Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Unzulässigkeit. Widerspruch eines Sozialversicherungsträgers gegen Verwaltungsakt. Verschuldenskosten
Leitsatz (amtlich)
1. Der Widerspruch eines Versicherungsträgers gegen einen ihn belastenden Verwaltungsakt ist nicht zulässig (vgl BSG Urteil vom 23.6.1994 - 4 RK 3/93 = SozR 3-1500 § 87 Nr 1).
2. Zur Auferlegung von Verschuldenskosten auf einen Versicherungsträger.
Normenkette
SGB X § 45 Abs. 1, 2 S. 3, Abs. 4 S. 1, §§ 49, 12 Abs. 2 S. 1; SGG § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 184 Abs. 2, §§ 77, 78 Abs. 1 S. 2 Nr. 3
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Altenburg vom 4. September 2009 und der Bescheid der Beklagten vom 6. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. November 2006 aufgehoben.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge sowie die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3. für das Berufungsverfahren.
Die Beklagte hat Gerichtskosten in Höhe von 500,00 Euro an die Staatskasse zu zahlen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der sozialversicherungsrechtliche Status des Klägers in dem Zeitraum vom 9. Januar 1996 bis 31. Dezember 2006 aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3. streitig.
Der 1964 geborene Kläger war seit dem 1. Juli 1991 bis 31. Dezember 2005 bei der Beklagten pflichtversichert. In der Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2006 war er nicht mehr gesetzlich krankenversichert. Er arbeitete zunächst in der Einzelfirma “A.. H. K. - V. T.„, danach bei der Beigeladenen zu 3. Diese wurde am 1. November 1995 in das Handelsregister eingetragen wurde. Das Stammkapital betrug 300.000 DM. Alleingesellschafter war der Vater des Klägers V. T.. Mit notariellem Vertrag vom 9. Januar 1996 trat der Alleingesellschafter im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an den Kläger und dessen Bruder C. T. einen Geschäftsanteil von nominal 72.000 DM mit Gewinnbezugsrecht ab. Alleiniger Geschäftsführer blieb V. T.. Am 12. April 2005 wurde im Handelsregister die Erteilung von Einzelprokura für den Kläger und C. T. eingetragen.
Am 30. September 2005 beantragten der Kläger und die Beigeladene zu 3. bei der Beklagten die Überprüfung seines versicherungsrechtlichen Status aufgrund der leitenden Stellung im Unternehmen. Die Stimmrechte seien aufgrund familiärer Rücksichtnahme gemeinschaftlich ausgeübt worden, mithin sei das Verhältnis der Gesellschafter durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander geprägt und entspreche nicht dem üblichen Verhältnis zwischen familienfremden Gesellschaftern. Beschlüsse seien in aller Regel gleichberechtigt und einstimmig gefasst worden. In einer Gesellschafterversammlung im Jahr 1996 sei er mündlich zum Geschäftsführer bestellt worden; eine Eintragung in das Handelsregister sei nicht erfolgt. Er sei im Wesentlichen verantwortlich für die EDV und den Vertrieb. Er sei frei in der Bestimmung seiner Arbeitszeit, könne seinen Urlaub frei gestalten und erhalte eine feste Vergütung in Höhe von 3.900 € monatlich. Seine Unternehmens- und Eigeninteressen seien gleichgerichtet. Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung gab der Kläger u.a. an, er habe der Beigeladenen zu 3. ein Darlehen in Höhe von 102.000 € gewährt, es bestehe kein Arbeitsvertrag, er arbeite wöchentlich zirka 60 bis 65 Stunden, die Vergütung werde im Falle von Arbeitsunfähigkeit für sechs Wochen weitergewährt. Die Verbuchung der Vergütung erfolge als Lohn/Gehalt, er sei am Gewinn nicht beteiligt. Er könne selbstständig Personal einstellen und/oder entlassen.
Mit Schreiben vom 28. Oktober 2005 teilte die ihm Beklagte mit, es habe sich bei seinem Beschäftigungsverhältnis nicht um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis im sozialversicherungsrechtlichen Sinne gehandelt. Vielmehr gehöre er seit dem 9. Januar 1996 zum Personenkreis der Selbstständigen. Es sei beabsichtigt, ihn für die Zeit ab 9. Januar 1996 als freiwilliges Mitglied einzustufen. Es werde ihm die Möglichkeit eingeräumt, sich nochmals bis zum 11. November 2005 zur beabsichtigten Umstufung zu äußern. Den am 12. September 2005 bei der Beigeladenen zu 2. gestellten Antrag nach §§ 7 a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) nahm der Kläger am 28. November 2005 zurück. Mit Bescheid vom 7. Dezember 2005 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seit dem 9. Januar 1996 zum Personenkreis der Selbstständigen gehört.
Am 10. Mai 2006 wandte sich die Beigeladene zu 2., nachdem der Kläger dort die Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen beantragt hatte, an die Beklagte und wies darauf hin, dass nach Punkt 8 der Niederschrift der Besprechung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vom 5./6. Juli 2005 vereinbart wurde, dass sich die Krankenkassen mit dem für die Betriebsprüfung des betreffenden Betriebes zuständigen Rentenversicherungsträger hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Beurteilung von u.a. mitarbeitenden Gesellscha...