Detlef Burhoff, Dr. Peter Kotz
Rdn 173
Literaturhinweise:
Pollähne/Lange-Joest, Heilung erzwingen?, 2013
Engelfried, Folter, Hilfe oder fürsorgliche Belagerung? Zwangsbehandlungen in der Psychiatrie – ein oft verdrängtes, weil angstbesetztes Thema, Betrifft Justiz 2012, 330 f.
Kammeier, Anmerkung zum Beschluss des BVerfG vom 23.3.2011 (…) – Zur Zulässigkeit der medikamentösen Zwangsbehandlung, BtPrax 2011, 119 ff.
Olzen/Metzmacher, Zulässigkeit der Zwangsbehandlung untergebrachter Personen, BtPrax 2011, 233 ff.
Grottkopp, Medizinische Zwangsbehandlung untergebrachter Personen – in Grenzen – wieder möglich, BtPrax 2013, 83 ff.
Thar, Die Einwilligung des Betreuers in die Zwangsbehandlung, BtPrax 2013, 91 ff.
s.a. die Hinweise bei → Maßregelvollzug, Allgemeines, Teil C Rdn 2.
Rdn 174
1. Ob und inwieweit eine Zwangsbehandlung zulässig ist, hat das BVerfG in einer vielbeachteten Grundsatzentscheidung (BVerfG NJW 2011, 2113 ff.); entschieden. Danach gilt:
Rdn 175
2.a) Der schwerwiegende Eingriff in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 GG, der in der medizinischen Behandlung eines im Maßregelvollzug Untergebrachten gegen dessen natürlichen Willen liegt, kann grds. auch zur Erreichung des Vollzugsziels gerechtfertigt sein (krit. zum Ganzen u.a. Kammeier BtPrax 2011, 119 ff., der zutreffend an den Grundsatz der Freiheit zur Krankheit erinnert).
Rdn 176
b) Eine Zwangsbehandlung zur Erreichung des Vollzugsziels ist nur zulässig, wenn der Untergebrachte krankheitsbedingt zur Einsicht in die Behandlungsbedürftigkeit oder zum Handeln gemäß dieser Einsicht nicht fähig ist. Maßnahmen der Zwangsbehandlung dürfen nur als letztes Mittel und nur dann eingesetzt werden, wenn sie im Hinblick auf das Behandlungsziel, das ihren Einsatz rechtfertigt, Erfolg versprechen und für den Betroffenen nicht mit Belastungen verbunden sind, die außer Verhältnis zu dem erwartbaren Nutzen stehen. Zum Schutz der Grundrechte des Untergebrachten sind besondere verfahrensmäßige Sicherungen geboten.
Rdn 177
c) Diese Rechtsprechung zur Zwangsbehandlung hat das BVerfG weiter konkretisiert. Jüngst hat es etwa bestimmt, dass die in BVerfGE 128, 282 ff. aufgestellten Grundsätze zur Zwangsbehandlung auch bei einer Beurlaubung in ein Übergangswohnheim gelten (StV 2015, 245).
Rdn 178
3. Auch die Obergerichte beschäftigen sich mit dem Themenkomplex. So geht das OLG Stuttgart (StV 2015, 245) davon aus, dass der Prüfungs- und Abwägungsprozess, ob eine Zwangsbehandlung zulässig ist, eine Einzelfallentscheidung und abhängig von Dauer, Wirksamkeit und Erfolg bisheriger Behandlungsansätze mit Medikamenten und dem bisherigen Unterbringungs- und Behandlungsverlauf ist. Ggf. sind detaillierte, nachvollziehbare Darlegungen erforderlich, weshalb eine neue Medikation, zu der die Zustimmung erteilt werden soll, nach langer erfolgloser Zwangsbehandlung nunmehr Erfolg versprechend ist.
☆ Bloßer Behandlungsoptimismus , der sich im Durchprobieren sämtlicher möglicher Medikamente erschöpft, kann als Beleg für die Geeignetheit der Zwangsbehandlung in Fällen der schon lang andauernden erfolglosen Zwangsbehandlung nicht ausreichen., der sich im "Durchprobieren" sämtlicher möglicher Medikamente erschöpft, kann als Beleg für die "Geeignetheit" der Zwangsbehandlung in Fällen der schon lang andauernden erfolglosen Zwangsbehandlung nicht ausreichen.
Siehe: → Maßregelvollzug, Allgemeines, Teil C Rdn 1.