Tobias Böing, Jochem Schausten
12.2.1.1 Zustandekommen
Rz. 347
Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts kommt nicht alleine schon deshalb in Betracht, weil Personen zusammen leben und wirtschaften. Aus diesem Grunde kann eine nichteheliche Lebensgemeinschaft nach deren Beendigung auch nicht umfassend über das Gesellschaftsrecht abgewickelt werden.
Rz. 348
Nach älterer Rechtsprechung des II. Senats des BGH soll eine Abwicklung nach gesellschaftsrechtlichen Vorschriften dann möglich sein, wenn der Partner, der einen Ausgleich verlangt, einen wesentlichen Beitrag erbracht hat. Eine genaue Grenze, ab wann ein Beitrag als wesentlich zu bewerten ist, wurde jedoch nicht festgelegt. Entscheidend war bei den Entscheidungen stets, dass es aus Gerechtigkeitsgründen unbedingt geboten schien, dem Partner, der einen erheblichen Vermögenswert geschaffen hat, einen Ausgleich zuzusprechen.
Der BGH hat in seiner älteren Rechtsprechung eine Abwicklung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen bezogen auf bestimmte Vermögensgegenstände beispielsweise dann zugelassen, wenn die Parteien in jahrelanger nichtehelicher Lebensgemeinschaft durch gemeinsame Arbeit, Bereitstellung von Geldmitteln und andere Leistungen zum Bau eines zwar auf den Namen nur eines Partners eingetragenen, aber als gemeinsames Vermögen betrachteten Wohnhauses beigetragen haben. Andererseits hat er weiter betont, dass die zur Ehegatteninnengesellschaft entwickelten Grundsätze wegen der unterschiedlichen Ausgestaltung des ehelichen Rechte- und Pflichtenverhältnisses nicht ohne weiteres auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft zu übertragen seien. Daher sei für den Gesichtspunkt der über die Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden besonderen Zweckverfolgung, wie sie für die Ehegatteninnengesellschaft gefordert werde, hier kein Raum, was eine großzügigere Anwendung gesellschaftsrechtlicher Auseinandersetzungsregeln erlaube. Bei den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft komme es auf das Erfordernis einer – auch stillschweigend vereinbarten – rechtsgeschäftlichen Begründung nicht an. Dem nichtehelichen Partner wurde nach alter Rechtsprechung für seine Beiträge eine Auseinandersetzung nach gesellschaftsrechtlichen Regeln in analoger Anwendung der §§ 730 ff. BGB auch dann zugebilligt, wenn die nichtehelichen Partner kein Gesellschaftsrechtsverhältnis begründet hatten. Es reiche aus, wenn sie einen Gegenstand nur in der Absicht gemeinsamer Wertschöpfung erwarben, der nach ihrer Vorstellung von ihnen nicht nur gemeinsam genutzt werden, sondern ihnen auch gemeinsam gehören sollte.
Rz. 349
Nunmehr ist der XII. Senat des BGH für die Fälle mit Bezug auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft zuständig. Er hält an der Rechtsprechung des II. Senat nicht mehr fest und hat entschieden, dass eine nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilende Zusammenarbeit auch im Rahmen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft einen zumindest schlüssig zustande gekommenen Vertrag voraussetzt, eine rein faktische Willensübereinstimmung also gerade nicht als ausreichend erachtet werden kann. Gerade weil die nichteheliche Lebensgemeinschaft vom Ansatz her eine Verbindung ohne Rechtsbindungswillen sei, erscheine ein solcher für die Annahme einer nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu bewertenden Zusammenarbeit der Partner erforderlich. Auch im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft setze die Annahme einer nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilenden Zusammenarbeit der Partner also einen zumindest schlüssig zustande gekommenen Vertrag voraus. Auch die nichtehelichen Lebenspartner müssten einen über das gewöhnliche Zusammenleben hinausgehenden Zweck verfolgen. Die Lebensgefährten müssten dabei ihr zweckgerichtetes Zusammenwirken nicht bewusst als gesellschaftsrechtliche Beziehung einordnen. Es genüge das erkennbare Interesse, dauerhaft und gemeinsam zur Vermögensbildung zusammenzuarbeiten. Die Anwendung gesellschaftsrechtlicher Regeln kann beispielsweise in Frage kommen, wenn die Partner die Absicht verfolgt haben, mit dem Erwerb oder dem Umbau einer Immobilie einen – wenn auch nur wirtschaftlich – gemeinschaftlichen Wert zu schaffen, der von ihnen für die Dauer der Partnerschaft nicht nur gemeinsam genutzt, sondern ihnen nach ihrer Vorstellung auch gemeinsam gehören sollte.
Dem Familiensenat folgend kann nunmehr für die Entstehung, Bewertung und Auflösung einer Innengesellschaft zwischen nichtehelichen Lebenspartnern weitgehend auf die gleichen Grundsätze zurückgegriffen werden, wie sie die Rechtsprechung zur Ehegatteninnengesellschaft entwickelt hat. Diese Überlegungen sind im Ergebnis nur konsequent, da es für die Annahme einer Innengesellschaft nicht darauf ankommen kann, ob die Gesellschafter der Innengesellschaft verheiratet sind oder nicht, weil ohnehin ein über die Ehe oder das Zusammenleben hinausgehender Zweck verfolgt werden muss.