Entscheidungsstichwort (Thema)
Überlegungsfrist im Falle einer Ablehnung der Bewilligung
Leitsatz (amtlich)
Für den Fall, dass der Antragsgegner nach Ablehnung der Verfahrenskostenhilfe noch vor dem Termin Beschwerde gegen den ablehnenden Beschluss eingelegt hat und die Beschwerde nicht beschieden wird, kann der Antragsgegner Vertagung des bereits anberaumten Termins beantragen, um das Beschwerdeverfahren durchzuführen.
Normenkette
FamFG § 113 Abs. 1; ZPO § 46 Abs. 2, § § 567 ff., § 42 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Erfurt (Beschluss vom 23.06.2016; Aktenzeichen 34 F 1668/15) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 28.06.2016, eingegangen am 06.07.2016 wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Erfurt vom 23.06.2016, zugestellt am 27.06.2016, abgeändert:
Das gegen Richterin am AG K. gerichtete Ablehnungsgesuch des Antragsgegners wird für begründet erklärt.
2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Gründe
I. Die Antragstellerin, geboren am 28.06.2002, nimmt den Antragsgegner als ihren Vater auf den Mindestunterhalt ab dem 01.11.2015 in Anspruch.
Die Kindeseltern waren nicht verheiratet. Die Antragstellerin lebt bei der Kindesmutter, die allein sorgeberechtigt ist.
Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 07.01.2016 beantragt, den Antrag abzuweisen und ihm - unter Bezugnahme auf eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - Verfahrenskostenhilfe für seine Rechtsverteidigung zu bewilligen.
Der Antragsgegner hat angeführt, er habe zu keiner Zeit Einkünfte über dem Selbstbehalt erzielt. Er sei gelernter Zuschnittschneider und habe nur als Selbständiger in diesem Beruf die Möglichkeit, in Zukunft Einkünfte über dem Selbstbehalt zu erwirtschaften.
Das AG hat mit Verfügung vom 23.02.2016, zugestellt am 29.02.2016, Termin zur Güteverhandlung auf den 06.04.2016 bestimmt.
Die Antragsgegnervertreterin hat mit Schriftsatz vom 01.03.2016 an die Bescheidung ihres VKH - Antrages vor dem Verhandlungstermin am 06.04.2016 ersucht.
Das AG hat mit Beschluss vom 11.03.2016, zugestellt am 04.04.2016, dem Antragsgegner für seine Rechtsverteidigung Verfahrenskostenhilfe verweigert und zur Begründung ausgeführt, ihn treffe gegenüber seinem minderjährigen Kind eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit.
Hiergegen hat der Antragsgegner am 04.04.2016, eingegangen am 05.04.2016, Beschwerde eingelegt und mit weiterem Schriftsatz vom gleichen Tage ersucht, den Verhandlungstermin aufzuheben und die Entscheidung über die Beschwerde abzuwarten.
Der Antragsgegner hat mit weiterem Schriftsatz vom 06.04.2016, eingegangen beim AG um 12.02 Uhr und damit noch vor dem Verhandlungstermin, die Beschwerde begründet.
Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 05.04.2016 beantragt, den Verhandlungstermin vom 06.04.2016 aufzuheben und erst über die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe zu entscheiden, bevor über den Hauptantrag entschieden werden könne. Sollte die Hauptsache trotzdem durchgeführt werden, könne kein Versäumnisbeschluss ergehen.
Obwohl die Vertreterin des Antragsgegners im Termin vom 06.04.2016 anwesend war, keinen Antrag gestellt und darauf hingewiesen hat, dass kein Versäumnisbeschluss ergehen dürfe, hat das AG am 06.04.2016 einen Versäumnisbeschluss erlassen.
Der Senat hat durch Beschluss vom 09.05.2016, zugestellt am 17.05.2016, der Beschwerde des Antragsgegners stattgegeben und im Verfahrenskostenhilfe für die Rechtsverteidigung vor dem AG unter Beiordnung von Rechtsanwältin, W. bewilligt.
Die Vertreterin des Antragsgegners hat mit Schriftsatz vom 22.07.2016, eingegangen am 26.07.2016, vorsorglich Einspruch gegen den Versäumnisbeschluss eingelegt und darauf hingewiesen, dass ihr weder das Protokoll noch der Versäumnisbeschluss zugeleitet worden seien.
Die Antragsgegnervertreterin hat mit Schriftsatz vom 12.04.2016 Richterin am AG K. wegen Besorgnis der Befangenheit gemäß § 42 Abs. 1 ZPO abgelehnt.
Zur Begründung wird Bezug genommen auf den Verfahrensverlauf. Die Richterin habe ohne Begründung und rechtliche Würdigung am Termin festgehalten und dadurch dem Antragsgegner nicht unerheblichen Schaden zugefügt, da ein Versäumnisbeschluss vorläufig vollstreckbar sei.
Der Verlegungsantrag sei ausreichend begründet worden. Unter dem Grundsatz des fairen Verfahrens hätte die Ablehnung wenigstens kurz begründet werden müssen. Damit würde der Eindruck erweckt, der Richter würde ohne Berücksichtigung der Belange des Betroffenen entscheiden.
Die abgelehnte Richterin hat in ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 12.04.2016 ausgeführt, die sofortige Beschwerde über einen Verfahrenskostenhilfeantrag stelle für sie keine Begründung für einen Terminsaufhebungsantrag dar.
Das AG Erfurt hat den Ablehnungsantrag mit Beschluss vom 23.06.2016 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Antragstellerin habe keinen Antrag auf Terminsverlegung gestellt.
Die Kenntnis darüber, ob die eigenen Verfahrenskosten gedeckt seien, sei kein Umstand, der es aus rechtsstaatlichen Gründen bzw. zur Sicherung eines fairen Verfahrens geboten erscheinen lasse, ...