1. Anspruchsarten
Rz. 29
Die Ehegatten sind verpflichtet, sich gegenseitig materielle Unterstützung zu gewähren (Art. 75 Abs. 1 FGB). Daraus ergeben sich drei selbstständige Anspruchsarten:
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der Anspruch auf Ehegattenunterhalt unabhängig vom Vorhandensein gemeinsamer Kinder (Art. 77–83 FGB); |
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der Anspruch auf Ehegattenunterhalt im Zusammenhang mit der Geburt und Erziehung eines gemeinsamen Kindes (Art. 84–88 FGB); |
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die Pflicht jedes Ehegatten, sich an den Ausgaben für die medizinische Versorgung des anderen wegen Krankheit oder Verletzungen zu beteiligen (Art. 90 FGB). |
2. Ehegattenunterhalt unabhängig von gemeinsamen Kindern
Rz. 30
Unterhaltsleistungen können je nach Vereinbarung in Form von Sach- oder Geldleistungen erbracht werden (Art. 77 Abs. 1 FGB). Auch während einer bestehenden Ehe kann auf Unterhalt in Form gerichtlich festzusetzender monatlicher Geldleistungen (Unterhaltszahlungen) geklagt werden (Art. 77 Abs. 2, 3 FGB). Hat sich die berechtigte Partei nachweislich bemüht, von der anderen Partei auf gütlichem Wege Unterhaltsleistungen zu erlangen, wurden ihr diese aber verweigert, kann Unterhalt rückwirkend für bis zu einem Jahr vor Klageerhebung zugesprochen werden (Art. 79 Abs. 2 FGB).
Rz. 31
Voraussetzungen für den Anspruch auf Ehegattenunterhalt sind gem. Art. 75 Abs. 2–4 FGB:
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Erwerbsunfähigkeit des Berechtigten, d.h. Erreichen des gesetzlichen Rentenalters oder Anerkennung als Behinderter der Gruppe I, II oder III; |
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Bedürftigkeit des Berechtigten, d.h. sein Einkommen sichert ihm nicht das gesetzliche Existenzminimum; |
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Leistungsfähigkeit des Verpflichteten. |
Keine Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch haben eventuelle zivilrechtliche Schadensersatzansprüche wegen rechtswidrigen Verhaltens des Verpflichteten, das zur Erwerbsunfähigkeit des Berechtigten geführt hat (Art. 75 Abs. 6 FGB).
Rz. 32
Ein Unterhaltsanspruch ist nach Art. 75 Abs. 5 und Art. 83 Abs. 1 FGB ausgeschlossen, wenn
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der Berechtigte sich in der Ehe unwürdig verhalten hat; |
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die Erwerbsunfähigkeit Folge einer vorsätzlich begangenen Straftat ist; |
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die eheliche Gemeinschaft nur kurze Zeit bestanden hat; |
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die Erwerbsunfähigkeit bzw. schwere Krankheit bei Eheschließung verheimlicht wurde; |
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der Berechtigte sich wissentlich in eine Lage gebracht hat, in der er materiell bedürftig ist. |
Rz. 33
Die Höhe des Anspruchs wird vom Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände bestimmt. Berücksichtigt werden u.a. etwaige Unterhaltsansprüche gegenüber volljährigen Kindern oder den Eltern (Art. 80 Abs. 2 FGB). Der Unterhalt wird als monatlicher Festbetrag oder prozentualer Anteil am Einkommen des Verpflichteten festgelegt (Art. 80 Abs. 1 FGB).
Rz. 34
Der Unterhaltsanspruch endet bei Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit des Berechtigten oder bei Wegfall einer sonstigen Voraussetzung (Bedürftigkeit des Berechtigten, Leistungsfähigkeit des Verpflichteten) bzw. bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes mit entsprechendem Gerichtsurteil (Art. 82 Abs. 1, 83 Abs. 1 FGB). Endet der Unterhaltsanspruch des Berechtigten, können alle danach erfolgten Zahlungen als ungerechtfertigte Bereicherung zurückgefordert werden, höchstens jedoch für die letzten drei Jahre nach Wegfall des Grundes (Art. 82 Abs. 2 FGB).
3. Ehegattenunterhalt wegen Versorgung eines gemeinsamen Kindes
Rz. 35
Voraussetzungen für den Anspruch sind bei Leistungsfähigkeit des Verpflichteten gem. Art. 84–88 FGB alternativ:
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Schwangerschaft der Ehefrau; |
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Sorge für ein Kind bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres; |
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Sorge für ein Kind mit beeinträchtigter körperlicher oder geistiger Entwicklung bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres; |
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Sorge für ein behindertes Kind, das der ständigen Betreuung bedarf. |
Rz. 36
Die den Unterhaltsanspruch begründende Sorge für ein Kind setzt voraus, dass das Kind im Haushalt des bzw. der Berechtigten lebt und er (sie) persönlich für das Kind sorgt. Die materiellen Lebensverhältnisse des Berechtigten sind unerheblich. Der Anspruch gegen den Ehemann bzw. die Ehefrau ist ausgeschlossen, wenn seine bzw. ihre standesamtliche Eintragung als Kindesvater bzw. Kindesmutter auf gerichtliche Anordnung hin gelöscht wurde. Der Gesetzgeber hat offen gelassen, inwieweit die allgemeinen Regeln für den Unterhaltsanspruch unabhängig von gemeinsamen Kindern (vgl. Rdn 30 ff.) für den Unterhaltsanspruch wegen Versorgung eines Kindes entsprechende Anwendung finden sollen. Vermutlich ist eine entsprechende Geltung jedoch intendiert. Die Bemessungsregeln des Art. ...