Entscheidungsstichwort (Thema)
Erteilung eines Erbscheins. Erbschein
Leitsatz (redaktionell)
Ein auf einen in der ehemaligen DDR belegenen Immobiliennachlass beschränkter Erbschein kann auch nach Beitritt der DDR zur BRD mit dem Vermerk erteilt werden, dass sich die Erbfolge nach dem ZGB der DDR richtet.
Normenkette
BGB § 2369
Verfahrensgang
LG Mühlhausen (Beschluss vom 27.04.1995; Aktenzeichen 1 T 64/95) |
AG Eisenach (Beschluss vom 18.05.1994; Aktenzeichen XI 779/93) |
Tatbestand
I.
Die Erblasserin war mit Dr. I. A. einem türkischen Staatsangehörigen, in zweiter Ehe verheiratet und lebte in der Türkei. Mit privatschriftlichem Testament vom 07.08.1964 setzte sie Dr. A. als ihren alleinigen Erben ein. Unter dem 23.02.1971 traf die Erblasserin eine weitere letztwillige Verfügung. Diese lautet:
„Testament.
Aus meinem im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik befindlichen Nachlaß soll als Vermächtnis erhalten meinen Anteil an den beiden Grundstücken in E. B. und E. die Tochter meines verstorbenen Bruders H. N. meine Nichte A. R. geb. N. in L.,
Ich habe den vorstehenden letzten Willen eigenmächtig geschrieben und unterschrieben.
Istanbul-Etilek
Aköz Apr. 6 … den 23. Februar 1971
Dr. E. A.
geb. N.”
Am … verstarb die Erblasserin in Istanbul. Sie hinterließ keine Abkömmlinge. Zu ihrem Nachlaß in Deutschland zählen ausschließlich die hälftigen Miteigentumsanteile an den Grundstücken B. und E. … in E. 1979 verstarb Dr. I. A.
Mit Urkunde (Urkunden-Nr. 22/1994) des Notars N. in … vom 18.02.1994 hat die Beteiligte, die Tochter eine vorverstorbenen Bruders der Erblasserin, beantragt, einen gegenständlich beschränkten Erbschein zu erteilen, der sie als alleinige Erbin, bezogen auf das Eigentum sowie andere Rechte an Grundstücken und Gebäuden auf dem Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, ausweise.
Mit Beschluß vom 18.05.1994 hat das Amtsgericht Eisenach diesen Antrag zurückgewiesen, weil die Erblasserin der Antragstellerin lediglich ein Vermächtnis ausgesetzt habe. Alleinerbe sei Dr. I. A. geworden. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde hat das Landgericht Mühlhausen mit Beschluß vom 27.04.1995 zurückgewiesen. Das Landgericht ist der Auffassung des Amtsgerichts beigetreten und hat die Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins abgelehnt.
Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihren Antrag auf Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheines weiter verfolgt.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die weitere Beschwerde ist an sich statthaft und formgerecht erhoben, §§ 27, 29 FGG. Die Antragstellerin ist schon deswegen zur Einlegung der weiteren Beschwerde befugt, weil sie durch die Entscheidung des Landgerichts in ihrem beanspruchten Erbrecht verletzt und infolgedessen ihr Erbscheinsantrag zu unrecht zurückgewiesen worden sein könnte.
2. Die weitere Beschwerde ist begründet. Die angefochtenen Entscheidungen der Vorinstanzen beruhen auf einer Verletzung des Gesetzes.
a) Die Auffassung des Landgerichts, der Erbfall vom … unterliege, dem Recht der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dabei kann offenbleiben, ob die Erblasserin die türkische Staatsangehörigkeit angenommen hatte; denn auch in diesem Fall findet gemäß § 25 Abs. 2 RAG/DDR auf den unbeweglichen Nachlaß in dem Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik ausschließlich deren Recht Anwendung. Gemäß Art. 235 § 1 Abs. 1 EGBGB bleibt das bisherige Recht maßgebend, wenn der Erblasser vor dem Wirksamwerden des Beitritts gestorben ist. Danach sind vorliegend die erbrechtlichen Regelungen des Zivilgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik anwendbar, soweit zum Nachlaß Grundeigentum in dessen früheren Geltungsbereich belegen ist, weil der Erbfall nach Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches (01.01.1976) eingetreten ist, auch wenn die Erblasserin ihren ständigen Aufenthalt dort nicht hatte. In entsprechender Anwendung von Art. 3 Abs. 3 EGBGB gilt sonach § 25 Abs. 2 des ebenfalls am 01.01.1976 in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in Kraft getretenen Rechtsanwendungsgesetzes vom 05.12.1975. Nach dieser Vorschrift bestimmen sich die erbrechtlichen Verhältnisse in Bezug auf Eigentum und andere Rechte an Grundstücken und Gebäuden, welche in der Deutschen Demokratischen Republik gelegen sind, ausschließlich nach dortigem Erbrecht, auch wenn der Erblasser Angehöriger eines anderen Staates gewesen ist. Der Gesetzgeber des Grundgesetzes hat diesen Grundsatz durch Art. 3 Abs. 3 EGBGB respektiert. Zum selben Ergebnis führen für den Fall, daß die Erblasserin die türkische Staatsangehörigkeit erworben haben sollte, die Kollisionsnormen des internationalen Privatrechtes. Gemäß Art. 3 Abs. 2 EGBGB i.V.m dem Deutsch-Türkischen Konsularvertrag vom 28.05.1929 (RGBl II 1930, 748; BGBl II 1952, 608) unterliegt der Erbfall grundsätzlich dem jeweiligen Heimatrecht; für Grundstücke gilt indessen nach § 14 der Anlage zu Art. 20 des vorerwähnten Abkommens wiederum ...