Prof. Dr. Christian Rumpf
Rz. 271
Die Auflösung der Gesellschaft ist die zwingende Konsequenz eines Konkursverfahrens, falls die Gesellschaft nicht saniert werden kann oder das Konkursverfahren mangels Masse abgelehnt worden ist. Die Auflösung kann aber auch aus anderen Gründen, etwa infolge der einverständlichen Beendigung der Gesellschaft oder wegen Entfalls wesentlicher Voraussetzungen für die Wirksamkeit der GmbH, eingeleitet werden.
I. Voraussetzungen
Rz. 272
Die sonstigen Fallgruppen des Gesetzes sehen die Auflösung einer GmbH im Wege einer gerichtlichen Entscheidung vor:
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auf Antrag eines Gläubigers nach Pfändung des Geschäftsanteils des Schuldners in der Zwangsvollstreckung; |
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auf Antrag eines Gläubigers der Gesellschaft, wenn die Gesellschafter im Fall der fehlenden Kapitaldeckung in Höhe von zwei Dritteln nicht den Beschluss treffen, mit dem verbleibenden Kapital das Unternehmen weiterzuführen oder das Kapital zu erhöhen; |
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wenn die Aktiva der Gesellschafter nicht ausreichen, die Verbindlichkeiten zu begleichen; |
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wenn ein Gesellschafter ausscheidet und aus wichtigem Grund den Antrag stellt, dass die Gesellschaft aufgelöst wird (Art. 636 HGB); |
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bei Vorliegen von in der Satzung bestimmten Voraussetzungen (Art. 636 HGB); |
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auf Beschluss der Generalversammlung mit der Mehrheit von mehr als der Hälfte des Kapitals und zwei Drittel der anwesenden Stimmen (Art. 621 Abs. 1 HGB). |
Rz. 273
Zu den gesetzlichen Auflösungsgründen bei der GmbH gehören der Insolvenzfall (Art. 636 Abs. 1 lit. c HGB), die Zweckverfehlung und die Verschmelzung.
Rz. 274
Auch das längere Fehlen eines Organs der Gesellschaft ist ein Auflösungsgrund, der aber geheilt werden kann. Führungslosigkeit liegt vor, wenn der Geschäftsführer, bei mehreren Geschäftsführern keiner der Geschäftsführer, über einen längeren Zeitraum sich nicht in den Geschäftsräumen hat blicken lassen ("dauernde Abwesenheit"). Dauernde Abwesenheit liegt nicht vor, wenn der Geschäftsführer zwar physisch über einen längeren Zeitraum nicht anwesend ist, die ordentliche Führung der Geschäfte aber gewährleistet bleibt. Das Gesetz unterscheidet hier nicht zwischen "Führungslosigkeit" und "Organlosigkeit". Vorstehendes gilt nicht nur, wenn die Geschäftsführung fehlt, sondern auch, wenn die Generalversammlung es versäumt, zumindest die gesetzlich vorgeschriebenen Tagungen abzuhalten. Die Auflösung aus diesen Gründen erfolgt auf Antrag eines Gesellschafters oder Gläubigers.
II. Verfahren
1. Allgemein
Rz. 275
Für die Einzelheiten der Liquidation und des Liquidationsverfahrens verweist Art. 643 HGB auf die Bestimmungen des Aktienrechts, das zum Teil wieder auf das Recht der Kollektivgesellschaften verweist. Die Geschäftsführer haben die Auflösung zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (Art. 637 HGB).
2. Stellung der Organe
Rz. 276
Grundsätzlich bleiben die Organe der GmbH bestehen. Allerdings sind ihre Funktionen stark beschränkt, denn die Entscheidungen richten sich nicht mehr auf Erfüllung des Gesellschaftszwecks. Für diejenigen Entscheidungen, die dem Betreiben der Auflösung der Gesellschaft gelten, sind die Liquidatoren (sing. tasfiye memuru) zuständig (Art. 535 HGB).
3. Liquidatoren
Rz. 277
Die Liquidatoren treten neben die Organe. Sie ersetzen nicht die Generalversammlung. Die wesentlichen Entscheidungen trifft die von den Liquidatoren einberufene Generalversammlung.
Rz. 278
Zu Liquidatoren müssen nicht unbedingt Dritte von außen bestellt werden. So wie bereits die Satzung für den Liquidationsfall vorsehen kann, dass die Liquidation von den Geschäftsführern durchzuführen ist, so kann auch ohne eine solche Satzungsbestimmung die Generalversammlung den oder die Geschäftsführer zu Liquidatoren bestimmen. Nach neuem Recht sind die Geschäftsführer aber jedenfalls dann Liquidator, wenn die Satzung oder Gesellschafter nichts anderes bestimmen, also keinen Liquidator einsetzen (Art. 536 Abs. 1 HGB). Die Bestellung der Liquidatoren wird im Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht (Art. 536 Abs. 2 HGB). Ausländer können nach neuem Recht Liquidator werden, mindestens ein Liquidator muss jedoch türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Türkei sein (Art. 536 Abs. 4 HGB). Das zwingt Gesellschaften, die keinen türkischen Geschäftsführer haben, dazu, jedenfalls einen solchen Liquidator zu ernennen. Die Ernennung eines Liquidators erfolgt gemäß Art. 536 Abs. 3 HGB durch das Gericht, wenn die Liquidation auf einem Gerichtsbeschluss beruht. Das Gericht greift darüber hinaus ein, wenn keiner der Liquidatoren Türke mit Wohnsitz in der Türkei ist und ernennt eine geeignete Person als Liquidator (Art. 537 Abs. 3 HGB).
Rz. 279
Die Generalversammlung kann die Liquidatoren jederzeit abberufen und neue Liquidatoren bestellen (Art. 537 HGB). Verweigert die Generalversammlung auf Antrag eines Gesellschafters die Abberufung, kann dieser die Abberufung im Gerichtswege durchsetzen, wenn er hierfür wichtige Gründe glaubhaft machen kann. Die aufgrund eines Gerichtsbeschlusses eingesetzten Liquidatoren tragen selbst für die Eintragung in das Handelsregister und die Bekanntmachung im Handelsregist...