getrennt. Ein Scheidungsverfahren war anhängig.
Die älteste im Jahre 1994 geborene Tochter lebte im Haushalt der Mutter. Der im Jahre 1996 geborene Sohn hielt sich ebenfalls zunächst im Haushalt seiner Mutter auf und war zwischenzeitlich in einem Heim untergebracht.
Die beiden jüngsten Kinder waren aufgrund von Vernachlässigung und Überforderung der Mutter im November 2002 zunächst in eine Tagespflege gegeben worden. Im Juni 2003 wurde diese Tagespflege in eine Vollzeitpflege umgewandelt. Dort lebten die Kinder ununterbrochen.
Zwischen der Mutter und den beiden Kindern fand lediglich stundenweiser Umgang statt. Dieser wurde ab Mai 2008 auf alle drei Wochen eingeschränkt, da beide Kinder auf die Umgangskontakte mit der Mutter mit Verhaltensauffälligkeiten reagierten. Sodann erfolgte der Umgang zwischen ihr und den Kindern nur in begleiteter Form.
Anfang 2008 stellte die Mutter den Antrag auf Rückführung der beiden jüngeren Kinder in ihren Haushalt. In einem daraufhin eingeholten Gutachten wurde - wie bereits in einem früheren Gutachten - empfohlen, die beiden Kinder bei den Pflegeeltern zu belassen. Ferner stellte die Sachverständige - wie schon in ihrem ersten Gutachten aus dem Monat Juli 2004 - die Erziehungsunfähigkeit der Mutter fest.
Durch Beschluss vom 6.5.2009 hat das AG das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowie das Recht zum Stellen von Anträgen nach sozialrechtlichen Vorschriften betreffend die beiden jüngeren Kinder der Kindesmutter entzogen. Hiergegen legte sie Beschwerde ein. Der Vater verteidigte die angefochtene Entscheidung und sprach sich für einen Verbleib der Kinder in der Pflegefamilie aus. In dem Termin vor dem OLG beantragten beide Eltern die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die beiden Kinder auf sich allein.
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die beiden jüngeren Kinder sowie das Recht zum Stellen von Anträgen nach sozialhilferechtlichen Vorschriften sei gemäß § 1671 BGB auf den Vater allein zu übertragen. Diese Regelung entspreche dem Wohl der Kinder am besten.
Die Eltern könnten sich über den künftigen Lebensmittelpunkt der beiden Kinder nicht einigen. Diese Uneinigkeit mache die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil allein erforderlich. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowie das Recht zum Stellen von Anträgen nach sozialhilferechtlichen Vorschriften betreffend die beiden jüngeren Kinder sei gemäß § 1671 BGB auf den Vater allein zu übertragen. Diese Vorschrift sei ggü. § 1666 BGB vorrangig (vgl. hierzu Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1666 Rz. 3; Zorn, Das Recht der elterlichen Sorge, 2. Aufl., Rz. 335).
Aus dem Vorbringen der Mutter ergebe sich, dass sie die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich allein zu dem Zweck erstrebe, die beiden Kinder von den Pflegeeltern wegzuholen und in ihren Haushalt zu verbringen. Eine solche Maßnahme würde nicht nur dem Wohl der Kinder widersprechen, sondern beiden Kindern erhebliche Schäden zufügen. Das Rückgabeverlangen der Mutter sei daher als kindeswohlwidrige Ausübung des elterlichen Sorgerechts zu werten.
Der von der Mutter mit der Sorgerechtsübertragung angestrebte Wechsel der Kinder in ihren Haushalt würde sich wegen der bei ihr bestehenden erzieherischen Defizite nachteilig auf das Kindeswohl auswirken. Es würde im derzeitigen Entwicklungsstadium den Grad einer Kindeswohlgefährdung erreichen. Dieser Gefahr könne nach Abwägung aller Umstände nur durch eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und des damit im Zusammenhang stehenden Rechts zum Stellen von Anträgen auf den Kindesvater allein begegnet werden, der sich für einen Verbleib der Kinder bei den Pflegeeltern ausspreche.
Er wolle ausdrücklich nicht, dass die Kinder in den Haushalt der Mutter zurückkehrten und habe sich ausdrücklich dafür ausgesprochen, beide Kinder in der Pflegefamilie zu belassen, wo sie auch zukünftig leben sollten. Nach den Angaben des Jugendamtes habe es in der Vergangenheit keine Probleme in der Zusammenarbeit zwischen dem Jugendamt und dem Kindesvater gegeben. Daher werde dem von der Kindesmutter verfolgten Rückführungsverlangen und der dadurch drohenden konkreten Kindeswohlgefährdung ausreichend entgegengewirkt, wenn das in erster Linie zwischen den Eltern streitige Aufenthaltsbestimmungsrecht für die beiden Kinder auf den Vater alleine übertragen werde.
Link zur Entsche...